Politik

Spanien geschockt: Separatisten gewinnen Wahl in Katalonien

Lesezeit: 2 min
21.12.2017 20:12
Die Befürworter der Unabhängigkeit von Spanien haben sich bei den Parlamentswahlen durchgesetzt. Das Ergebnis ist für den spanischen Premier eine Schlappe,

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Spanien  

Bei der Regionalwahl in Katalonien können die Separatisten darauf hoffen, ihre absolute Mehrheit im Parlament in Barcelona zu verteidigen. Die Parteien könnten 70 der insgesamt 135 Abgeordneten stellen, wie am Donnerstagabend aus offiziellen Zahlen nach Auszählung von 76 Prozent der Stimmen hervorging. Dies wäre ein schwerer Rückschlag für den spanischen Ministerpräsidenten Mariano Rajoy. Er hatte gehofft, dass die Separatisten aus der Neuwahl geschwächt hervorgehen und der Konflikt mit der wohlhabenden Region entschärft wird.

Das Wahlergebnis dürfte jedoch zu schwierigen Koalitionsverhandlungen führen. Die drei Parteien, die in für die Unabhängigkeit sind, haben unterschiedliche Ansätze. Die Junts per Catalunya von Carles Puigdemont wurde stärkste Separatisten-Partei und will die Unabhängigkeit mit einem taktischen Kurs durchsetzen. Die CUP will einen radikale Abspaltung. Die Esquerra Republicana (ERC) will die Unabhängigkeit behutsam erreichen.

Die Spanien-Befürworter von Ciudadanos unter Inés Arrimadas wurden die stärkste Partei, haben jedoch keine Chance auf den Regierungschef. Der Grund: Das katalonische Wahlrecht, das zu verändern sich die Separatisten seit langem weigern, ermöglicht eine exotische Situation: Obwohl die Separatisten nur auf 48 Prozent der Stimmen kommen, erhalten sie die Mehrheit der Abgeordneten. Stimmen aus ländlichen Regionen werden in Katalonien stärker gewichtet. Dort haben die Separatisten ihre Hochburgen, während in Kataloniens

großen Städten die pro-spanischen Parteien siegten.

Für Rajoy ist die Wahl ein Debakel, weil seine konservative Volkspartei PP nur auf dem siebten Platz landete und nur drei Abgeordnete in das Parlament entsenden kann.

Puigdemont hat das Ergebnis der Regionalwahl in Katalonien als "Ohrfeige" für Spaniens Zentralregierung bezeichnet. Der spanische Ministerpräsident Mariano Rajoy habe "das Plebiszit, das er selbst gesucht hat, verloren", sagte Puigdemont in der Nacht zu Freitag vor Anhängern in Brüssel. Die absolute Mehrheit für die Unabhängigkeitsbefürworter sei "ein Ergebnis, das niemand bestreiten kann", sagte er. "Wir haben das Recht, angehört zu werden."

Die Zentralregierung in Madrid hatte in einem für Spaniens Demokratie beispiellosen Schritt die separatistische Regierung Ende Oktober entmachtet und Neuwahlen angesetzt. Der abgesetzte Regierungschef Carles Puigdemont flüchtete nach Belgien. Den Teilergebnissen zufolge dürfte seine Partei Junts per Catalunya das Lager der Separatisten anführen. Sie kommt demnach auf 34 Sitze im Parlament. Bei einer Rückkehr nach Spanien würde Puigdemont allerdings wohl festgenommen.

Er hatte die Unabhängigkeit der Region ausgerufen und damit das Eingreifen der Zentralregierung ausgelöst. Bereits das Unabhängigkeitsreferendum am 1. Oktober war von der spanischen Justiz als illegal kassiert worden. Die Verfassung Spaniens von 1978 sieht eine Abspaltung einer Region nicht vor.

Zuletzt hat es vonseiten der Unabhängigkeitsbefürworter Signale der Entspannung gegeben. Rajoy hoffte daher auf eine Rückkehr der Region zur Normalität. Ein Sieg der Separatisten könnte dagegen mehr Zweifel an seiner Krisenpolitik aufkommen lassen.

