Politik

Frankreich will Lager für Flüchtlinge in Mittelmeer-Staaten

Lesezeit: 2 min
29.06.2018 01:36
Frankreich hat am EU-Gipfel vorgeschlagen, Flüchtlinge und Migranten in Lagern in den südeuropäischen Staaten zu sammeln.
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Beim EU-Gipfel haben die Staats- und Regierungschefs in der Nacht zum Freitag versucht, die Blockade des Treffens durch Italien wegen des Streits um die Zuständigkeit für die Flüchtlingsaufnahme zu überwinden. Eine Gruppe von Ländern um Frankreich und Italien habe den Aufbau von "kontrollierten Zentren" zur Aufnahme von Flüchtlingen in EU-Staaten am Mittelmeer vorgeschlagen, teilten Diplomaten in Brüssel mit. Schutz- und asylberechtigte Migranten sollten von dort dann auf andere aufnahmebereite EU-Länder verteilt werden.

Italien hatte am Donnerstag jegliche Beschlüsse des EU-Gipfels auch außerhalb des Migrationsbereichs blockiert. Rom sieht sich als Hauptankunftsland für Flüchtlinge auf der Mittelmeerroute von den anderen EU-Staaten allein gelassen. Denn nach den EU-Regeln ist normalerweise das Erstankunftsland für Asylbewerber zuständig. Aus Protest hat Italien bereits Schiffen mit vor Libyen geretteten Flüchtlingen die Einfahrt in seine Häfen verweigert.

Ziel des Vorschlags für Aufnahme- und Verteilungszentren sei es, dem italienischen Wunsch nach "geteilter Verantwortung" für die Flüchtlinge Rechnung zu tragen, sagte ein Diplomat. Ein italienischer Regierungsvertreter sprach von "guten Nachrichten". Allerdings gebe es noch "einige Länder, die sich dem energisch widersetzen". Demnach geht es vor allem um osteuropäische Länder wie Ungarn.

Denn obgleich sich nur ein Teil der EU-Länder an dem Vorhaben beteiligten könnte, müssten zur Verabschiedung durch den Gipfel alle 28 EU-Staaten zustimmen, wie ein EU-Vertreter sagte. Mehrere osteuropäische Länder lehnen aber seit Jahren prinzipiell jegliche Umverteilung von Flüchtlingen in Europa ab.

Ob sich auch Deutschland auf freiwilliger Basis an einem solchen Plan beteiligen und gegebenenfalls die Aufnahme von Flüchtlingen zusagen könnte, blieb unklar. "Jeder spricht mit jedem", sagte ein Diplomat.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sucht bei dem Gipfel eigentlich politische Rückendeckung im deutschen Asylstreit mit der CSU. Ihr Ziel sind Vereinbarungen mit einzelnen EU-Staaten zur Rückführung bereits registrierter Asylbewerber. Ohne Einigung auf europäischer Ebene will Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sie in einem nationalen Alleingang an deutschen Grenzen zurückweisen. Die CSU hat Merkel eine Frist bis zum Wochenende gesetzt.

Italien stellte nach einem Treffen von Ministerpräsident Guiseppe Conte und Merkel am Donnerstagnachmittag aber gleichfalls die Bedingung, dass zunächst seine Forderungen beim Gipfel berücksichtigt werden müssten. Über die sogenannte Sekundärmigration könne nur in einem Gesamtpaket gesprochen werden, hieß es.

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