Politik

USA: Landwirte bekommen Stahl-Zölle schmerzhaft zu spüren

Die Landwirte in den USA bekommen die von der Regierung angekündigten Strafzölle auf Stahl zu spüren.
22.04.2018 17:50
Lesezeit: 2 min

Tom Polansek und P.J. Huffstutter von Reuters beschreiben die Auswirkungen der geplanten Strafzölle auf Stahlimporte auf die Landwirte in den USA:

Lucas Strom betreibt eine hundert Jahre alte Familienfarm im ländlichen Illinois. Im vergangenen Monat musste er einen Auftrag zum Kauf eines neuen 71.000-Tonnen-Getreidesilos stornieren - nachdem der Verkäufer den Preis um fünf Prozent an einem Tag erhöht hatte. "Würde uns dieser Preis zerstören? Nein", sagt Strom. "Aber heutzutage musst du deine Ausgaben genau überdenken."

Nachdem US-Präsident Donald Trump Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte angekündigt hatte, legten die Stahlpreise deutlich zu. In der US-Landwirtschaft, in der Trump an für sich eine starke Unterstützung genießt, erhöhen die Zölle aber die Kosten für Ausrüstung und Infrastruktur. Einige Landwirte und landwirtschaftliche Betriebe müssen deshalb nun ihre Einkaufs- und Expansionspläne auf Eis legen.

Die Auswirkungen der steigenden Stahlpreise auf die Landwirtschaft zeigen die unbeabsichtigten und unvorhersehbaren Folgen eines aggressiven Protektionismus. Dieser trifft die Landwirte gleich zweifach. Denn sie bekommen nicht nur die höheren Stahlpreise zu spüren: Viel stärker treffen sie die von China angekündigten Vergeltungszölle auf landwirtschaftliche Produkte wie Soja - dem wichtigsten landwirtschaftlichen US-Exportprodukt. A&P Grain Systems - der Verkäufer des Getreidelagers, das Farmer Strom zusammen mit einem Nachbarn kaufen wollte - erhöhte seinen Preis zwei Tage, nachdem Trump die Aluminium- und Stahlzölle angekündigt hatte.

Die Zölle bringen auch die Hersteller von Landtechnik-Produkten in die Bredouille, von kleineren Anbietern wie A&P Grain bis hin zu Größen wie dem Landtechnikriesen John Deer und dem Baumaschinenhersteller Caterpillar. Sie kämpfen mit der Frage, ob und wie sie ihre höheren Kosten an die Landwirte weitergeben können, die bereits unter niedrigen Getreide-Preisen wegen des weltweiten Überangebots leiden. A&P verwendet in seinen Silos Stahl, der in den USA hergestellt wird. Aber auch die inländischen Stahlpreise sind wegen der Zölle gestiegen. US-Stahlwerke passen ihre Preise normalerweise einmal im Jahr an, üblicherweise im ersten Quartal, sagt A&P-Chef Dave Altepeter. Aber dieses Jahr seien die Preise bereits vier Mal gestiegen.

Trump und Landwirtschaftsminister Sonny Perdue haben versichert, die US-Regierung werde die Bauern vor den chinesischen Zöllen schützen - aber nicht erklärt wie. Das US-Landwirtschaftsministerium äußerte sich nicht auf eine Reuters-Anfrage. Die Landwirte in den USA können sich eigentlich keinen weiteren Umsatzverlust leisten: Ihr Einkommen ist seit 2013 um mehr als die Hälfte zurückgegangen, nach Jahren umfangreicher Ernten, die die Preise für Erzeugnisse wie Mais und Sojabohnen gedrückt haben. Strom hat derweil nicht nur die Pläne zur Anschaffung eines neues Getreidesilos aufgeschoben. Er will vorerst auch kein neues Lagergebäude bauen, in dem seine Pflanzmaschine und der Mähdrescher untergebracht sind. Andere Landwirte, Lebensmittelproduzenten und Bierhersteller haben versucht, den Kauf stahlbasierter Ausrüstung abzuschließen, bevor die Preise noch mehr steigen.

