Politik

Italien: EZB soll Staatsanleihen auf dem Primärmarkt erwerben

Lesezeit: 2 min
26.08.2018 00:37
Italien will die Aktivitäten zur Stabilisierung der Staatsfinanzen ausweiten.
Italien: EZB soll Staatsanleihen auf dem Primärmarkt erwerben

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Nach wie vor verfügt Italien über eine robuste industrielle Basis. Das Land hat die nach Deutschland höchste Industrieproduktion in der Eurozone. Der Handelsbilanzüberschuss von etwa 47 Milliarden Euro zeigt, dass italienische Produkte auch mit dem Euro konkurrenzfähig sind. Trotzdem plädieren viele italienische Ökonomen für eine Reform des Euro oder zumindest für eine stärkere Rolle der EZB.

Ein Austritt Italiens aus dem Euro stand hingegen nie ernsthaft zur Debatte, wie der Dirigente Generale dello Stato Giuseppe Rao den Deutschen Wirtschaftsnachrichten sagte. Tatsächlich waren die Rufe nach einem Referendum über die Eurozugehörigkeit des Landes noch während des letzten Wahlkampfes verklungen. Auch um die Einführungen sogenannter Mini- Bots – staatlich garantierten Wechseln, mit denen auch Steuerschulden beglichen werden könnten und die nur in Italien Gültigkeit hätten – ist es ruhiger geworden. Diese war von dem wirtschaftspolitischen Berater der Lega, Claudio Borghi, ins Spiel gebracht worden und finden auch bei anderen Ökonomen wie Antonino Galloni Zustimmung. Gleichwohl  erscheint eine baldige Einführung derartiger Mini- Bots unwahrscheinlich. Zudem sind die Schlüsselpositionen in der Regierung mit Euro- Befürwortern besetzt.

Aber auch ein Finanzminister Paolo Savona hätte nach allgemeiner Auffassung einen Euroaustritt Italiens nie ernsthaft in Erwägung gezogen. Die Aufregung, die es um die Personalie Savona gerade in Deutschland gegeben habe, ist aus Sicht vieler in Italien nur schwer nachvollziehbar.

Stattdessen hofft man, die EZB noch stärker im Sinne der italienischen Interessen einzuspannen. Der in Regierungskreisen gut vernetzte Ökonom Antonio Rinaldi meint, die EZB- Statuten sollten dahingehend verändert werden, dass die Zentralbank auch als "lender of last resort" auftreten und italienische Staatsanleihen nicht nur auf dem Sekundär- sondern auch auf dem Primärmarkt erwerben können solle. Es spräche auch nichts gegen eine höhere Inflation, wenn dadurch mehr Arbeitsplätze geschaffen würden. So sagte Rinaldi den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: "Mir sind 7 Prozent Inflation und eine Arbeitslosenquote von 2 Prozent lieber als 2 Prozent Inflation und eine Arbeitslosenquote von 7 Prozent."

So dürften die Pläne Italiens darauf abzielen, eine weitere Schuldenvergemeinschaftung innerhalb der Eurozone durchsetzen. Rinaldi geht davon aus, dass Deutschland den Euro nie aufgeben wird. Seiner Meinung nach verlöre die deutsche Industrie dann massiv an Wettbewerbsfähigkeit, weil eine neue deutsche Währung voraussichtlich stark gegenüber einer neuen italienischen Währung aufwerten würde.

Ein Austritt Italiens aus dem Euro hingegen bärge nicht nur das Risiko einer italienischen Staatspleite und spekulativer Attacken gegen die neue Währung, sondern würde wahrscheinlich auch die gesamte Eurozone sprengen. "Wenn Italien die Eurozone verließe, wäre es eine Frage weniger Tage bis Frankreich nachzieht. Dies würde sehr wahrscheinlich das Ende des Euro bedeuten." sagte der Ökonom Vladmiro Giacchè, der der Einheitswährung sehr kritisch gegenübersteht, den Deutschen Wirtschaftsnachrichten.

So sieht man sich in Italien gut beraten, seine Interessen innerhalb der Eurozone durchzusetzen. Dabei liegt der Fokus der Wirtschaftspolitik auch stark auf der Bekämpfung der Korruption, wie Sergio Nazzaro, der Sprecher der Staatssekretärin im Finanzministerium Laura Castelli den Deutschen Wirtschaftsnachrichten sagte. Dabei bleibt zunächst unklar, welche allgemeine wirtschaftspolitische Strategie die neue Regierung verfolgen wird und ob es einen Plan B für den Fall gibt, dass der Euro unvorgesehen auseinanderbricht. Laut Vladimiro Giacchè sollte die Regierung – so wie die niederländische - einen in der Schublade haben. Das Problem sei, dass die Investoren misstrauisch werden, sobald darüber öffentlich diskutiert wird.

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