Die deutsche Wirtschaft hat sich enttäuscht über das Ergebnis des Treffens zwischen Kanzlerin Angela Merkel und US-Präsident Donald Trump gezeigt. "Ich bedaure, dass der Besuch der Bundeskanzlerin in Washington keine sichtbare Annäherung in den Streitpunkten zwischen Deutschland und den USA gebracht hat", sagte BDI-Präsident Dieter Kempf am Samstag. Auch wenn eine atmosphärische Verbesserung zwischen Merkel und Trump spürbar sei, hätte er sich mehr substanzielle Fortschritte gewünscht. "Die angedrohten amerikanischen Strafzölle bleiben eine große Belastung für das transatlantische Verhältnis", sagte der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Für die deutschen Unternehmen bleibe unklar, ob die EU dauerhaft von den Einfuhrzöllen in Höhe von 25 Prozent auf Stahl und zehn Prozent auf Aluminium ausgenommen werde.
Auch Außenhandelspräsident Holger Bingmann sagte, dass das Treffen in Washington sicher kein Durchbruch gewesen sei. "Aber die Tür für eine Lösung im Streit um die US-Strafzölle bleibt einen Spalt weit offen." Merkel habe ein klares Angebot für einen fairen Waren- und Dienstleistungsaustausch formuliert. Es wäre deshalb ein kluger Zug von Trump, die EU vorerst auszunehmen.
Die italienische Tageszeitung La Repubblica kommentierte den Besuch Merkels: "Es war eine schnelle Dienstreise... Neben Lächeln und Versicherungen war es vor allem eine kurze Unterredung (drei Stunden), die Unterschiede der Positionen zwischen den beiden klarstellte, statt Lösungen auf den Weg zu bringen."
Der Telegraaf aus den Niederlanden schreibt: "Dem Exportland Deutschland graut es vor einem drohenden Handelskrieg und es will die Zölle definitiv vom Tisch bekommen. (...) Mit guten Nachrichten konnte Merkel wohl kaum nach Berlin und zu ihren europäischen Partnern zurückkehren. Jedoch scheint es, als ob in Sachen Importzöllen eine neue Vereinbarung in Arbeit ist und dass Trump Europa im letzten Moment wieder eine Ausnahme zugesteht."
Die Washington Post, die zu Clinton-Zeiten in Merkel noch die Retterin de westlichen Welt gesehen hat, schreibt, dass Merkel das schwächste Glied in Europa sei und mit ihrer Passivität ein Schwächung der westlichen Allianz darstellen.
DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier fordert Verhandlungen zwischen der EU und den USA über den Abbau von Handelshemnissen: "Ein transatlantischer Anlauf für ein umfangreiches Abkommen ist wichtig." Allerdings wäre ein gefährlicher Präzedenzfall geschaffen, wenn man solche Verhandlungen mit Drohkulissen begänne. "Deshalb müssen wir wieder wechselseitiges Vertrauen aufbauen, was durch den Besuch der Bundeskanzlerin initiiert wurde", sagte Treyer zu Reuters. "Leider stehen die Zeichen schlecht, dass die EU von ungerechtfertigten US-Strafzöllen ausgenommen wird."
Den Europäern gewährt Trump bislang nur eine bis zum 1. Mai befristete Ausnahme von den US-Schutzzöllen auf Stahl und Aluminium. Allerdings versucht die EU noch, eine Aufhebung der Befristung zu erreichen.