Politik

Neue US-Doktrin: China und Russland sind größere Gefahr als Terror

Lesezeit: 3 min
20.01.2018 00:01
Das US-Militär hat sich eine neue Doktrin gegeben. Sie gibt dem Kampf gegen China und Russland einen höheren Stellenwert als dem Krieg gegen den Terror.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

Das Pentagon hat sich eine neue Militärdoktrin gegeben. Demnach ist nicht mehr der Krieg gegen den Terror die erste strategische Priorität, sondern der Kampf gegen andere Staaten. Diese Positionierung soll dazu dienen, dem Pentagon im Wettstreit um Steuergelder einen Vorteil gegenüber den Geheimndiensten zu verschaffen. Im Kampf gegen den Terror war in vielen Fällen die CIA führend, während unter US-Präsident Donald Trump die Militärs wieder das Kommando übernommen haben.

Nach mehr als eineinhalb Jahrzehnten des Anti-Terror-Kampfes sollen sich die US-Streitkräfte stärker auf Russland und China konzentrieren. Die beiden Staaten seien eine wachsende Bedrohung und wollten eine Welt schaffen, die nach "ihren autoritären Modellen funktioniere", sagte Verteidigungsminister Jim Mattis am Freitag anlässlich der Veröffentlichung der neuen Strategie.

In dem elfseitigen Dokument werden die Prioritäten für die Verteidigungspolitik aufgeführt. Konkret werden sie sich in Ausgabenwünschen widerspiegeln, die die Regierung an den Kongress schickt. Das Papier betont ausdrücklich, dass die Sicherheit der USA nur mit deutlich höheren Rüstungsausgaben der USA und seiner Nato-Verbündeten zu gewährleisten sei. Interessant: Das Papier verhehlt nicht, dass die USA eine Vormachtstellung in der Welt ausüben müssen, um den Wohlstand der US-Bürger zu sichern. Der Zusammenhang zwischen Kriegen und der Eroberung von Märkten wird unzweideutig hergestellt.

Mattis beklagte, der Vorsprung der US-Streitkräfte gegenüber Russland und China sei in jedem Bereich geschrumpft. Er machte dafür unter anderem Ausgabenbeschränkungen und den Streit über die Haushaltspolitik in Washington verantwortlich. Tatsächlich beträgt allein der offizielle Militär-Etat der USA ein Vielfaches des russischen Etats.

Ein Phänomen der Vergangenheit war darüber hinaus die Tatsache, dass im Pentagon Beträge in ungewöhnlichen Größenordnungen "falsch gebucht" wurden: So stellte der Generalinspekteur des Verteidigungsministeriums allein im Jahr 2015 fest, dass 6,5 Billionen Dollar (2.500 Milliarden Dollar) ohne Rechnungen und Belege gebucht oder mit fingierten Rechnungen unterlegt wurden. Diese Größenordnung ist erstaunlich: Der reguläre Budgetvorschlag für 2018 beträgt für das gesamte Pentagon laut offiziellen Zahlen 639,1 Milliarden Dollar. Demnach war allein im Jahr 2015 der Betrag der nicht belegten Ausgaben viermal so hoch wie das offizielle Budget, wie Reuters berichtete. Dagegen nimmt sich die nun offiziell beantragte Steigerung von 52 Milliarden Dollar geradezu bescheiden aus.

Vor wenigen Wochen wurde die erste Rechnungsprüfung in der Geschichte des Pentagon eingeleitet. Ob die Rechnungsprüfung auch den nicht dokumentierten Billionen nachgehen wird, ist noch nicht bekannt. Neu ist das Phänomen nicht. US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld hatte im September 2001 öffentlich gesagt, dass es der Regierung nicht möglich sei, "Transaktionen in der Höhe von 2,3 Billionen Dollar (2.300 Milliarden) im Pentagon nachzuvollziehen. Im Dezember 2017 berichtete NPR Radio Michigan, dass die offiziellen Dokumente der US-Regierung in den Jahren von 1998 bis 2015 im Verteidigungsministerium und im Bauministerium unbelegte Ausgaben von 21 Billionen (21.000 Milliarden) Dollar dokumentieren.

