Finanzen

Deutsche Banken verdienen nichts an ihren Firmenkunden

Das Firmenkundengeschäft ist für die meisten deutschen Banken unrentabel. Darüber hinaus sind sie digital unzureichend aufgestellt.
29.04.2018 22:00
Lesezeit: 2 min

Ein Großteil der deutschen Banken verdient nichts an ihrem Geschäft mit Firmenkunden. Gemäß einer Studie der Unternehmensberatung Boston Consulting Group (BCG) könnte eine digitale Gesamtstrategie bis zu einem gewissen Grad Abhilfe schaffen. Eine solche Strategie existiert derzeit allerdings kaum, sagen die Berater.

Derzeit verdient nur rund ein Viertel (28 Prozent) aller deutschen Banken an seinem Firmenkundengeschäft. Für circa drei Viertel (72 Prozent) der Banken ist das Firmenkundengeschäft dagegen unprofitabel. Knapp die Hälfte (45 Prozent) entfernt sich von der Profitabilitätsschwelle. Für etwas mehr als ein Viertel (27 Prozent) ist die Tendenz positiv, wenn auch die Profitabilitätsschwelle noch nicht erreicht ist.

Am wenigsten profitabel sind mit 33 Prozent die Geschäfte mit Großkunden. Etwas profitabler sind die Geschäfte mit mittelgroßen Unternehmen (40 Prozent). Mit 67 Prozent am häufigsten profitabel sind die Geschäfte mit kleinen Unternehmen, weil sich hier am ehesten Gelegenheiten zu Anschluss-Geschäften ergeben.

Für die Unrentabilität des Firmengeschäfts gibt es mehrere Gründe. Der wichtigste ist die niedrige Marge auf Kredite: „Die Zinserträge sind dramatisch niedrig“, so Carsten Baumgärtner, einer der Autoren der BCG-Studie, im Gespräch mit den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Darüber hinaus ist der Wettbewerbsdruck enorm hoch. Insbesondere Kunden aus dem Mittelstand, die in den letzten Jahren verstärkt in den Fokus gerückt sind, werden mit häufig sehr günstigen Konditionen geworben. Verstärkt wird der Wettbewerb durch ausländische Banken, die auf den Markt drängen. Und schließlich ergeben sich durch die Zunahme der Regulatorik – beispielsweise in Form von Transparenz-Vorschriften – erheblich höhere Betriebskosten.

Um das Firmengeschäft rentabler zu machen, raten die BCG-Berater den Banken zu einer Stärkung ihrer digitalen Kompetenz. Zwar haben die meisten Geldhäuser ihre Digitalisierung in den letzten Jahren vorangetrieben und verbessert, das ist jedoch meist punktuell geschehen, in der Regel fehlt eine Gesamtstrategie. So billigen dann auch nur 19 Prozent aller befragten Banker in Führungspositionen ihrem Unternehmen eine umfangreiche Digitalkompetenz zu. Dass diese Kompetenz eigentlich in hohem Maße vorhanden sein müsste, finden 86 Prozent. Die BCG prognostiziert, dass im Geschäftskundengeschäft im Laufe der nächsten Jahre fast ein Drittel aller Erträge digital erwirtschaftet wird.

Die Macher der Studie raten den Banken, sich an den großen Vorbildern wie Amazon und Google zu orientieren und ihre Angebote kundenfreundlicher zu gestalten („digitales Erlebnis“). Darüber hinaus sollten die Geldhäuser die von ihnen gesammelten riesigen Datenmengen gezielt einsetzen. Diese können sie unter anderem für die gezielte Ansprache bereits vorhandener Kunden, für die Neukundengewinnung sowie für ein gezielteres Risikomanagement nutzen. Mit intelligenten Analyse-Tools könnten die Banken, so die BCG, die ihren zur Verfügung stehenden Daten gezielt auswerten und die Vergabe riskanter Kredite stark reduzieren. Darüber hinaus könnten sie Kunden identifizieren, die – aufgrund zu hoher Rabatte – überdurchschnittlich günstige Konditionen haben, und mit diesen Neuverträge verhandeln.

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