Politik

Deutsche Bank: DWS zockt österreichische Provinz-Politiker ab

Lesezeit: 3 min
03.03.2013 00:55
Das österreichische Bundesland Niederösterreich hat versucht, Milliarden-Verluste aus Wertpapiergeschäften zu vertuschen. Die Papiere wurden den Provinz-Politikern von der Deutsche Bank-Tochter DWS angedreht. Der Fall ist ein Lehrstück eines faulen Deals, den dumme und korrupte Politikern mit eiskalten Bankern zu Lasten der Steuerzahler eingegangen sind. Am Sonntag wird in Niederösterreich gewählt, Beobachter erwarten den Grillo-Effekt für eine neue, systemkritische Partei.
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Immer wieder klagen die Politiker über die bösen Banken. Allerdings leben beide in einer verhängnisvollen Symbiose. Die Probleme sind überall dieselben: Ahnungslose oder skrupellose Politiker, wie die Sozialisten der italienischen Stadt Siena, fallen auf eiskalt-raffinierte Banker herein. Im Fall der Monte dei Paschi di Siena (MPS) hat die unheilige Allianz zum Beinahe-Kollaps der Stadt geführt (hier). Die Stadt Pforzheim hat sich von JPMorgan Schrottpapiere andrehen lassen - und wurde um Milliarden erleichtert (hier bei DMN). Die Stadt Pforzheim klagt gegen die Investement-Bank, ebenso wie die MPS gegen die Deutschen Bank, die ihrerseits der MPS Schrottpapiere angedreht hatte, damit sie den Provinzpolitikern von Siena schöne Renditen versprechen konnte.

Die Deutsche Bank scheint international in diesem Segment eine besondere Rolle zu spielen. Denn auch in Österrich ist nun ein Fall aufgeflogen, bei dem dämliche (und halbkriminelle) Politiker von der Deutschen Bank über den Tisch gezogen wurden.

Die DWS Investments, eine Tochterfirma der Deutschen Bank, hat dem Land Niederösterreich Wertpapiere angedreht, die sich beim Platzen der Finanzblase 2007 als Ramsch erwiesen hatten. Schätzungen zufolge ging dem Land etwa eine Milliarde Euro verloren. Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka betont jedoch, es seien unterm Strich nur Gewinne gemacht worden, heißt es einem Bericht des Magazins Format zufolge. Die Staatsanwaltschaft Wien ermittelt - weil die zuständige Staatsanwaltschaft in Niederösterreich offenbar von der lokalen Politik angewiesen worden war, die Sache unterm Teppich zu halten.

Durch ein ausgeklügeltes System mit einer Scheinfirma in Irland versuchte das österreichische Bundesland, in Zusammenarbeit mit der Bank Hypo-Niederösterreich, die Verluste geheim zu halten. Nachdem bekannt wurde, dass die Papiere der DWS nur noch Schrottwert hatten, wurde einfach eine irische Firma „Augustus“ erfunden. Durch die Hintertür wurden dem Land die faulen Wertpapiere abgekauft. Das Geld dafür kam in Wahrheit von der Hypo NOE selbst. In den Bilanzen des Landeshaushaltes tauchte das Milliardenloch jedoch nicht mehr auf.

Dass die Vertuschung überhaupt ans Licht kam, ist reiner Zufall: Korruptionsstaatsanwalt Himberger in Wien ist bereits der dritte Staatsanwalt, der sich mit der Akte „Hypo NOE“ beschäftigt. Zwei seiner Vorgänger auf Landesebene hatten die Verstöße gegen das Aktien-, Bankwesen- und Strafgesetz von Bank und Bundesland formlos eingestellt.

Recherchen der Staatsanwaltschaft zufolge begann die Zockerei schon 2001: Nachdem Niederösterreich durch Wohnungsbaudarlehen mehrere Milliarden Euro Gewinn gemacht hatte, sollten diese am Kapitalmarkt gewinnbringend investiert werden. So verwickelte sich das Bundesland in ein Geschäft mit faulen Papieren der Deutsche Bank Tochter DWS, die offiziell den Status Triple-A hatten.

„Die vom Land veranlagten 1,5 bis zwei Milliarden Euro wurden vermutlich im ersten Quartal 2001 in DWS (Austria) Niederösterreich Fonds angelegt“, sagt ein Ex-DWS-Manager laut Protokoll. Durch einen „Notkredit“ hat die Hypo NOE die eigenen Verluste(175 Millionen Euro) und die von Niederösterreich (600 Millionen Euro) über den Umweg nach Irland versteckt. Offiziell tauchten die Verluste jedoch in keiner Bilanz auf, weil alle Verantwortlichen dicht hielten.

Für das Projekt Augustus werden die Steuerzahler aufzukommen haben, die aus diesem Anlaß das bekannte Volkslied vom „lieben Augustin“ anstimmen können, welches den passenden Refrain trägt: „Oh, du lieber Augustin, alles ist hin...“

Das Muster dieser Skandale ist immer dasselbe: Politiker brauchen immer mehr Geld, die Banken versprechen ihnen, das Geld zu besorgen. Die Politiker lesen das Kleingedruckte nicht. Sie verhalten sich wie die arglosen Sparer, die dem Bankberater glauben, dass es bei einem Investment garantiert kein Risiko geben können.

Wenn der Traum zerplatzt, rutschen die Politiker ganz schnell in die Kriminalität ab. Sie glauben, dass sie selbst bestimmen können, was kriminell ist - weil sie ja die Gesetze machen. Wenn man selbstherrlich genug ist, wie der niederösterreichische Landeshauptmann (Ministerpräsident) Erwin Pröll, dann versucht man mit der Kriminalität so weit zu gehen, wie es geht.

Doch irgendwann fliegt der Skandal auf. Es sind viele Skandale, die noch unter der Oberfläche prodeln. Daher hat Beppe Grillo in Italien gesiegt (hier), in Österreich steht am Sonntag die Landtagswahl in Kärnten an, wo dem Systemkritiker Stronach beste Chancen eingeräumt werden (ein System-Kritiker - hier). Gegen Stronachs-Anhänger hat Pröll besondere Maßnahmen verfügt, die zu teils undemokratischen Repressalien geführt haben (hier). Dennoch erwarten Beobachter bei der am Sonntag anstehenden Wahl einen Grillo-Effekt: Stronach wird ein sehr gutes Ergebnis vorhergesagt.

Schuldenkrise, Korruption und politische Delegitimierung bedingen einander und zerfressen das System, bis es zum Crash kommt. Am Tag der Abrechnung wird dann den Steuerzahlern aller Länder die Abschlußrechnung präsentiert.


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