Die US-Regierung verkündet sehr gute Beschäftigungszahlen. Die Regierung in Washington meldete am Freitag in ihrem Arbeitsmarktbericht für Mai 223.000 neue Stellen. Experten hatten lediglich mit 188.000 gerechnet. Einer Faustregel zufolge reichen bereits rund 100.000 neue Jobs monatlich, um mit dem Bevölkerungswachstum Schritt zu halten. Die getrennt ermittelte Erwerbslosenquote sank um einen Tick auf 3,8 Prozent - das niedrigste Niveau seit 18 Jahren. Damit ist die US-Notenbank (Fed) ihrem Ziel der Vollbeschäftigung ganz nahe. Sie entscheidet Mitte Juni wieder über den Leitzins. "Der Jobaufbau gibt der Fed grünes Licht für eine Erhöhung", meint Ökonom Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe der Nachrichtenagentur Reuters.
Er erwartet, dass die Währungshüter den Schlüsselsatz auf die Spanne von 1,75 bis 2,00 Prozent anheben werden. Dies gilt auch als Vorsichtsmaßnahme, um eine Überhitzung der Wirtschaft zu verhindern. US-Präsident Donald Trump will das Wachstum mit seiner Steuerreform auf mindestens drei Prozent hochtreiben. Trump tweetete kurz vor der Bekanntgabe der Zahlen: "Freue mich auf die Beschäftigungszahlen". Er befeuerte damit zugleich Marktspekulationen, dass die Zahlen besser als erwartet ausfallen dürften.
Auch die für die Preisentwicklung wichtigen Stundenlöhne legten im Mai mit 0,3 Prozent stärker zu als erwartet. Die Notenbank strebt eine Inflationsrate von zwei Prozent an und ist diesem Ziel in jüngster Zeit näher gekommen, was ebenfalls für eine weitere Straffung der Geldpolitik spricht. Fed-Führungsmitglied Neel Kashkari betonte jedoch, angesichts einer Arbeitslosenquote von 3,8 Prozent sei das Lohnwachstum "noch niedrig". Der Chef der Fed von Minneapolis gilt als Vertreter einer eher vorsichtigen Linie, der vor weiteren Zinserhöhungen Anzeichen für ein stärkeres Anziehen der Inflation abwarten möchte.
An den Märkten werden dennoch nach der Straffung im März weitere Anhebungen im Juni und im September für wahrscheinlich gehalten. Auch ein vierter Schritt in diesem Jahr gilt als durchaus möglich: Händler taxieren die Chancen für eine weitere Straffung im Dezember mittlerweile auf 36 Prozent. Für Ökonom Bernd Krampen von der NordLB wird die konjunkturelle Großwetterlage letztlich den Ausschlag geben, ob es zwei Zinsschritte nach oben im zweiten Halbjahr geben wird: "Die derzeitige globale Verunsicherung könnte ein Abwarten der Fed bewirken."
Die US-Industrie hat im Mai allerdings unerwartet viel Fahrt aufgenommen. Der Einkaufsmanager-Index stieg auf 58,7 Zähler, nach 57,3 im April, wie aus einer Firmen-Umfrage des Institute for Supply Management (ISM) hervorgeht. Die US-Konjunktur hatte in den Wintermonaten noch an Schwung eingebüßt. Zwischen Januar und März stieg das Bruttoinlandsprodukt nur noch mit einer auf das Jahr hochgerechneten Rate von 2,2 Prozent nach einem Plus von 2,9 Prozent Ende 2017.