Politik

US-Regierung verschärft Kampf um höhere Öl-Preise

Lesezeit: 3 min
27.06.2018 00:38
Wetten auf den Ölpreis sind aktuell nur schwer zu treffen. Die US-Regierung verschärft daher den Druck auf den Iran.

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Die OPEC hat sich am vergangenen Wochenende darauf geeinigt, die Öl-Förderung um eine Million Barrel pro Tag anzukurbeln. Ausschlaggebend für diese Entscheidung ist nach Angaben der Financial Times die Aussicht, dass es im aktuellen Jahr ohnehin einen Rückgang bei den globalen Lieferungen geben wird.

Venezuelas wirtschaftliche und politische Krise hat die Produktion des OPEC-Mitglieds in den vergangenen zwölf Monaten bereits um 700.000 Barrel pro Tag reduziert, wodurch die Drosselung der Erzeugerpreise deutlich über ihren ursprünglichen Zielen lag und dazu beigetragen hat, die Preise im Mai 2018 über 80 US-Dollar pro Barrel anzuziehen.

Der Iran, der drittgrößte Produzent der OPEC, geht nach dem Rückzug der Trump-Regierung aus dem Atomabkommen und der Wiedereinführung der US-Sanktionen von einem Rückgang bei seinen Öl-Exporten aus. Inzwischen hat Libyen, ein weiteres Mitglied der OPEC, in den vergangenen 18 Monaten fast eine Million Barrel pro Tag produziert, bevor die erneuten bewaffneten Auseinandersetzungen in der vergangenen Woche zu einem Rückgang der Produktion um 400.000 Barrel pro Tag führten, da die Öl-Terminals von Ras Lanuf und Sidra im Osten des Landes nachhaltig beschädigt wurden.

Risikofaktoren Venezuela, Iran und Libyen

Paul Horsnell von Standard Chartered meint, dass es bis zum Ende des aktuellen Jahres in Venezuela, Iran und Libyen einen weiteren Rückgang der Öl-Produktion um 1,5 bis 2,3 Millionen Barrel pro Tag geben könnte. Horsnell zufolge könnte es in Venezuela einen weiteren Rückgang von 500.000 Barrel pro Tag, im Iran einen Rückgang von einer Million Barrel pro Tag und Libyen sogar einen Rückgang von 2,3 Millionen Barrel pro Tag geben.

Im April 2018 lag die ungenutzte Produktionskapazität der OPEC bei 3,5 Millionen Barrel pro Tag, wobei 60 Prozent dieser ungenutzten Produktionskapazität auf Saudi-Arabien entfallen. Der saudische Energieminister Khalid Al Falih, wies darauf hin, dass hauptsächlich Saudi-Arabien, seine Golf-Verbündeten und Russland die Produktion erhöhen werden, um diejenigen Länder zu ersetzen, die nicht genug produzieren können.

Die Auswirkungen auf den Öl-Preis dürften jedoch nach Angaben von Bassam Fattouh vom Oxford Institute for Energy Studies begrenzt sein. Die Ankündigung der OPEC-Staaten, die Produktion um eine Million Barrel pro Tag zu erhöhen, hat zwar einen Rückgang des Öl-Preises unter die 75-Dollar-Marke ausgelöst, doch dies werde ein „kurzlebiger” Prozess sein. „In einem aufstrebenden Markt, der von sinkenden Lagerbeständen und einer geringen Verfügbarkeit von Kapazitätsreserven gekennzeichnet ist, ist die Fähigkeit des Öl-Markts, unerwartete Störungen des Angebots (oder der Nachfrage) zu absorbieren, begrenzt”, fügt er hinzu.

Spekulanten sind verunsichert

Hedge-Fonds wetteten zu Beginn des Jahres darauf, dass die Öl-Preise steigen werden. Doch in den vergangenen zwei Monaten sind sie vorsichtiger geworden, indem sie eine Netto-Long-Position (Wette auf steigende Öl-Preise, Anm. d. Red.) über Brent und West Texas Intermediate um etwa ein Drittel zurückgenommen haben. Im Januar sagte Rob Thummel, Managing Direktor von Tortoise Capital Advisors LLC, der für 16 Milliarden US-Dollar an Investments im Energiebereich verantwortlich: „Es gibt eine Menge Interessen, die in Richtung Öl gehen. Es ist derzeit sinnvoll, auf steigende Ölpreise zu setzen.”

Unklar ist zum aktuellen Zeitpunkt, ob Hedge Fonds und Spekulanten die Ankündigung der OPEC, die Produktion zu erhöhen, als Anlass nehmen werden, um eine Long- oder Short-Position einzugehen. Im Normalfall würde eine Produktionserhöhung zum Rückgang der Öl-Preise führen. Doch die Tatsache, dass die Produktionserhöhung lediglich dazu gedacht ist, ausfallende Produktionen zu ersetzen, könnte die Spekulanten dazu veranlassen, eine Short-Position einzugehen.

Dem versucht offenbar die US-Regierung entgegenzuwirken, weil die USA wegen der eigenen Öl- und Gasproduktion auf höhere Preise setzen.

Als neue Maßnahme verlangte die US-Regierung am Dienstag von allen ausländischen Staaten, Öl-Importe aus dem Iran zu stoppen. Leisten sie nicht Folge, sollen ab dem 4. November Sanktionen verhängt werden, wie ein hochrangiger Mitarbeiter des Außenministeriums in Washington ankündigte.

US-Präsident Donald Trump hatte im Mai den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran erklärt - obwohl die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bestätigt, dass Teheran die 2015 getroffene Vereinbarung zur Begrenzung seines Nuklearprogramms einhält. Zugleich setzte Trump die aufgrund des Abkommens ausgesetzten US-Sanktionen wieder voll in Kraft.

Ausländischen Unternehmen mit Aktivitäten im Iran erlegte die US-Regierung unter Androhung von Sanktionen damals eine Frist von 90 bis 180 Tagen auf, sich aus dem Land zurückzuziehen. Durch den jetzt ultimativ verlangten Importstopp für iranisches Öl will die US-Regierung andere Länder noch stärker auf ihren Ausgrenzungskurs gegenüber dem Iran zwingen.

Ausnahmen von den Strafmaßnahmen wegen Öl-Importen werde es nicht geben, sagte der Ministeriumsvertreter. Das harte Vorgehen gegen den Iran, dem die USA ein fortbestehendes Streben nach Atomwaffen vorwerfen, sei "eine unserer Top-Prioritäten der nationalen Sicherheit". Die Reduktion der Öl-Importe müsse "jetzt" beginnen, damit bis zum 4. November deren komplette Einstellung erreicht sei.

Am Zustandekommen der Atomvereinbarung waren neben den USA auch Deutschland sowie die UN-Vetomächte China, Russland, Großbritannien und Frankreich beteiligt. Die übrigen Abkommenspartner des Iran wollen an der Vereinbarung festhalten.

Zudem haben die Europäer seit Mai ergebnislos versucht, von den USA Ausnahmeregelungen für zumindest manche ihrer im Iran engagierten Unternehmen gewährt zu bekommen. Der französische Energieriese Total, der französische Autobauer PSA und die dänische Reederei Maersk haben ihren Rückzug aus dem Iran inzwischen angekündigt.

Der Mitarbeiter des Außenministeriums bewertete dies als Beleg für die Effektivität von Trumps Kurs. Diese Firmen sähen den Iran als ein "zu riskantes Umfeld für ihre Geschäfte", bemerkte er.

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