Abgesehen von diesen bisher nicht aufgeklärten enormen Summen könnte eine Stärkung der US-Armee auch in Russland dazu führen, dass aufgerüstet wird. Bisher hat sich Moskau auch wegen der schwierigen wirtschaftlichen Lage allerdings zurückgehalten und seinen Rüstungsetat nicht maßgeblich gesteigert.

Die Zusammenfassung der neuen US-Strategie im Wortlaut:

"Die dauerhafte Mission des Verteidigungsministeriums besteht in der Bereitstellung von für den Kampf glaubwürdigen militärischen Kräften, die benötigt werden, um Kriege zu verhindern und die Sicherheit unserer Nation zu schützen. Sollte die Abschreckung scheitern, sind die Streitkräfte vorbereitet, eine Auseinandersetzung zu

gewinnen. Das Verteidigungsministerium stärkt das traditionelle diplomatische Instrumentarium der Vereinigten Staaten und bietet dem Militär Optionen an, um sicherzustellen, dass der Präsident und unsere Diplomaten aus einer Position der Stärke verhandeln.

Heute stehen wir vor einer Phase der strategischen Ausdünnung. Wir sind uns bewusst, dass die Vorteile unseres wettbewerbsfähigen Militärs erodiert sind. Wir stehen vor einer zunehmenden globalen Unordnung. Diese schafft wegen des Rückgangs der langanhaltenden, regelbasierten internationalen Ordnung eine komplexere Sicherheitsumgebung, die anfälliger als alles ist, was wir in letzter Zeit erlebt haben. Der strategische Wettbewerb zwischen Staaten, nicht der Terrorismus, ist jetzt das primäre Anliegen in der nationalen Sicherheit der USA.

China ist ein strategischer Konkurrent, der räuberische Ökonomien einsetzt, um seine Nachbarn durch die Militarisierung im Südchinesischen Meer einzuschüchtern. Russland hat die Grenzen benachbarter Nationen verletzt und verfolgt übt eine Veto-Macht über die wirtschaftlichen, diplomatischen und Sicherheitsentscheidungen seiner Nachbarn aus. Nordkorea setzt rechtswidrige Handlungen und rücksichtslose Rhetorik trotz der Tadel und Sanktionen der Vereinten Nationen fort. Der Iran sät weiter Gewalt und bleibt die größte Herausforderung für die Stabilität im Nahen Osten. Trotz der Niederlage des physischen Kalifats des IS, bleibt die Stabilität bedroht, da terroristische Gruppen mit großer Verbreitung weiterhin Unschuldige ermorden und den Frieden gefährden.

Eine tödlichere, widerstandsfähigere und rasch innovativere Streitmacht, kombiniert mit einer robusten Konstellation von Verbündeten und Partnern, wird den amerikanischen Einfluss aufrechterhalten und günstige Machtverhältnisse gewährleisten. Sie werden die freie und offene internationale Ordnung sichern. Gemeinsam werden unsere sichtbare Stärke, die Architektur unserer Bündnisse und Partnerschaften und die Modernisierung des Ministeriums werden die Fähigkeiten und Agilität bieten, die benötigt wird, um in Konflikt zu gewinnen und Frieden durch Stärke zu bewahren.

Die Kosten für die Nichtumsetzung dieser Strategie sind klar. Die Nichteinhaltung unserer Verteidigungsziele hätte die Verminderung des globalen Einflusses der USA zur Folge. Sie würde den Zusammenhalts zwischen Verbündeten und Partnern gefährden und und uns den Zugang zu Märkten verwehren, was zu einem Rückgang unseres Wohlstands und unseres Lebensstandards führen würde.

Ohne nachhaltig und vorhersehbare Investitionen, um die Bereitschaft wiederherzustellen und unser Militär zu modernisieren, um es für unsere Zeit fit zu machen, werden wir schnell unseren militärischen Vorteil verlieren. Dies würde dazu führen, dass die Streitkräfte nicht mehr die geeigneten Mittel hätte, um unser Volk zu verteidigen."


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...