Finanzen

Europas Börsen geraten in den Sog der Lira-Krise

Lesezeit: 2 min
10.08.2018 11:43
An den europäischen Börsen wächst die Unruhe wegen des Lira-Absturzes.
Europas Börsen geraten in den Sog der Lira-Krise

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Die Währungskrise in der Türkei hat am Freitag hohe Wellen an den europäischen Börsen geschlagen. Panikverkäufe ließen die Lira um mehr als zehn Prozent abstürzen, was auch den Euro mit nach unten zog. Er fiel um fast ein Prozent auf ein 13-Monats-Tief von 1,1430 Dollar. Auch Aktienanleger gingen in Deckung: Dax und EuroStoxx50 verloren jeweils mehr als ein Prozent, besonders Banken gerieten ins Straucheln. "Investoren verkaufen im großen Stil türkische Aktien und Anleihen und sorgen damit für immer mehr Abwertungsdruck", sagte Analyst Clemens Bundschuh von der Landesbank LBBW.

Der schon seit Tagen anhaltende Kursverfall der Lira spitzte sich im frühen Handel zu. Ein Dollar verteuerte sich auf 6,49 Lira und kostete damit so viel wie noch nie. Seit Jahresanfang hat sich der Wert der türkischen Währung in etwa halbiert. "Die Lira ist derzeit das größte Sorgenkind am Devisenmarkt", sagte Commerzbank-Analyst Lutz Karpowitz. Die Probleme des Landes seien hausgemacht. So hätte etwa die türkische Notenbank die Zinsen schneller anheben sollen. Ihr zögerliches Handeln habe die Inflation weiter angeheizt und den Abwertungsdruck auf die Währung verstärkt.

Experten halten jetzt ein Eingreifen der Zentralbank für notwendig. "Die angespannte Situation könnte durch ein beherztes Vorgehen der türkischen Notenbank abgemildert werden", sagte Chefökonom Thomas Gitzel von der VP Bank. "Nötig wäre eine kräftige Zinserhöhung, die zu erkennen gäbe, dass die Währungshüter am Bosporus gewillt sind, dem Verfall der heimischen Währung nicht tatenlos zuzusehen."

Bleibe dies aus, könne die Lage eskalieren und Kapitalverkehrskontrollen wären wahrscheinlich, warnte Analyst Karpowitz. "Wer nicht auf ein Einlenken von Erdogan setzen mag, sollte eine weitere massive Lira-Schwäche einplanen." Hintergrund Lira-Krise sind Sanktionen der USA gegen die Türkei wegen eines dort inhaftierten US-Pastors. Aber auch die politische Einflussnahme auf die Notenbank kommt bei Investoren nicht gut an.

Bank-Aktionäre mussten zum Wochenschluss besonders starke Nerven haben. Nach einem Bericht der Financial Times, wonach sich die EZB die Verbindungen der europäischen Geldhäuser zur Türkei anschaut, gaben die Titel der Institute deutlich nach. Besonders die in dem Artikel genannten Geldhäuser BBVA aus Spanien, UniCredit aus Italien und BNP Paribas aus Frankreich verbuchten Kursverluste von je rund vier Prozent. Die Titel der Deutschen Bank sackten um 3,4 Prozent ab, Commerzbank verloren 2,5 Prozent. "Es schwingt die Sorge mit, dass die europäischen Banken ihr Geld aus der Türkei nicht wiedersehen werden", sagte Analyst Jochen Stanzl vom Broker CMC Markets.

Im Nebenwerte-Index MDax brachen K+S-Aktien nach einer Gewinnwarnung um gut zehn Prozent ein. Der Salz- und Düngemittelhersteller rechnet damit, 2018 weniger zu verdienen als von Analysten erwartet.

Anleger wendeten sich auch von der irischen Billig-Airline Ryanair ab, die derzeit im größten Pilotenstreik ihrer Geschichte steckt. Der Lufthansa-Konkurrent strich rund 400 von etwa 2400 geplanten Flügen. Schwerpunkt des Ausstands war Deutschland. Der Kurs der Ryanair-Aktie gab mehr als zwei Prozent nach.

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..


Mehr zum Thema:  

DWN
Finanzen
Finanzen Der große Schuldenerlass wirft seinen Schatten voraus
05.06.2023

Angesichts stark steigender Schulden erwarten einige Analysten einen großen Schuldenerlass. Möglich sei, dass dieser global ausfällt....

DWN
Politik
Politik Hat von der Leyen Bulgarien Euro- Beitritt unter „Umgehung der Regeln“ in Aussicht gestellt?
05.06.2023

Ein angebliches Telefonat sorgt in Bulgarien für erhebliche politische Unruhe. Dabei soll EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen dem...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Jeder sechste Industriebetrieb verlagert Jobs und Produktion ins Ausland
05.06.2023

Der Industrieverband BDI schlägt Alarm: Jedes sechste Industrieunternehmen will Jobs und Produktion aus Deutschland abziehen. Die Politik...

DWN
Panorama
Panorama US-Kampfjets fangen Flugzeug nahe Washington D.C. ab
05.06.2023

Ein Kleinflugzeug nähert sich der US-Hauptstadt. Der Pilot reagiert nicht auf Ansprachen. Auch nicht auf Leuchtraketen. Kampfjets des...

DWN
Politik
Politik Grüne Planwirtschaft: Energie-Effizienz-Gesetz wird zum „Wachstumskiller“
05.06.2023

Das Ifo-Institut sieht durch das neue Energie-Effizienz-Gesetz eine Art Wirtschafts-Schrumpfungsprogramm auf uns zurollen. Das eigentliche...

DWN
Unternehmen
Unternehmen EU-Data-Act: Innovativ und souverän oder eher schädlich?
05.06.2023

Kleinen und mittelständischen Unternehmen werden laut Bestrebungen der EU-Kommission durch den Data Act bessere Wettbewerbsbedingungen...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Aufträge für deutsche Maschinenbauer brechen ein
05.06.2023

Deutsche Maschinenbauer haben mit einer anhaltend schlechten Auftragslage zu kämpfen. Nach einer leichten Erholung im Vormonat gab es im...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Unternehmen können sich bald für „Klimaschutzverträge“ bewerben
05.06.2023

Mit sogenannten „Klimaschutzverträgen“ will Wirtschaftsminister Habeck Unternehmen subventionieren, die auf eine klimafreundliche,...