Die chinesische Regierung hat am Mittwoch erstmals einen konkreten Zeitrahmen für die schon länger angekündigte Öffnung der Wirtschaft, speziell des Finanzsektors, genannt. Demnach sollen die Maßnahmen bis Ende dieses Jahres umgesetzt werden, einige sollen bereits im Juni in Kraft treten. Dazu gehört beispielsweise die Erlaubnis für ausländische Firmen, in Treuhand- und Leasinggesellschaften einzusteigen sowie in das Geschäft mit Auto- und Verbraucherkrediten. Die chinesische Notenbank bestätigte außerdem, dass eine geplante Handelsverbindung zwischen den chinesischen Aktienbörsen und der Börse in London bis Ende dieses Jahres stehen soll.
Die Beteiligungsgrenze für Ausländer an Gesellschaften im Wertpapier-, Fonds-, Futures- und Lebensversicherungsgeschäft soll nach Angaben der Zentralbank in den nächsten Monaten auf 51 Prozent angehoben und später ganz abgeschafft werden. Angekündigt wurde dies schon im November.
Bereits am Dienstag hatte Chinas Präsident Xi Jinping die Ankündigungen des Landes bekräftigt, die Wirtschaft für ausländische Investoren weiter zu öffnen. Dies wurde als versöhnliches Signal im Handelsstreit mit den USA gewertet. Mit einer Einigung in dem Konflikt rechnen auch die Ratingagenturen Moody's und Fitch. Sie erklärten zudem am Mittwoch, die von den USA in Aussicht gestellten Zölle auf chinesische Waren würden nur begrenzte Auswirkungen auf die Wirtschaft Chinas haben.
Sollte die Öffnung der Wirtschaft und des Finanzsektors wie angekündigt vorangetrieben werden, wäre eine Steigerung der ausländischen Investitionen in China wahrscheinlich die Folge. Diese zusätzlichen aus dem Ausland stammenden Investitionen braucht die Regierung, um den Wachstumskurs der Wirtschaft aufrechtzuerhalten.
Dem Analysten James Rickards zufolge befürchtet die regierende Kommunistische Partei eine Destabilisierung, falls künftig nicht mehr in ausreichendem Maße Arbeitsplätze für die dutzenden Millionen sogenannter Wanderarbeiter bereitgestellt werden können. Die Legitimität der chinesischen Regierung in der Bevölkerung hängt aus Rickards Sicht direkt mit der erfolgreichen Umsetzung ihres Wohlstandversprechens zusammen.
„Auf der einen Seite hat China das Wachstum in den vergangenen acht Jahren durch Verschuldung, riesigen Infrastruktur-Investitionen und Schattenbanken angetrieben. Die chinesische Regierung weiß das, aber sie musste die Wachstumsmaschine in hoher Drehzahl laufen lassen um Millionen von Stellen für die Wanderarbeiter aus ländlichen Gegenden zu schaffen und Millionen Stellen für die Stadtbevölkerungen zu erhalten. Die chinesische Regierung weiß, dass das so nicht ewig weitergehen kann. Es gibt zwei Wege, um die Schulden abzubauen – Deflation (Abschreibungen, Bankrotte und Arbeitslosigkeit) und Inflation (Verlust der Kaufkraft der Bevölkerung). Beide Wege sind für die Kommunistische Partei ausgeschlossen, weil sie ihre Legitimität angreifen würden. Beide Alternativen würden zu sozialen Unruhen und revolutionärem Potential führen. Deshalb verfolgt die Regierung eine dritte Alternative, die aus schrittweisen Finanzreformen und einer schrittweisen Eindämmung des Schattenbankenwesens besteht“, schreibt Rickards.
***
Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:
Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.