Deutschland

Nahles: „Clown ist das mildeste, was mir zu Berlusconi einfällt“

Lesezeit: 2 min
28.02.2013 01:25
Die SPD profiliert sich weiter in Sachen Friedensprojekt Euro. Generalsekretärin Andrea Nahles und Fraktions-Vize Axel Schäfer verteidigten Peer Steinbrück und legten nach. Italien reagierte mit ausgesuchter Höflichkeit auf die rüden Töne.
Nahles: „Clown ist das mildeste, was mir zu Berlusconi einfällt“

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles verteidigt Peer Steinbrück. Dieser hatte die italienischen Wahlsieger Berlusconi und Grillo als „Clowns“ bezeichnet.

Steinbrück hatte gesagt, er sei zu einem „gewissen Grad entsetzt“, dass „zwei Clowns“ die Wahl in Italien gewonnen hätten. Er sagte über den Gründer der Bewegung M5S, Beppe Grillo: Dieser sei „ein beruflich tätiger Clown, der auch nicht beleidigt ist, wenn man ihn so nennt. “ Zu Berlusconi sagte Steinbrück, dieser sei „ein Clown mit einem besonderen Testosteronschub ist“.

Die Äußerung ist eine beispiellose Entgleisung in der Beurteilung des Wahlergebnisses in einem anderen Staat. Nahles hat mit dem Austritt Steinbrücks kein Problem: Dieser habe einfach „ausgesprochen, was er denkt”. Und sie legt nach: „Clown ist das mildeste, was mir persönlich zu Berlusconi in diesem Zusammenhang einfällt.“

Und weil es so leicht ist, auf Feinde einzuschlagen, die weit weg sind, attackierte auch noch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Axel Schäfer Berlusconi. Berlusconi habe über Jahre die politische Kultur zerstört. Mit der Bezeichnung als Clown sei Berlusconi „noch zu gut weggekommen“, berichtet der Corriere della Sera.

In Italien reagierte man verständnislos. Staatspräsident Giorgio Napolitano sagte ein Treffen mit Steinbrück ab. Der SPD-Kanzlerkandidat hatte sich zwar per Telefon entschuldigt. Napolitano wollte Steinbrück dennoch nicht mehr treffen. Während ein Steinbrück-Sprecher behauptete, die Absage habe innenpolitische Gründe, ließ Napolitano keinen Zweifel an der Begründung: Es sei die Pflicht des Staatspräsidenten, die nationale Einheit zu repräsentieren. Bei einem Treffen mit der italienischen Gemeinde in München legte Napolitano sogar noch ausgesuchte Höflichkeit an den Tag: „Wir respektieren die Leistungen Deutschlands, das aus den Ruinen auferstanden ist und gemeinsam mit Italien ein neues Europa gebaut hat. Aber wir verlangen auch Respekt für unser Land.“

Was Steinbrück wirklich denkt, bleibt sein Geheimnis. Denn die FT berichtet, Steinbrück habe nach dem Telefonat mit Napolitano gesagt: „Ich habe gesagt, was ich gesagt habe.“

Angela Merkel hat sich aus dieser Auseinandersetzung bisher herausgehalten – wohl wissend, dass jeder Deutsche mit einem Rest an Sachverstand sich seine eigene Meinung bilden kann. Allerdings ließ die Kanzlerin den Regierungssprecher Steffen Seibert ausrichten, dass die Sparprogramme nicht schuld am italienischen Wahlausgang seien. Dies seien „zu monokausale Erklärungen“, sagte Seibert.

Steinbrück provoziert gerne. Im Steuerstreit mit der Schweiz wollte er die Kavallerie gegen die Eidgenossen schicken.

Die Ausfälle zeigen, wie absurd die Idee einer politischen Union in Europa ist. Weil alle Nationen über die Zwangswährung des Euro aneinander gekettet sind, fühlen sich alle legitimiert, die Entwicklungen in anderen Staaten zu beurteilen oder versuchen, die Wähler zu beeinflussen (etwas Schäuble mit seiner gründlich in die Hose gegangenen Wahlempfehlung für Mario Monti – hier).

Sie vergessen dabei, dass sie die Wähler in den anderen Ländern in der Regel schon aus sprachlichen Gründen nicht verstehen. Und sie ignorieren vor allem, dass das Wesen der Demokratie in Europa darin besteht, dass jedes souveräne Volk wählen kann, wenn es will (mehr zu diesem grundsätzlichen EU-Geburtsfehler – hier).

Die zunehmende Verrohung in der politischen Kommunikation ist eine logische Konsequenz des nicht zu Ende gedachten „Friedensprojekts Euro“.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Finanzen
Finanzen Die größten Kostenfallen: So sparen Sie bei Fonds, Aktien und Co.
01.05.2024

Viele Anleger unterschätzen die Wirkung von Anlagekosten. Dabei sind Fondsgebühren, Orderkosten und Co. auf lange Sicht enorm...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Konsumstimmung steigt: Die Deutschen shoppen wieder
01.05.2024

Laut aktuellen Erhebungen der GfK steigt die Konsumstimmung in Deutschland für den Mai auf ein Zwei-Jahres-Hoch. Ausschlaggebend sind...

DWN
Politik
Politik Steinmeier unter Feuer: Kontroverse um Ukraine-Hilfen und Taurus-Lieferungen
30.04.2024

Bundespräsident Steinmeier steht wegen seiner Aussagen zur Ukraine-Hilfe in der Kritik. Politiker werfen ihm vor, seine Rolle nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen SAP Stellenabbau: Abfindungsangebote stehen, 2600 Jobs sollen wegfallen
30.04.2024

Im Rahmen der weltweiten Umstrukturierung von SAP sollen 2600 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Nun wurden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ukraine-Krieg: So ist die Lage
30.04.2024

Ukraine ruft nach dringender Militärhilfe, während tägliche Raketenangriffe weiterhin zivile Opfer fordern. Selenskyj und Stoltenberg...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massenprotest bei Thyssenkrupp: Beschäftigte fordern Arbeitsplatzerhalt
30.04.2024

Bei Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel ist viel im Umbruch. Arbeitnehmervertreter fordern Standortgarantien und...

DWN
Immobilien
Immobilien Vonovia dreht das Blatt: Gewinn nach Milliardenverlust
30.04.2024

Nach einem harten Jahr meldet Deutschlands Immobiliengigant Vonovia einen beeindruckenden Gewinn – ein Wendepunkt. Seine Aktie springt...

DWN
Finanzen
Finanzen Einzelhandel erlebt Umsatzsprung: Hoffnung auf Konsumaufschwung wächst
30.04.2024

Deutschlands Einzelhandel verzeichnet den stärksten Umsatzanstieg seit über zwei Jahren, mit realen Zuwächsen und positiven Aussichten...