Finanzen

EU-Staaten bereiten sich auf Dumping-Welle bei Stahl vor

Lesezeit: 2 min
03.03.2018 18:25
Europäische Stahlkonzerne befürchten, dass aufgrund der Einfuhr-Zölle in den USA neue Konkurrenten in Europa auftauchen werden.

Mehr zum Thema:  
USA >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
USA  

Die am Donnerstag von US-Präsident Donald Trump angekündigten Strafzölle sorgen weltweit für Unruhe. Europäische Stahlproduzenten befürchten starke Verschiebungen auf den Weltmärkten und einen Preisverfall auf dem EU-Absatzmarkt.

Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtet, importierten die USA im vergangenen Jahr 35,6 Millionen Tonnen Stahl. 16,7 Prozent davon kamen aus Kanada, 13,2 Prozent aus Brasilien und 9,7 Prozent aus Südkorea. China und Deutschland trugen mit 2,9 und 3,7 Prozent zum Millionenexport bei. Aktuell exportiert die EU fünf Millionen Tonnen in die USA. Nach Informationen des Nachrichtensenders Ntv erwartet der Europäische Stahlverband Eurofer durch die Strafzölle einen Exportrückgang von 50 Prozent.

Darüber hinaus werden infolge der künftig geltenden US-Importbeschränkungen in der EU Befürchtungen laut, die großen Stahlimporteure aus Kanada, Brasilien und Südkorea – die bislang in die USA lieferten – könnten den EU-Markt mit ihren Exporten schwemmen. Während deshalb innerhalb der EU Befürchtungen vor einem EU-weiten Preisverfall laut werden, geht man in den USA von einem positiven Dominoeffekt aus. US-Handelsminister Willbur Ross sprach gegenüber der amerikanischen Onlinezeitung Politico von positiven Marktentwicklungschancen. So führe eine globale Marktabschottung zu einer Stärkung der nationalen Wirtschaften. Stahlimporte würden die US-Wirtschaft dagegen in diesem Bereich an die Wand drücken.

Anders sieht man dies innerhalb der EU: Auch die bereits vor einiger Zeit verhängten US-Strafzölle gegen chinesische Stahlimporte bereiten Sorgen, weil man fürchtet, dass die Chinesen nun Europa als Zielmarkt ausmachen werden. Zwar ist China mit einem US-Stahlimportanteil von 2,9 Prozent im Vergleich zu Kanada und Brasilien ein relativer kleiner Exporteur. Doch sind diese Exporte für das Land notwendig. Die chinesische Wirtschaft fährt seit Jahren einen Kurs der Überproduktion. Diese Billigimporte aus China machen der europäischen Stahlindustrie jedoch zu schaffen. Mit Antidumping-Maßnahmen versucht sich die EU gegen sie zu wehren. Viele Einfuhren kommen aber aus Drittländern wie der Türkei oder Indien.

Bereits im November hatte US-Präsident Donald Trump angekündigt, den heimischen Markt mit Handelsbeschränkungen stärken zu wollen. Dieses Versprechen setzte er Donnerstag um: Ab der kommenden Woche wollen die USA Einfuhrzölle von 25 Prozent auf Stahlimporte und 10 Prozent auf Aluminiumimporte erheben. Betroffen von diesen Strafzöllen sind neben Stahlproduzenten aus Kanada, Brasilien, Südkorea und Japan auch solche aus der EU und China. In einer Kurzbotschaft auf Twitter teilte er am Freitag mit, der US-amerikanischen Stahlindustrie gehe es schlecht, daher müssten die USA ihr Land und die Arbeiter schützen.

Nach Ansicht der Welthandelsorganisation WTO ist die Verhängung von Strafzöllen nur im Ausnahmefallfall möglich. Die USA beziehen sich bei der Verhängung der Strafzölle auf Artikel 21 der Verträge über ein allgemeines Zoll- und Handelsabkommen, wonach zur Wahrung der nationalen Sicherheit Ausnahmen von Zoll- und Handelsregeln grundsätzlich zulässig sind.

EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker kündigte an, auf die US-Importzölle mit entsprechenden Maßnahmen reagieren zu wollen. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström sprach gegenüber der Presseagentur Reuters von Vergeltungsmaßnahmen und kündigte eine Einschaltung der WTO an.

Bereits vor einigen Wochen hatte die EU-Kommission angekündigt bei der Verhängung von Strafzöllen gegen EU-Importe ebenfalls Strafzölle auf amerikanische Waren erheben zu wollen. Ziel dieser Strafzölle ist, Unternehmer aus dem Anhängerkreis Trumps wirtschaftlich zu schwächen. Unter anderem geht es um Orangensaft aus Florida, Whisky aus Kentucky und Harley Davidson Motorräder aus Wisconsin.

Auch das deutsche Wirtschaftministerium warnte die USA vor übereilten Entscheidungen. So gebe es keine Anhaltspunkte, dass europäische oder deutsche Stahlimporte die nationale Sicherheit der USA bedrohen. Auch müsse das Problem der weltweiten Stahlüberkapazitäten gemeinsam angegangen werden.

Der US-Präsident gab sich von dieser Kritik am Freitag unbeeindruckt. Auf Twitter teilte er mit, Handelskriege seien gut und leicht zu gewinnen.


Mehr zum Thema:  
USA >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Bildung für die Zukunft SOS-Kinderdorf Thüringen im Einsatz für die Demokratie

In einer Zeit, in der die Unzufriedenheit mit der Politik wächst, engagiert sich das SOS-Kinderdorf Thüringen mit einem Demokratieprojekt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Kampf gegen Monopole: Europas Schlüsselrolle im Kampf gegen Big Tech und für den Klimaschutz
21.12.2024

Teresa Ribera steht vor einer gewaltigen Herausforderung. Die sozialistische Vizepremierministerin Spaniens wurde im September von der...

DWN
Finanzen
Finanzen US-Börsen: Eine Erinnerung an ausreichend Risikokontrolle
21.12.2024

Die vergangene Woche brachte einen deutlichen Ausverkauf an den Aktienmärkten, der von Experten als gesunde Entwicklung gewertet wird....

DWN
Finanzen
Finanzen Nach Trumps missglücktem Finanztrick: Stillstand der US-Regierung doch noch abgewendet
21.12.2024

Der US-Kongress hat einen drohenden Stillstand der Regierungsgeschäfte im letzten Moment abgewendet. Nach dem Repräsentantenhaus...

DWN
Panorama
Panorama Magdeburg: Anschlag auf Weihnachtsmarkt - fünf Tote, 200 Verletzte - Verdächtiger ist verwirrter Islam-Gegner
21.12.2024

Einen Tag nach der tödlichen Attacke auf dem Weihnachtsmarkt in Magdeburg sitzt der Schock tief. Erste Details zum Tatverdächtigen werden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Griechenlands Wirtschaft boomt: Erfolgreiche Steuerreformen und starke Investitionen treiben den Aufschwung
21.12.2024

Griechenlands Wirtschaft überrascht: Für 2025 erwartet das Land einen Haushaltsüberschuss von 13,5 Milliarden Euro – mehr als doppelt...

DWN
Panorama
Panorama Winterurlaub in Gefahr: Weniger Gäste in den Alpen erwartet
21.12.2024

Die Alpenregion, ein traditionell beliebtes Ziel für Wintersport und Erholung, steht in der neuen Saison vor Herausforderungen. Weniger...

DWN
Finanzen
Finanzen Quality Investing: Von der Kunst des klugen Investierens
21.12.2024

Luc Kroeze, Autor des Buches „Die Kunst des Quality Investing“, erläutert im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten, wie...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unsicherheit für PCK: Verkauf der Shell-Anteile gescheitert
20.12.2024

Das Scheitern des Verkaufs der Shell-Anteile an der Schwedter Raffinerie erschüttert den Standort. Wieder bleibt die Zukunft unklar. Nun...