Finanzen

EZB geht bei Banken-Skandal in Lettland auf Tauchstation

Die EZB ist bei einem aufkommenden Banken-Skandal in Lettland auf Tauchstation gegangen - obwohl sich ein EZB-Ratsmitglied mit Bestechungsvorwürfen konfrontiert sieht.
20.02.2018 00:42
Lesezeit: 2 min

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Inmitten wichtiger Weichenstellungen für den EZB-Rat gibt es Rücktrittsforderungen gegen das lettische Führungsmitglied der Europäischen Zentralbank wegen Bestechlichkeit. Die Regierung des baltischen Staates forderte Notenbank-Chef Ilmars Rimsevics am Montag auf, sein Amt niederzulegen. In der lettischen Finanzbranche sorgen zudem Geldwäschevorwürfe gegen die drittgrößte Bank des Landes, ABLV, für Turbulenzen. Rimsevics wurde festgenommen, nachdem Ermittler seine Wohnung und sein Büro durchsucht hatten. Am Montag kam das EZB-Ratsmitglied wieder auf freien Fuß.

Die EZB ist in der für ihre Aufsichtsqualität kritischen Affäre vorerst auf Tauchstation gegangen: Die Arbeit der lettischen Zentralbank ist nach Ansicht von Eurogruppenchef Mario Centeno von der Affäre nicht betroffen. Es handele sich zurzeit um eine inländische Angelegenheit. Allerdings fragen sich Beobachter, warum die EZB nicht schon früher gehandelt hat: "Ich gehe davon aus, dass die EZB das bereits gewusst hat, aber sie haben gezeigt, dass sie in diesem und anderen Fällen so viel wie möglich unter dem Teppich behalten wollen", sagte Karel Lannoo, Geschäftsführer von CEPS, einem Brüsseler Think Tank, der Financial Times.

Die Zentralbanker genießen in der Euro-Zone weitgehende Immunität. Im Falle der slowenischen Zentralbank hatte EZB-Chef Mario Draghi persönlich interveniert, um strafrechtliche Ermittlungen gegen eine Zentralbanker zu stoppen. Als Argument für die Immunität wird die Stabilität der Finanzmärkte angeführt.

"Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Gouverneur der Bank von Lettland arbeiten kann, der wegen so schwerwiegenden Anschuldigungen verhaftet wurde", sagte Ministerpräsident Maris Kucinskis im Fernsehen. Er berief eine Sondersitzung des Kabinetts ein. Nach Angaben des Leiters der Anti-Korruptionsbehörde, Jekabs Straume, soll der Notenbank-Chef eine Bestechungssumme von mindestens 100.000 Euro verlangt haben. Rimsevics wies die Vorwürfe zurück: "Ich widerspreche dem kategorisch." Er will sich detailliert auf einer Pressekonferenz am Dienstagvormittag (11.00 Uhr) äußern. Allerdings hatte der EZB-Banker, so der lettische Rundfunk LSM, bei der Verlesung des ersten Verteidigungsstatements ungewöhnlich nervös gewirkt.

Rimsevics steht seit 2001 an der Spitze der Bank von Lettland. Seit dem Beitritt des Landes zur Euro-Zone im Januar 2014 ist er zudem Mitglied des EZB-Rates, des obersten Entscheidungsgremiums der Euro-Notenbank.

Das lettische Bankensystem ist auch wegen des Vorwurfs der Geldwäsche gegen die Bank ABLV in den Schlagzeilen. Die EZB forderte die Bankenaufsicht des Landes auf, dem Kreditinstitut sämtliche Auszahlungen zu untersagen. In den vergangenen Tagen habe sich die Finanzlage der Bank deutlich verschlechtert.

Die USA werfen dem Geldhaus vor, Kunden zu ermöglichen, die Sanktionen der Vereinten Nationen gegen Nordkorea zu unterlaufen. Die US-Behörde FinCEN, eine für die Ermittlung von Finanzkriminalität zuständige Abteilung des US-Finanzministeriums, hatte erklärt, sie prüfe Sanktionen gegen das Institut. Kontoinhaber zogen daraufhin in den vergangenen Tagen rund 600 Millionen Euro ab, was 22 Prozent aller Einlagen entspricht. Das Unternehmen wies die Vorwürfe zurück. "Wir nehmen nicht an illegalen Aktivitäten teil", sagte Vizechef Vadims Reinfelds. Es gebe keine Verletzungen von Sanktionen. Die lettische Zentralbank teilte mit, sie stelle dem Institut 97,5 Millionen Euro Nothilfe zur Verfügung. Das Geld ist demnach allerdings noch nicht geflossen.

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