Die Euro-Finanzminister haben sich gemeinsam mit dem IWF auf ein Hilfspaket zur Rettung der zyprischen Banken verständigt. Das ist eigentlich keine Überraschung.
Die Summe ist allerdings etwas niedriger ausgefallen als es sich die Zyprioten vorgestellt hatten. Zuvor waren Beträge zwischen zehn bis dreizehn Milliarden Euro im Gespräch.
Nun stellt sich die Frage nach den Bedingungen, die Zypern für diese Hilfe zu erfüllen haben wird. Hier ist insbesondere eine Zwangsabgabe von 9,9 Prozent für Privatanleger bei Einlagen von mehr als 100.000 Euro zu nennen. Das ist äußerst moderat, wenn man den Haircut für griechische Privatanleger denkt. Die griechischen Sparer reagierten allerdings mit Panik, am Samstag kam es zu einem Bank-Run (mehr hier).
Damals lag dieser Schnitt bei 50 Prozent. Insbesondere ausländische Investoren wie russische Oligarchen und britische Finanzinstitute, die die extrem niedrigen Steuersätze von 10 bis 12 Prozent nach Zypern gelockt hatten, kommen glimpflich davon. Schätzungen gehen hier von einem wesentlichen Anteil des gesamten Anlagevolumens von rund 70 Mrd. Euro bei zypriotischen Banken aus. Würde die Zwangsabgabe auf die gesamte Summe also erhoben, dann würde rund 6,93 Euro der Finanzhilfe letztendlich von den Privatanlegern über die Zwangsabgabe finanziert werden, wenn man unterstellt, dass nahezu die gesamten Einlagen oberhalb der 100.000 Euro Schränke lägen.
Blieben also dann nur noch knapp 3 Milliarden Euro die von den Steuerzahlern der übrigen Länder aufzubringen wären. Damit hätten sich die Kanzlerin und ihr Finanzminister grundsätzlich durchgesetzt, dass die Privatanleger an der zyprischen Bankenrettung beteiligt werden müssen. Allerdings bleibt hier offen, ob das Splitting der Konten mit mehr als 100.000 Euro auf mehrere Einzelkonten mit Anlagen unter 100.000 Euro diese Regelung nicht doch noch von raffinierten Anlegern mit tätiger Hilfe der zyprischen Banken unterlaufen werden kann. Inzwischen hat man sich ja daran gewöhnt, dass nichts so ist wie es scheint.
Konditionalitäten: Mehr Schein als Sein?
In den übrigen Bedingungen wie Anhebung der extrem niedrigen Steuersätze in Zypern auf ein erträgliches Niveau, um Zypern als On-shore Steueroase unattraktiver zu machen, sowie desweiteren verschärften Kontrolle von Geldwäsche bleibt abzuwarten, ob es gelingt hier wirksame Schranken den levantinischen Geldwäschern und Steuerhinterziehern zu setzen. Erst wenn hier eindeutige Resultate vorlägen, ließe sich beurteilen, ob es mit diesen Forderungen der Minister der Eurozone am Ende auch tatsächlich geklappt hat.
Wie bei anderen Bedingungen im Falle Griechenlands, Portugal und Irlands sowie Spaniens ist die Erfolgsgeschichte solcher Programme mehr als bescheiden. Sie dienen oftmals nur als Feigenblatt für die politische Legitimation der Finanzhilfen. Jedenfalls sind die versprochenen Maßnahmen bisher nirgendwo termingerecht und in vollem Umfang realisiert worden. Sie unterliegen einem ständigen Anpassungsprozess der Aufweichung. Warum sollte es diesmal anders sein?
Das Postulat kein Land der Eurozone bankrottgehen zu lassen, führt zwangsläufig dazu, dass man die Drohung genau dies durch Verweigerung weiterer Zahlungen aus dem EFSF/ESM eintreten zu lassen, de facto außer Kraft gesetzt hat. Am Ende flossen die Gelder, ob nun die Konditionalitäten erfüllt waren oder nicht. So wird es wohl auch hier wieder sein. Das Geld ist geflossen die Konditionalitäten wurden nicht erfüllt.
Jetzt bedarf es erneut wieder der Zustimmung des Deutschen Bundestags zum Rettungspaket Zyperns. Das wird vermutlich kein leichter Gang für die Kanzlerin. Schließlich fehlte Angela Merkel bei entsprechenden Abstimmungen dort immer wieder die Kanzlermehrheit. Nur mit Hilfe der Opposition waren die Rettungs-Pakete durchzubringen.
Die Oppositionsparteien SPD und Grüne haben bereits im Vorfeld Bedingungen im Falle Zypern gestellt, die erfüllt sein müssen, damit man einem Rettungspaket Zyperns zustimmen würde. Es hängt jetzt von deren poltischer Wertung ab, ob sie das vorliegende Verhandlungsergebnis als ausreichend ansehen werden. Es könnte zu Nachverhandlungen kommen, wenn dies nicht der Fall ist und die Kanzlermehrheit für Merkel auch nicht steht. Schließlich hat der Bundestagswahlkampf begonnen. Da wird man der Kanzlerin ja keinen leichten Erfolg gönnen.
Interessant wird die Reaktion der Märkte sein. Insbesondere die Frage: Was machen die Rating-Agenturen und die ISDA?
Wird wie im Falle Griechenlands erneut ein partieller Zahlungsausfall verkündet werden? Wie im Falle Griechenland würde dies die gleichen Prozeduren bei der ISDA auslösen. Werden mit Credit Default Swaps (CDS) besicherte Anlagen fällig gestellt, d.h. die Versicherer müssen den Versicherten den Schaden bezahlen? Werden inländische Anleger anders behandelt als ausländische? All das sind offene Fragen, die sich erst im Zuge der Umschuldung klären werden. Die Unsicherheit an den Finanzmärkten dürfte deswegen zunehmen.
Damit liegt der Ball vermutlich wieder bei EZB-Chef Mario Draghi. Zypern könnte nämlich zwischenzeitlich in eine finanzielle Schieflage geraten. Draghi könnte den bisher noch nicht eingesetzten OMT-Mechanismus auslösen und zypriotische Staatsanleihen aufkaufen: Hier wird Geld ohne Ende nach Zypern gepumpt, weil man ja nun das Feigenblatt der Reform-Zusage von den Zyprioten hat.
Wie würden dann die Öffentlichkeit, die Bundesbank und die Finanzmärkte darauf reagieren?
Wenn jetzt wieder einmal in den Medien vollmundig die Rettung Zypern verkündet wird, der verkennt, dass erst jetzt Prozesse in Gang gesetzt werden, die eine endgültige Lösung scheitern oder zumindest soweit erschweren können, dass es zu erheblich Verwerfungen kommen wird. Die Eurokrise ist noch lange nicht zu Ende. Im Gegenteil: Mit dem Beschluss vom Samstag nimmt das Drama erneut Fahrt auf.