Politik

Futter-Knappheit: Viehbauern erhalten sofort Hilfsgelder

Viehbauern erhalten Hilfsgelder von den Landesregierungen und dem Bund.
01.08.2018 16:37
Lesezeit: 2 min

Angesichts drohender Futterknappheit für Vieh in vielen Regionen Deutschlands können Tierhalter mit schnellen Dürre-Nothilfen rechnen. Bundesagrarministerin Julia Klöckner (CDU) sprach am Mittwoch in Berlin von einer alarmierenden Situation und stellte rasche Unterstützung in Aussicht - auch um Notschlachtungen zu vermeiden. Die Länder sollen nun rasch Hilfsprogramme vorlegen, die der Bund dann flankieren will. Bei Getreide erwarten die Bauern inzwischen eine noch schlechtere Ernte als befürchtet und dringen auf Unterstützung. Klöckner bekräftigte aber, dass darüber erst nach der für Ende August geplanten amtlichen Erntebilanz zu entscheiden ist.

„Die Dürre trifft unsere Bauern in Deutschland sehr hart“, sagte die Ministerin, die auch das Kabinett über die Lage informierte. Die Schäden seien beträchtlich, aber je nach Region sehr unterschiedlich. Von Trockenheit betroffen seien vor allem der Norden und Osten. Genauere Einschätzungen nach Ländern wollte Klöckner noch nicht treffen. Manche Gegenden kämen auch „mit einem blauen Auge“ davon.

In vielen Regionen wird aber die Futterversorgung kritisch, wie die Ministerin erläuterte. So wächst einmal gemähtes Gras wegen der Dürre nicht für den sonst üblichen zweiten und dritten Schnitt nach. Auch Mais verkümmert. Viehhalter müssen Futter zukaufen, was aber gerade schwierig ist. Denn Osteuropa fällt als Markt weitgehend weg - aus Vorsicht wegen der dort auftretenden Afrikanischen Schweinepest. Es bleibt oft nur, recht teures Soja einzukaufen. Milchbauern haben nach jüngsten Preiskrisen aber kaum Rücklagen. Daher komme es auf schnelle Hilfen an. „Kühe fressen Futter und kein Geld“, sagte Klöckner.

Belastend kommt hinzu, dass zunehmende Schlachtungen auf die Preise drücken. „Wegen der Hitze haben die Leute wenig Appetit auf ein herzhaftes Steak“, sagte Fleischexperte Matthias Kohlmüller von der Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI). Normalerweise würden im Juni und Juli 17 000 bis 19 000 Kühe pro Woche geschlachtet. In den vergangenen Wochen seien es aber bis zu 22 000 Kühe gewesen. „Dieses Überangebot verschärft den Preisverfall noch zusätzlich“, sagte Kohlmüller. Auf die Verbraucherpreise habe dies aber keinen Einfluss.

Generell ist der Fleischkonsum im Sommer gebremst, viele Käufer sind auch im Urlaub. So verdienten die Bauern dann immer etwas weniger. In diesem Jahr sei die Nachfrage im Juli aber hitzebedingt noch mehr zurückgegangen als in vergangenen Jahren, sagte Kohlmüller. Gerade erhielten Bauern für Kühe 2,65 Euro pro Kilo Schlachtgewicht. Im August 2017 waren es 3,18 Euro. Nach Ferienende im Herbst könnten Bauern voraussichtlich wieder mit höheren Preisen rechnen.

Bei Getreide zeichnen sich nach einer neuen Ernte-Zwischenbilanz des Bauernverbands noch größere Einbußen ab. Statt zunächst geschätzter 41 Millionen Tonnen sei nur mit rund 36 Millionen Tonnen zu rechnen. Bauernpräsident Joachim Rukwied sprach von einem „katastrophalen Ausmaß der Dürreschäden“. Im vergangenen Jahr waren 45,6 Millionen Tonnen eingefahren worden. Wegen geringer Ertragsaussichten und Sorge um die Futterversorgung hätten einige Betriebe Getreide gehäckselt.

„Die aus unserer Sicht eindeutigen Zahlen lassen eine grundsätzliche Entscheidung über Dürrehilfen schon jetzt zu“, sagte Rukwied. Die Voraussetzungen für Finanzhilfen der Länder in besonders betroffenen Regionen seien klar erfüllt. Die Prognose enthält demnach inzwischen in großem Umfang auch tatsächliche Erntemengen. Der Bauernverband fordert bereits rasche Nothilfen von möglichst einer Milliarde Euro.

Zuständig für Finanzhilfen sind zuerst die Länder. Der Bund kann erst mit einspringen, wenn Schäden von „nationalem Ausmaß“ festgestellt werden. Zuletzt war dies 2003 wegen einer Dürre der Fall. Klöckner machte erneut klar, dass sie fundierte Daten statt Schätzungen braucht, ehe zusätzliches Steuerzahlergeld eingesetzt wird. Es sei richtig, die Ernte abzuwarten „und dann zu entscheiden, wie viel Geld fließen muss“, sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder (CDU). Er betonte mit Blick auf die «Ausnahmesituation» indes auch: „Wir sollten nicht kleinlich sein.“ Klöckner will am 22. August erneut dem Kabinett zur Lage berichten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Putins Imperium zerbröckelt: Aserbaidschan demütigt den Kreml – mit Hilfe der Türkei
10.07.2025

Aserbaidschan widersetzt sich offen Moskau, schließt russische Propagandakanäle und greift zur Verhaftung von Russen – ein Tabubruch in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Gasfeld vor Zypern könnte Europas Energiestrategie neu ausrichten
10.07.2025

Ein neues Erdgasfeld vor Zypern könnte zum Wendepunkt in Europas Energiepolitik werden.

DWN
Unternehmen
Unternehmen Baywa Milliardenverlust: Jahreszahlen zeigen das ganze Ausmaß der Krise beim Mischkonzern
10.07.2025

Jetzt ist der Milliardenverlust bei der Baywa amtlich: Das Minus von 1,6 Milliarden Euro ist vor allem auf Abschreibungen bei der...

DWN
Finanzen
Finanzen Trumps Rechnung für die Private-Equity-Branche: 79 Milliarden
10.07.2025

Donald Trumps Zollkurs und globale Kriege setzen der Private-Equity-Branche massiv zu. Was hinter dem dramatischen Kapitalschwund steckt...

DWN
Politik
Politik „Kleiner Lichtblick für die Ukraine“ nach Trumps Kehrtwende
10.07.2025

Der Kurswechsel der USA beim Waffenlieferprogramm für die Ukraine dürfte die Gespräche europäischer Staats- und Regierungschefs in...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Ostdeutsche Betriebsräte fordern Ende von Habecks Energiewende: Industriestandort gefährdet
10.07.2025

Nach dem Verlust von über 100.000 Industriearbeitsplätzen richten ostdeutsche Betriebsräte einen dramatischen Appell an Kanzler Merz....

DWN
Finanzen
Finanzen US-Schuldenkrise: Droht der Dollar-Kollaps? Was Anleger jetzt wissen müssen
10.07.2025

Die USA spielen mit dem Feuer: Zölle, Dollar-Schwächung und wachsende Schulden bedrohen das globale Finanzsystem. Doch es gibt Strategien...

DWN
Finanzen
Finanzen Hochsteuerland: Staat zockt Menschen ab - Von einem Euro bleiben Arbeitnehmern nur 47 Cent
10.07.2025

Bis zum 13. Juli arbeiten die Menschen in Deutschland in diesem Jahr nach Angaben des Bundes der Steuerzahler für die Staatskasse. Der...