Zur Wahl aufgerufen waren etwa 5,5 Millionen Katalanen. Davon machten 83 Prozent von ihrem Recht Gebrauch, was ein Rekordwert ist.

Puigdemont äußerte sich aus dem Exil heraus kämpferisch: "Heute demonstrieren wir erneut die Kraft eines unbeugsamen Volkes. Auf dass uns der Geist des 1. Oktober stets leiten möge", twitterte er. Da ihm in Spanien die Verhaftung als Aufrührer droht, konnte er seine Stimme nicht persönlich abgeben. Stattdessen machte eine mit Vollmacht ausgestattete 18-jährige Katalanin in einem Wahllokal nahe Barcelona das Kreuz für ihn.

An den Märkten wurde die Abstimmung mit Spannung verfolgt: "Die Wahl in Katalonien ist das letzte große Ereignis für die Börsianer in diesem Jahr", sagte Fondsmanager Thomas Altmann vom Vermögensverwalter QC Partners. Ein starkes Ergebnis der Unabhängigkeitsbewegung könne noch einmal für Verunsicherung an den Märkten sorgen.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Zu Weihnachten Zukunft schenken

Gerade zu Weihnachten wünschen sich viele Menschen, etwas von ihrem Glück zu teilen und sich für diejenigen zu engagieren, die es nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Wirtschaft: Deutsche Bürokratie und EU-Vorgaben kosten 146 Milliarden und mehr als ein Fünftel der Arbeitszeit
04.12.2024

Deutsche Bürokratie und neue EU-Verordnungen bremsen Arbeits- und Wirtschaftsleistung aus: Angestellte von Unternehmen in Deutschland...

DWN
Unternehmen
Unternehmen VW-Chef verteidigt Sparkurs - 'Buh'-Rufe bei Betriebsversammlung
04.12.2024

Auf der VW-Betriebsversammlung machten Mitarbeiter ihrem Unmut Luft. Konzernchef Blume verteidigte den Sparkurs - und wurde dafür...

DWN
Politik
Politik Regierungsbefragung: Scholz warnt vor Stillstand bis zur Wahl
04.12.2024

Zwei Wochen vor der Abstimmung über seine Vertrauensfrage im Bundestag stellt der Kanzler sich den Fragen der Abgeordneten. Dabei richtet...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa-Aktie: Baywa-Konzern beschließt Stellenabbau - 1.300 Stellen fallen weg
04.12.2024

40 Prozent der Stellen in der Verwaltung fallen weg. Bei Baywa gibt es jetzt Klarheit, wie das Unternehmen saniert werden soll. So werden...

DWN
Panorama
Panorama Russische Schiffsbesatzung schießt bei Bundeswehr-Einsatz
04.12.2024

In der Ostsee ist es zu einem Zwischenfall zwischen einem Hubschrauber der Bundeswehr und einem russischen Schiff gekommen. Die Besatzung...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft OECD sieht Deutschland 2025 als Schlusslicht bei Wachstum unter Industrieländern, mehr positive Prognosen für 2026
04.12.2024

Die Weltwirtschaft zeigt sich trotz Kriegen und Krisen robust. Deutschland hinkt im neuen Konjunkturausblick der...

DWN
Immobilien
Immobilien Energetisch sanieren: Kosten und Förderprogramme in Deutschland
04.12.2024

Die hohen Kosten für Energiesanierungen führen derzeit dazu, dass zahlreiche unsanierte Immobilien auf den Markt drängen. Dabei wäre...

DWN
Panorama
Panorama IGeL-Leistungen: Fragwürdige Untersuchungen beim Arzt kosten Deutschland 2,4 Milliarden Euro
04.12.2024

Eine neue Studie stellt die Sinnhaftigkeit von IGeL-Leistungen beim Arzt infrage. Laut einer Umfrage des Medizinischen Dienstes (MD) geben...