Die venezolanische Ölförderung ist im Dezember vergangenen Jahres deutlich eingebrochen, wie aus einer Umfrage des US-amerikanischen Finanzdienstleisters Global Pratts unter Mitgliedern der OPEC hervorgeht. Beträchtliche Schulden, eine veraltete Ausrüstung und Infrastruktur sowie schlechte Stimmung unter den Arbeitern haben die Ölindustrie des rohstoffreichen Landes offenbar weit zurückgeworfen. Nach Ansicht von Beobachtern gibt es derzeit wenig Hoffnung auf eine Trendwende.
Im Dezember 2017 fiel der Ausstoß an Rohöl des südamerikanischen Landes auf nur noch 1,7 Millionen Barrel pro Tag (ein Barrel sind 159 Liter). Damit sank die Ölproduktion Venezuelas um 100.000 pro Tag im Vergleich zum Vormonat, was einem Tiefststand seit mehr als 15 Jahren entspricht. Damals hatte ein Generalstreik von Dezember 2002 bis Februar 2003 die Förderung massiv behindert. Wenn man die vom Streik betroffenen Monate außer Acht lässt, ist die Förderung seit August 1989 noch nie so schwach gewesen wie derzeit – also über einen Zeitraum von mehr als 28 Jahren hinweg.
Quellen des Landes sprechen davon, dass Manuel Quevedo – der neue Präsident von PDVSA, der größten Ölgesellschaft Venezuelas, ehemaliger Brigadegeneral der Nationalgarde und ebenfalls erst seit kurzem Ölminister des Landes – mehrere hochrangige Offizielle der Ölindustrie zum Ende des Jahres hat in Haft setzen lassen. Diese Positionen müssten derzeit neu besetzt werden.
Wie zudem von namentlich nicht genannten Insidern berichtet wurde, sieht sich PDVSA mit internen Protesten und großflächigen Kündigungen des Raffinerie-Personals konfrontiert. Verschiedene Marktanalysten haben Venezuela an die Spitze der Liste der Staaten mit den größten geopolitischen Risiken gesetzt. Aufgrund der wirtschaftlichen Risiken und der Schieflage von PDVSA wird befürchtet, dass sich die gegenwärtige Krise verschlimmern oder zumindest fortsetzen wird, wobei die Androhung von US-Sanktionen noch im Raum steht.
Torbjorn Kjus, Ölmarkt-Analyst der norwegischen DNB Bank, sagt: „Die venezolanische Wirtschaft kann jeden Moment kollabieren.“ Und: „Man könne sich Szenarien vorstellen, die von einem direkten Bürgerkrieg über einen Staatsstreich oder Generalstreik bis hin zu einem mehrere Jahre andauernden Erstickungstod der Konjunktur reicht. Keine dieser Optionen verheißt etwas Positives für die venezolanische Ölförderung.”
Derweil reagiert die OPEC gelassen auf Rückgang der Ölproduktion in Venezuela. Denn derzeit befinden sich die Ölpreise nach Analysten der Commerzbank weiter auf dem Weg nach oben. Jüngst verteuerte sich Brent-Öl auf rund 69 US-Dollar je Barrel und Rohöl der Sorte WTI auf 64 US-Dollar je Barrel. Beide Werte entsprechen dem höchsten Niveau seit Mai 2015. Angesichts kräftig fallender US-Rohölvorräte und einer rekordhohen Umsetzung der Produktionskürzungen durch die OPEC sei der Markt von einer anhaltendenden Angebotsverkürzung überzeugt.
Ausgerechnet jetzt gibt es innenpolitische Querelen um die neue Krytowährung des Landes, den Petro. Erst Ende vergangener Woche hatte Präsident Nicolas Maduro neue Einzelheiten zum neuen virtuellen Zahlungsmittel verkündet: Er habe die Ausgabe der ersten 100 Millionen Petros veranlasst, wobei Petro dem Wert eines Barrels venezolanischen Öls entsprechen sollte. Darüber hinaus hatte Maduro für den 14. Januar ein nationales Treffen mit den Petro-Mineros angekündigt, bei dem eine offizielle Vorstellung der Kryptowährung samt White Paper erfolgen sollte.
Allerdings hat die Opposition des Landes bereits massiv gegen das Vorhaben Front gemacht und den Petro kurzerhand für illegal erklärt. Wenn er trotz der Widerstände eingeführt würde, sei dies eindeutig als Verfassungsbruch zu werten. Nach Ansicht des Parlaments handele es sich dabei um eine verfassungswidrige Form der Schuldenaufnahme, der die Abgeordneten hätten zustimmen müssen, weil jeder Petro mit einem Barrel Erdöl aus den Reserven des Landes abgesichert sei. Wie ein Abgeordneter gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters erklärt hat: „Das ist keine Kryptowährung, sondern ein Ausverkauf von venezolanischem Öl und wie gemacht für Korruption.“ Außerdem hätten andere Parlamentsmitglieder Befürchtungen geäußert, dass der Petro wertlos werde, sollte Maduro bei der nächsten Wahl nicht im Amt bleiben werde.