Das Wachstum der deutschen Wirtschaft hat sich wegen einer Schwäche bei den Exporten und einem geringeren Staatskonsum überraschend halbiert. Das Bruttoinlandsprodukt legte von Januar bis März nur noch um 0,3 Prozent zum Vorquartal zu und damit so langsam wie seit rund anderthalb Jahren nicht mehr.
„Es ist damit bereits das 15. Mal in Folge im Vergleich zum Vorquartal gestiegen - das ist die längste Aufschwungphase seit 1991“, schrieb das Statistische Bundesamt am Dienstag in einer ersten Schätzung. Von Reuters befragte Ökonomen hatten allerdings mit 0,4 Prozent gerechnet, nachdem es im letzten Quartal 2017 noch zu 0,6 Prozent gereicht hatte.
„Die Investitionen legten kräftig zu: Vor allem in Bauten, aber auch in Ausrüstungen wurde deutlich mehr investiert“, so die Statistiker. Die privaten Haushalte erhöhten ihre Konsumausgaben leicht. „Die Konsumausgaben des Staates waren dagegen erstmals seit knapp fünf Jahren rückläufig und dämpften das Wirtschaftswachstum.“ Auch der Außenhandel büßte an Dynamik ein, „weil sowohl die Exporte als auch die Importe im Vergleich zum Vorquartal rückläufig waren“.
Die Bundesregierung rechnet in diesem Jahr trotz des relativ schwachen Starts mit dem kräftigsten Wachstum seit 2011. Demnach soll das Bruttoinlandsprodukt um 2,3 Prozent zunehmen.
Auch das Wirtschaftswachstum in der Euro-Zone hat zu Jahresbeginn deutlich nachgelassen. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte zwischen Januar und März nur noch um 0,4 Prozent zum Vorquartal zu, wie das Statistikamt Eurostat am Dienstag mitteilte. In den drei Vorquartalen war jeweils ein Plus von 0,7 Prozent herausgesprungen. Damit bleibt der Euro-Raum konjunkturell hinter den USA zurück, deren BIP zu Jahresbeginn der Regierung zufolge angeblich um 0,6 Prozent zugelegt haben soll.
Aktienanleger bewerten die Aussichten für die deutsche Konjunktur wegen des Handelskonflikts weiterhin so schlecht wie seit fünfeinhalb Jahren nicht mehr. Das Barometer für ihre Erwartungen im kommenden halben Jahr verharrte im Mai bei minus 8,2 Punkten, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage unter 210 Analysten und Anlegern mitteilte. Es blieb damit klar unter dem langfristigen Durchschnittswert von plus 23,4 Punkten. Die gegenwärtige Lage schätzten die Experten etwas schlechter ein als zuletzt.
„Die Kündigung des Atomabkommens mit dem Iran durch die Vereinigten Staaten und die Befürchtungen einer weiteren Eskalation des Handelskonflikts mit den USA sowie weiter steigender Rohölpreise haben die Konjunkturerwartungen für Deutschland belastet“, sagte ZEW-Präsident Achim Wambach. Diese politischen Unsicherheiten hätten die zuletzt guten Export- und Produktionsdaten überlagert.
„Das Quartalswachstum zu Jahresbeginn ist etwas enttäuschend ausgefallen. Eine BIP-Wachstumsrate von spürbar über zwei Prozent im Jahresdurchschnitt wird damit schwierig zu erreichen. Allerdings ist festzustellen, dass die Binnennachfrage weiterhin stark war. Die Hauptstütze des Aufschwungs steht damit noch. Gebremst hat im ersten Quartal vor allem der Außenhandel. Hier wird entscheidend sein, wie sich die globalen Handelskonflikte weiter entwickeln. Wir gehen von einer Erholung der Konjunkturdynamik im Jahresverlauf aus und erwarten Raten von etwa 0,5 Prozent pro Quartal“, wird ein Analyst der BayernLB zitiert.
Seit einigen Monaten mehren sich die Anzeichen für eine Abkühlung der Weltwirtschaft. Auch die neuesten Konjunkturdaten in China deuten auf eine Abkühlung der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt hin. Sowohl der Umsatz im Einzelhandel mit einem Zuwachs von 9,4 Prozent als auch die Investitionen erfüllten im April die Erwartungen von Beobachtern nicht. Die Investitionen stiegen in den ersten vier Monaten des Jahres nur noch um sieben Prozent, wie die Nationale Statistikbehörde am Dienstag mitteilte. Das war der schwächste Wert seit 1999. Analysten hatten nur mit einem Rückgang auf 7,4 Prozent gerechnet nachdem es von Januar bis März 7,5 Prozent waren.