Finanzen

Banken gehen in Deckung: Zinsen am Interbanken-Markt steigen

Die Zinsen im Interbankenmarkt und im Geldmarkt beginnen deutlich zu steigen. Schuldner jeglicher Art geraten dadurch unter Druck.
13.03.2018 17:25
Lesezeit: 2 min

In mehreren wichtigen Geld- und Interbankenmärkten beginnen die Zinsen deutlich zu steigen. Sollte sich der Trend verfestigen, drohen Banken und Schuldnern allgemein höhere Kosten. An Geldmärkten werden Kredite mit kurzen Laufzeiten vergeben, während Banken sich am Interbankenmarkt gegenseitig Kredite mit ebenfalls meist kurzen Laufzeiten gewähren.

Der Kurs des Libor (London Interbank Offered Rate), des wichtigsten Referenzzinssatzes für den globalen Interbankenmarkt, liegt derzeit so hoch wie zuletzt im Jahr 2008, berichtet Bloomberg. Bei diesem Zinssatz handelt es sich um einen Durchschnittswert, zu welchem Großbanken in London bereit sind, sich gegenseitig Geld in verschiedenen Laufzeiten und Währungen zu leihen.

Der Libor-Kurs besitzt eine hohe Relevanz, weil sich die Konditionen der meisten internationalen Konsortialkredite, Anleihen, Swaps und Derivate an ihm orientieren. Steigt der Libor-Kurs, verteuert sich für Banken die kurzfristige Geldaufnahme, für Schuldner im Finanzmarkt wie beispielsweise Verkäufer von Anleihen oder Käufer von Hypotheken wird der Schuldendienst erschwert.

Der Kurs des Dollar-Libor für Dollar-Kredite steigt in sämtlichen Laufzeiten seit etwa Ende 2014 stetig an, wobei sich das Tempo im vergangenen Jahr deutlich erhöht hat. Nachdem der Dollar-Libor für dreimonatige Ausleihungen im März 2017 noch bei etwa 1,1 Prozent lag, steht der derzeit bei etwa 2 Prozent, wie aus Grafiken von Global Rates hervorgeht.

Ähnlich sieht die Entwicklung bei anderen Laufzeiten im Dollar-Libor im gleichen Zeitraum aus. Der Kurs für Übernacht-Kredite stieg in den vergangenen 12 Monaten von etwa 0,6 Prozent auf jetzt etwa 1,5 Prozent. Der Kurs für einjährige Ausleihungen stieg von etwa 1,8 Prozent auf etwa 2,5 Prozent.

Letztendlich symbolisieren die Kursanstiege ein erhöhtes Misstrauen der Banken untereinander, sich gegenseitig Geld zu leihen. Die Zinsen werden dementsprechend nach oben angepasst.

Die Anstiege beim Libor haben weitreichende Konsequenzen, da Angaben von Bloomberg zufolge weltweit etwa 350 Billionen Dollar an Finanzderivaten und Krediten vom Libor abhängen – die meisten davon vom Dollar-Libor. Beispielsweise bildet der Libor neben den Zinsen für kurz laufende US-Staatsanleihen die Berechnungsgrundlage für Hypotheken mit variablen Zinsen in den USA.

Auch an den Geldmärkten – wo sich Investoren verschiedenster Art kurzfristig Geld leihen können – steigen die Zinsen merklich an, was zu einem Zufluss von Kapital in Geldmarktfonds führte. Die Anlagen in Geldmarktfonds der US-Regierung stiegen seit Ende vergangenen Jahres von 2,07 Billionen Dollar auf aktuell 2,26 Billionen Dollar.

Auch die signifikanten Zinsanstiege an den globalen Anleihemärkten und insbesondere bei US-Papieren sind Beobachtern zufolge Anzeichen für eine Trendwende. „Die Leitzins-Anhebungen der US-Zentralbank Federal Reserve bildet den Hintergrund für die Zinsanstiege, aber es gibt eine zusätzliche Kraft, welche auf der Ankündigung aus den USA basiert, hohe neue Schulden aufzunehmen“, schreibt Bloomberg. Das US-Finanzministerium wird im ersten Quartal 2018 voraussichtlich rund 400 Milliarden Dollar an neuen Schulden aufnehmen.

Vor einigen Wochen hatten mehrere anerkannte Beobachter der Anleihemärkte auf eine mögliche Trendumkehr hingewiesen. Demnach gelte die Marke von 3 Prozent für zehnjährige US-Anleihen als kritischer Wendepunkt.

Der Anleihen-Experte Jim Grant spricht davon, dass der Wendepunkt bereits im Sommer 2016 durchschritten wurde. „Ich habe im Laufe der Jahre festgestellt, dass sich die Anleihemärkte in Wellen von der ungefähren Länge von Generationen bewegen. So etwa zwischen 20 und 35 Jahre. Dies ist kein Naturgesetz, sondern eine Beobachtung seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Wahrscheinlich begann der Bullenmarkt bei Anleihen im Jahr 1981 und endete im Sommer 2016. Es könnte sein, dass die Zinsen also steigen, weil sie steigen. Es klingt ein bisschen mysteriös und fatalistisch, aber ich bin weniger als andere geneigt, Ereignisse als Folge des Handelns von Menschen oder Politik anzuerkennen“, wird Grant vom Finanzblog Zerohedge zitiert.

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