Politik

Jordanien: Regierung stürzt nach IWF-Unruhen

Lesezeit: 2 min
04.06.2018 16:30
Bei einem der wichtigsten US-Verbündeten im Nahen Osten sind Unruhen gegen ein IWF-Programm ausgebrochen.
Jordanien: Regierung stürzt nach IWF-Unruhen

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Vor dem Hintergrund tagelanger Proteste gegen Preissteigerungen und Steuererhöhungen in Jordanien ist Ministerpräsident Hani Mulki am Montag zurückgetreten. Nach Angaben aus Regierungskreisen übergab er König Abdullah II. sein Rücktrittsgesuch, das dieser akzeptierte. Der Monarch beauftragte demnach den Bildungsminister Omar al-Rassas mit der Bildung einer neuen Regierung. Mulki hatte seine Regierung im Mai 2016 gebildet.

Abdullah hat zwar ein relativ intaktes Verhältnis zur neuen US-Regierung. Insgesamt gehörte er jedoch eher zum Clinton-Lager. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat Abdullah des öfteren als einen der Garanten der Stabilität im Nahen Osten gepriesen.

Seit Mittwoch hatten tausende Jordanier bei landesweiten Protesten gegen die Sparmaßnahmen der Regierung protestiert und Mulkis Rücktritt gefordert. Täglich gingen mehr Menschen auf die Straße. In der Hauptstadt Amman zogen am Samstag etwa 3000 Demonstranten vor den Amtssitz des Regierungschefs, am Sonntag waren es rund 5000. Ihrer Rücktrittsforderung verliehen sie Nachdruck mit Parolen wie: "Das jordanische Volk wird sich nicht beugen" oder "Das Volk will den Sturz der Regierung".

Die Wut der Demonstranten richtete sich gegen einen Gesetzentwurf der Regierung, mit dem diese Vorgaben des Internationalen Währungsfonds (IWF) umsetzen wollte. Die Einkommensteuer sollte um mindestens fünf Prozent angehoben werden und Jahreseinkommen von 8000 Dinar (etwa 9700 Euro) sollten besteuert werden.

Die Unternehmenssteuern sollten um 20 bis 40 Prozent erhöht werden. Der Gesetzentwurf muss noch vom Parlament verabschiedet werden. Unter den Abgeordneten regte sich aber Widerstand gegen die von der Regierung eingebrachte Vorlage.

Gewerkschaften unterstützten die Protestbewegung und riefen für Mittwoch zu einem neuen landesweiten Streik auf. Bereits im Januar waren Demonstranten in Jordanien auf die Straße gegangen, als die Preise für Brot und Benzin sowie die Steuern auf Zigaretten und Internetanschlüsse erhöht wurden. Der Benzinpreis wurde zuletzt zum fünften Mal in diesem Jahr heraufgesetzt, Stromrechnungen stiegen seit Februar um 55 Prozent.

Der IWF hatte 2016 für Jordanien eine Kreditlinie von 723 Millionen Dollar (617 Millionen Euro) bewilligt. Im Gegenzug verpflichtete sich das Königreich zu sogenannten Strukturreformen, um unter anderem seine Staatsschuld von 94 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) im Jahr 2015 bis zum Jahr 2021 auf 77 Prozent des BIP herunterzudrücken.

Das Königreich mit seinen rund zehn Millionen Einwohnern leidet schwer unter den Konflikten in den Nachbarstaaten Syrien und Irak. Hunderttausende Flüchtlinge suchten in den vergangenen Jahren Zuflucht in Jordanien. Nach Angaben der Regierung in Amman leben mehr als eine Million Syrer in den Flüchtlingslagern des Landes.

Amtlichen Angaben zufolge liegt die Arbeitslosenrate in Jordanien bei 18,5 Prozent, ein Fünftel der Bevölkerung lebt an der Armutsgrenze. Vom "Arabischen Frühling" des Jahres 2011, bei dem es in mehreren Ländern der Region zu Revolten kam, war Jordanien wenig betroffen. Allerdings hatte es in dem Jahr auch in dem Königreich Proteste gegeben, als die Regierung Zuschüsse für Benzin strich.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Unternehmen
Unternehmen Tarifkonflikt gelöst: Keine Lufthansa-Streiks zu Ostern
28.03.2024

Nachdem die Deutsche Bahn ihren Tarifkonflikt mit der Lokführergewerkschaft GDL in dieser Woche gelöst hat, scheinen auch bei der...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft „Made in Germany“ ist wieder gefragt - deutsche Exporte steigen deutlich
28.03.2024

Der Außenhandel in Deutschland hat wider Erwarten zu Jahresbeginn deutlich Fahrt aufgenommen. Insgesamt verließen Waren im Wert von 135,6...

DWN
Finanzen
Finanzen Der Ukraine-Krieg macht's möglich: Euro-Bonds durch die Hintertür
27.03.2024

Die EU-Kommission versucht, mehr Macht an sich zu ziehen. Das Mittel der Wahl hierfür könnten gemeinsame Anleihen, sogenannte Euro-Bonds,...

DWN
Politik
Politik Bundeswehr unterstützt Strukturwandel in der Lausitz
27.03.2024

In Bernsdorf im Landkreis Bautzen wird ein neues Logistik-Zentrum der Bundeswehr entstehen. Das entschied Verteidigungsminister Boris...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU blockiert Übernahme von ITA Airways und schützt Lufthansa vor sich selbst
27.03.2024

Brüssel hat neue Hürden für die Übernahme der italienischen Fluggesellschaft ITA Airways aufgestellt. Die dänische EU-Kommissarin...

DWN
Finanzen
Finanzen Gold verkaufen: So geht's und so erhalten Sie den besten Preis
27.03.2024

Der Goldpreis-Rekord liegt bei über 2.200 US-Dollar, erst kürzlich erreichte das Edelmetall dieses historische Hoch. Viele Goldbesitzer...

DWN
Finanzen
Finanzen Staatsschulden steigen - Ende 2023 bei fast 2,5 Billionen Euro
27.03.2024

Die öffentlichen Staatsschulden sind im vergangenen Jahr um 3,3 Prozent gestiegen. Die Verschuldung des Bundes nahm überdurchschnittlich...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Douglas-Börsengang: Was nach dem IPO für Anleger zu beachten ist
27.03.2024

Douglas wurde zum Börsenstart bei der Rückkehr auf das Frankfurter Parkett mit einer Marktkapitalisierung von 2,8 Milliarden Euro...