Lesezeit: 2 min
04.02.2018 00:35
Erstmals seit Jahren haben 2017 deutlich mehr reiche Ausländer Großbritannien verlassen, als zugewandert sind.
Reiche Ausländer verlassen London

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Immer mehr reiche Ausländer verlassen die britische Hauptstadt London sowie das gesamte Land. Wie der in diesem Monat erschienene Global Wealth Migration Review der südafrikanischen Beratungsgesellschaft New World Wealth konstatiert, stellt dies das Finanzzentrum Großbritanniens auf eine Stufe mit Lagos und Istanbul, wo ebenfalls ein Exitus wohlhabender Einwohner zu beobachten ist.

Im Laufe des Jahres 2017 haben etwa 5.000 Menschen mit überdurchschnittlichem Einkommen („high net-worth individuals“ – HNWIs) das Vereinigte Königreich verlassen, wobei lediglich 1.000 Neuankömmlinge verzeichnet wurden. Hintergrund könnten Unsicherheiten um den bevorstehenden Austritt des Landes aus der EU sein.

New World Wealth ist eine auf weltweiten Market-Research spezialisierte Gesellschaft mit Firmensitz in Johannesburg, Südafrika. Für die jährliche Analyse werden nach Angaben des Unternehmens weltweit mehrere hundert Reiche und Superreiche interviewt. Darüber hinaus gibt es Gespräche mit Immobilienmaklern, Migrationsexperten und Vermögensberatern sowie Auswertungen von Medienberichten, Visa-Statistiken, Immobilienregistern und anderen Studien und Mitteilungen.

„Über 30 Jahre hinweg war Großbritannien eine der wichtigsten Anlaufstellen für HNWIs“, heißt es in dem Report. „Allerdings drehte der Trend im Jahr 2017, als das Land die erste große Emigrationswelle von HNWIs erlebte.“ Normalerweise ist der Auszug wohlhabender Mitbürger ein Zeichen von Schwierigkeiten, die diese mit der Wirtschaftspolitik eines Landes haben. Reiche Leute sind oft die ersten, die gehen: Einfach, weil sie es können – im Gegensatz zu Menschen aus der Mittelkasse oder der ärmeren Schichten. Zu den Städten, die einen starken Zuzug von HNWIs verzeichnen gehören beispielsweise Auckland, Dubai, Montreal, New York, Tel Aviv und Toronto.

Die New World Wealth Studie erklärt, dass sie sich ausschließlich auf HNWIs fokussiert, die tatsächlich ausgewandert sind. Das bedeutet, dass diese mehr als ein halbes Jahr in dem neuen Land leben müssen. China und Indien weisen nach wie vor die höchsten Raten an reichen Auswanderern auf, aber sobald sich der Lebensstandard verbessert, kehren manche wohlhabenden Bürger wieder zurück.

Für die Finanzmetropole Indiens, Mumbai, wird erwartet, dass sie in den kommenden zehn Jahren die am schnellsten wachsende Stadt im Hinblick auf den Anstieg des Wohlstands sein wird. Der Report geht beim Reichtum in ganz Indien davon aus, dass er sich in diesem Zeitraum auf etwa 25 Billionen US-Dollar verdreifachen wird, gefolgt von China mit einem Zuwachs von 180 Prozent auf 69 Billionen US-Dollar. Bei den USA, die noch immer die Liste der wohlhabenden Staaten mit 75 Billionen US-Dollar anführen, wird ein Anstieg von 20 Prozent erwartet.

Der New World Wealth Report besagt darüber hinaus, dass sich das gesamte weltweite Vermögen auf etwa 215 Billionen US-Dollar beläuft. Während eine Person im Durchschnitt über Rücklagen in Höhe von 28.400 US-Dollar verfügt, leben rund 15,2 Millionen HNWIs auf dem Erdball, die dadurch definiert werden, dass sie über einen Besitz von einer Million US-Dollar und mehr verfügen. Russland ist das Land, in dem Reichtum am wenigsten verteilt ist: Hier befinden sich 24 Prozent allen Reichtums in Händen von Milliardären. In Japan ist das Kapital am weitesten gestreut – dort ist nur drei Prozent des Gesamtvermögens im Besitz von Milliardären.