Allen Entwistle, Landwirt in Illinois, verschob den Bau eines neuen 800.000-Dollar-Lagersystems für Getreide, nachdem der Hersteller AGCO die Preise um 15 Prozent erhöht hatte. Entwistle, der Trump gewählt hat, wird stattdessen Mais in Säcken auf den Boden lagern. "Präsident Trump erzählt uns die ganze Zeit, dass er uns etwas Besseres aushandelt", sagt Entwistle. "Wann wird es denn endlich besser?" Nach Angaben von AGCO machen die Zölle Preiserhöhungen unvermeidlich. "Das hat einen enormen Einfluss auf das Auskommen des Landwirts und gleichzeitig große Auswirkungen auf die Hersteller", sagt Dennis Slater, Präsident des Verbands der Gerätehersteller.

Kunden des Silo- und Lageranbieters Sukup Manufacturing aus Iowa hatten bislang zwei Monate Zeit, um sich für ein Angebot zu entscheiden. Nun ist in einigen Fällen wegen der volatilen Stahlpreise eine Entscheidung in nur einer Woche fällig. Das Unternehmen hat seit November einen Anstieg der Stahlpreise von 40 Prozent beobachtet. "Das ist natürlich ein großer Preisanstieg für eine Branche, in der Stimmung wegen der Zölle ohnehin schon im Eimer ist", sagt Sukup-Manager Brent Hansen.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Osterleckereien 2025: Warum Schokolade, Butter & Co. teurer sind denn je
19.04.2025

Ostern 2025 wird für Verbraucher teurer – besonders bei traditionellen Produkten wie Schokohasen, gefärbten Eiern und selbstgebackenem...

DWN
Immobilien
Immobilien Gewerbeimmobilien als Kapitalanlage? Lage matters!
19.04.2025

Gewerbeimmobilien bieten nach wie vor interessante Renditechancen für ausgefuchste Marktkenner. Wer klug investiert, kann von stabilen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Europas Wettbewerbskompass: Kurskorrektur bei Technologiewettbewerb dringend nötig!
19.04.2025

Europa steht vor großen wirtschaftlichen Herausforderungen: Der globale Technologiewettbewerb spitzt sich zu, geopolitische Krisen...

DWN
Finanzen
Finanzen Digitalisierung im Bürgeramt: Passfotos ab Mai nur noch digital erlaubt
19.04.2025

Ab dem 1. Mai sind in Deutschland im Grunde nur noch digitale Passfotos erlaubt. Das neue Verfahren soll Fälschungen vorbeugen. Wer denkt,...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Italienische Luxusunternehmen: Prada übernimmt und trägt nun auch Versace
19.04.2025

Über einen möglichen Kauf war seit mehreren Monaten spekuliert worden: Der Luxuskonzern Prada schluckt den Konkurrenten Versace. Damit...

DWN
Technologie
Technologie „Mein alter Job als Softwareentwickler ist weg“ – Jentic-Chef über selbstprogrammierende KI-Agenten
19.04.2025

Der irische Tech-Unternehmer Sean Blanchfield ist überzeugt, dass KI-Agenten menschliche Programmierer und Softwareentwickler zunehmend...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt „We don’t believe in Outsourcing“ – Klöber zeigt, wie Produktion in Deutschland wieder gelingt
18.04.2025

Sitzen, aber richtig: Der Büromöbelhersteller aus Owingen setzt auf Inhouse-Produktion, recycelte Materialien und digitale Innovation –...

DWN
Finanzen
Finanzen S&P 500 und die Illusion von sicheren, langfristigen Renditen
18.04.2025

Der amerikanische Aktienmarkt befindet sich in turbulenten Zeiten. Angesichts der unvorhersehbaren Handelspolitik von Präsident Donald...