Finanzen

EZB verschiebt geldpolitische Wende auf unbestimmte Zeit

Lesezeit: 2 min
27.04.2018 17:08
Die EZB will trotz starker Wirtschaftsleistung und relativ niedriger Arbeitslosigkeit keine geldpolitische Straffung einleiten. Auch die Schweizer Nationalbank gibt zu, dass eine dauerhafte Unterstützung notwendig ist.

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Europäische Zentralbank wird laut Notenbank-Direktor Yves Mersch von ihrer ultralockeren Geldpolitik erst dann abkehren, wenn die Inflation stärker anzieht. Der EZB-Rat werde erst zu einer weniger expansiven Ausrichtung übergehen, wenn sich die Preisentwicklung nachhaltig ändere, sagte Mersch am Freitag auf einer Veranstaltung in Sofia. „Der Pfad der Normalisierung wird abhängig bleiben von den Aussichten für die Preisstabilität." Aktuell sei noch immer kein überzeugender Preisauftrieb auszumachen – wie seit Jahren.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte wegen der nach wie vor verhaltenen Inflationsentwicklung auf ihrer Zinssitzung am Donnerstag keine großen Beschlüsse gewagt. Sie fällte auch keine Entscheidung zu ihren vor allem in Deutschland umstrittenen Anleihekäufen.

Auch die Schweizerische Nationalbank will trotz der anziehenden Wirtschaft weiterhin an ihrer lockeren Geldpolitik festhalten. „Eine Straffung der monetären Bedingungen zum jetzigen Zeitpunkt wäre verfrüht und würde die positive Wirtschaftsdynamik deshalb unnötig aufs Spiel setzen“, sagte SNB-Präsident Thomas Jordan am Freitag auf der Generalversammlung laut Redetext.

Sowohl die Negativzinsen als auch die Bereitschaft für Interventionen am Devisenmarkt seien unverändert notwendig. Mit beiden manipulativen Maßnahmen versucht die SNB, den Franken zu schwächen und so die exportorientierte Wirtschaft zu stützen. Der Franken sei aus Sicht der Nationalbank nach wie vor hoch bewertet.

Die jüngsten Börsenturbulenzen hätten zwar keine großen Spuren am Devisenmarkt hinterlassen. „Die Lage an den Finanzmärkten und damit die monetären Bedingungen für die Wirtschaft können sich aber rasch wieder verschärfen“, sagte Jordan. Der Franken gilt bei Investoren als sicherer Hafen und ist daher besonders in Krisenzeiten gefragt.

Indem die Nationalbank den Ausstieg aus der lockeren Geldpolitik auf unbestimmte Zeit verschiebt, gibt sie praktisch zu, dass kontinuierliche geldpolitische Manipulationen weiterhin nötig sind, um ein Zusammenbrechen der Finanzmärkte und eine realwirtschaftliche Rezession zu verhindern.

Diese Interventionen sind angesichts der offiziellen Daten nicht nachvollziehbar. Seit Jahren steigt die Wirtschaftsleistung des Landes an, die Arbeitslosigkeit liegt bei sehr niedrigen 3 Prozent.

Zudem lobte Jordan in seiner Rede die Fortschritte, die die Großbanken UBS und Credit Suisse nach der Finanzkrise gemacht haben, um ihre Widerstandskraft und Stabilität zu stärken. Banken dürften höhere Eigenkapitalanforderungen nicht einseitig als Kostentreiber betrachten, sagte Jordan. Ein robustes Bankensystem sei ein Wettbewerbsvorteil und ziehe Kunden und Geschäft an. Die Institute monieren oftmals die steigenden Kosten durch die strengere Regulierung.

Die SNB ist als Aktiengesellschaft organisiert. Beteiligt sind Kantone, Gemeinden und private Eigentümer.

***

Für PR, Gefälligkeitsartikel oder politische Hofberichterstattung stehen die DWN nicht zur Verfügung. Bitte unterstützen Sie die Unabhängigkeit der DWN mit einem Abonnement:

Hier können Sie sich für einen kostenlosen Gratismonat registrieren. Wenn dieser abgelaufen ist, werden Sie von uns benachrichtigt und können dann das Abo auswählen, dass am besten Ihren Bedürfnissen entspricht. Einen Überblick über die verfügbaren Abonnements bekommen Sie hier.


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Neue Verträge: Nach dem KaDeWe sind auch Oberpollinger und Alsterhaus gerettet
26.07.2024

Die berühmten Flaggschiffe der deutschen Warenhäuser scheinen nach der Pleite des Immobilien-Hasardeurs René Benko endlich gerettet zu...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Hilfsgelder von Russland: EU gibt Erträge aus dem eingefrorenen Vermögen frei
26.07.2024

Die Europäische Union hat jetzt die ersten Zinserträge aus dem im Westen eingefrorenem russischen Staatsvermögen freigegeben. Die...

DWN
Politik
Politik Der Chefredakteur kommentiert: Islamisches Zentrum Hamburg - ein längst überfälliges Verbot, Frau Faeser!
26.07.2024

Liebe Leserinnen und Leser, jede Woche gibt es ein Thema, das uns in der DWN-Redaktion besonders beschäftigt und das wir oft auch...

DWN
Politik
Politik Bundeskanzler Scholz zu irregulärer Migration: „Die Zahlen müssen runter“
26.07.2024

Erwerbsmigration nach Deutschland sei erwünscht, meint der Kanzler. Problematisch findet er unerlaubte Einreisen. Eine Innenexpertin der...

DWN
Panorama
Panorama ADAC warnt: Es droht schlimmstes Stau-Wochenende der Saison
26.07.2024

Wer nun in den Urlaub fährt, sollte etwas mehr Zeit einplanen und mitunter starke Nerven haben. Der ADAC rechnet mit vielen Staus. Lassen...

DWN
Politik
Politik Außenministerin Baerbock: Seegerichtshof in Hamburg wird an Bedeutung gewinnen
26.07.2024

In Hamburg informiert sich die Außenministerin bei ihrer Sommerreise über die Arbeit des Internationalen Seegerichtshofs. Anschließend...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB nach Stresstest: Banken haben Verbesserungsbedarf bei Cyber-Angriffen
26.07.2024

Seit der Finanzkrise 2008 wird genauer hingeschaut bei den Banken. Im Euroraum müssen sich die Institute nach Einschätzung der...

DWN
Politik
Politik Verfassungsschutz weist auf russische Sabotageversuche hin
26.07.2024

Der deutsche Inlandsgeheimdienst beobachtet schon länger verstärkte russische Geheimdienstaktivitäten. Neue Hinweise veranlassen ihn...