Während die Studie von New World Wealth für das Jahr 2016 noch hohe Auswanderungsraten für Frankreich und Deutschland festgestellt hatte, steht nun Großbritannien im Fokus der Aufmerksamkeit hinsichtlich der Migrationsbewegungen reicher Menschen, was mit den Veränderungen durch den Brexit in Verbindung gebracht wird.

Dagegen ist die Zahl der abgewanderten HNMIs aus Frankreich stark zurückgegangen: 2016 verließen noch etwa 12.000 besonders begüterte Einwohner unser Nachbarland, 2017 waren nach der Wahl Macrons nur noch 5.000 bei rund 1.000 frisch zugezogenen wohlhabenden Neubürgern.

Die starke Auswanderung reicher Menschen aus Industrienationen wie Großbritannien, Frankreich oder Deutschland hängt nach der Meinung der Analysten von New World Wealth mit vermehrt auftretenden Spannungen innerhalb dieser Gesellschaften zusammen. Die Experten erwarten in den kommenden Jahren auch in den Niederlanden, Österreich, Schweden und Belgien ähnliche Entwicklungen.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Ratgeber
Ratgeber Sicher beschaffen in Krisenzeiten

Die Auswirkungen von Krisen wie die Corona-Pandemie oder der Ukraine-Krieg und damit verbundene Versorgungsengpässe stellen auch den...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Chemiebranche enttäuscht: Energiekosten bleiben hoch
27.09.2023

Die Bundesregierung hat der Chemiebranche in einem Spitzengespräch am Mittwoch Unterstützung zugesichert. Doch Maßnahmen zur Senkung der...

DWN
Politik
Politik Abgang eines Vordenkers - die CDU zerlegt sich in der AfD-Debatte
27.09.2023

Mit dem Rücktritt des Chefs ihrer Grundwertekommission, dem Historiker Andreas Rödder, ist das Debakel in der CDU nicht mehr zu...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Melonis Italien wird zur Gefahr für Europas Finanzsystem
27.09.2023

Weithin unbemerkt steuert Italien unter seiner Ministerpräsidentin Giorgia Meloni auf eine neue Finanzkrise zu. Die Reformen, die Italien...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB droht den Banken die Daumenschraube anzuziehen
27.09.2023

EZB-Ratsmitglied Holzmann schlägt eine Verzehnfachung der Mindestreserve vor. Den Banken drohen Kosten in Milliardenhöhe, die sie an die...

DWN
Politik
Politik Bayern soll Gas aus Italien geliefert bekommen
27.09.2023

Bayern kann mit Gas-Lieferungen aus Italien rechnen. Mit der neu entstehenden Pipeline "Adriatic Line" wird eine Alternative zu Russland...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Deutscher Arbeitsmarkt im Strudel der schwachen Konjunktur
27.09.2023

Wegen der schwachen Konjunktur fehlen die Aufträge. Die Bereitschaft der Unternehmen, neue Mitarbeiter einzustellen, liegt daher auf dem...

DWN
Politik
Politik KfW-Studie: Mittelstand kommt mit teurer Energie gut klar
27.09.2023

Der deutsche Mittelstand hat die hohen Energiepreise gut verkraftet, so eine Studie der staatlichen Förderbank KfW. Die Unternehmen heizen...

DWN
Immobilien
Immobilien Mehrheit der Immobilienbesitzer verweigert Klima-Sanierung
27.09.2023

Die meisten Immobilienbesitzer in Deutschland planen einer Umfrage zufolge in nächster Zeit keine Sanierungsmaßnahmen wie den Einbau...