Politik

Horst Seehofer deutet seinen Rücktritt an

CSU-Chef Horst Seehofer hat erstmals konkret von der Möglichkeit seines Rücktritts gesprochen.
21.10.2018 14:33
Lesezeit: 2 min

Die dpa berichtet:

Erstmals nach der CSU-Landtagswahlpleite hat Horst Seehofer einen möglichen Rücktritt als Parteichef angedeutet - wenn ihn seine Partei für den CSU-Absturz allein verantwortlich machen sollte. «Noch mal mache ich einen Watschnbaum nicht. Man kann mich kritisieren, aber das zu reduzieren auf den Horst Seehofer, und der ist für alles verantwortlich, das werde ich persönlich nicht mitmachen», sagte Seehofer am Sonntag im Bayerischen Fernsehen. «Eher stelle ich mein Amt als Parteivorsitzender zur Verfügung - ich glaube, klarer kann man sich nicht ausdrücken.»

Seehofer steht seit dem CSU-Absturz bei der Landtagswahl auf nur noch 37,2 Prozent und dem Verlust der absoluten Mehrheit parteiintern massiv unter Druck. Als erster der großen CSU-Bezirksverbände fordert die CSU Schwaben inzwischen einen Sonderparteitag, bei dem explizit über die «Aufstellung» für die kommenden Jahre entschieden werden müsse. Das hat der schwäbische Bezirksvorstand am Freitagabend beschlossen. Ähnlich war die Stimmung nach übereinstimmenden Teilnehmerangaben in einer Vorstandssitzung der Oberfranken-CSU. Und auch die CSU Oberbayern hat bereits einen Parteitag gefordert. Zudem fordern inzwischen schon drei Kreisverbände offen Seehofers Ablösung.

Seehofer wies eine Alleinverantwortung energisch zurück. «Das ist halt ein einfaches Geschäft: Wenn man auf einen anderen zeigen kann, muss man sich nicht mit sich selbst beschäftigen.» Das sei schon nach der Bundestagswahl 2017 so gewesen: «Obwohl ich gar nicht zur Wahl stand, in keiner Wahlsendung war, auf keinem Wahlplakat, war ich schon nach der Bundestagswahl der Hauptverursacher.»

Jetzt erlebe man eine Neuauflage, obwohl er weder den Wahlkampf gemanagt noch strategisch bestimmt habe, sagte Seehofer - ohne Ministerpräsident Markus Söder namentlich zu nennen. «Ich stehe zu meiner Verantwortung als Parteivorsitzender - aber ich übernehme sie nicht alleine.» Ihn ärgere die «oberflächliche Wahlanalyse» vieler. Seehofer wies auch den Vorwurf zurück, den Asylstreit mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) im Alleingang auf die Spitze getrieben zu haben.

Die scheidende Landtagspräsidentin Barbara Stamm kritisierte dagegen, das Thema Asyl und Flüchtlinge sei überhöht worden. Damit habe die CSU dazu beigetragen, dass die Ängste der Menschen nicht abgebaut worden seien, sagte sie dem Bayerischen Rundfunk. Jetzt müsse sich die CSU wieder stärker um die politische Mitte kümmern. Stamm schlug als Nachfolger Seehofers schon den Europapolitiker Manfred Weber vor.

Hingegen warnte der ehemalige bayerische Ministerpräsident Edmund Stoiber seine Partei vor schnellen Rücktrittsforderungen an Seehofer. Dem Nachrichtenmagazin «Focus» sagte der CSU-Ehrenvorsitzende, es gehe zunächst einmal darum, eine stabile Regierung zu bilden. Man brauche eine geordnete Debatte in der Partei.

Zuletzt hatte auch Theo Waigel, früherer Bundesfinanzminister und ebenfalls CSU-Ehrenvorsitzender, personelle Konsequenzen verlangt. «Verantwortung und Konsequenzen sind erforderlich: inhaltlich, strategisch und personell», schrieb er in einem Gastbeitrag für die «Süddeutsche Zeitung» und den «Münchner Merkur» (Freitag).

Seehofer hatte sich schon kurz nach der Landtagswahl offen für einen Parteitag gezeigt. Das will er aber mit den CSU-Bezirksvorsitzenden klären. Eigentlich läuft seine Amtszeit als CSU-Chef bis Ende 2019.

Unter Söders Führung verhandelt die CSU gegenwärtig mit den Freien Wählern über eine Koalitionsregierung. Dies müsse Priorität haben, hatten Seehofer, Söder und andere CSU-Spitzenpolitiker zuletzt immer wieder betont. Denn das Zeitfenster dafür ist eng: Die Frist für die Ministerpräsidentenwahl im Landtag läuft am 12. November aus.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeiten nach der Schule: Warum viele keine Ausbildung beginnen
19.07.2025

Schnell Geld verdienen statt jahrelang pauken – das klingt für viele junge Menschen verlockend. Doch wer direkt nach der Schule in den...

DWN
Politik
Politik Militär statt Frieden? Was das EU-Weißbuch 2030 wirklich bedeutet
19.07.2025

Mit dem Weißbuch „Bereitschaft 2030“ gibt die EU ihrer Sicherheitspolitik eine neue Richtung. Doch Kritiker warnen: Statt...

DWN
Politik
Politik Nordkoreas Kronprinzessin: Kim Ju-Ae rückt ins Zentrum der Macht
18.07.2025

Kim Jong-Un präsentiert die Zukunft Nordkoreas – und sie trägt Handtasche. Seine Tochter Kim Ju-Ae tritt als neue Machtfigur auf. Was...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Birkenstock: Von der Orthopädie-Sandale zur globalen Luxusmarke
18.07.2025

Birkenstock hat sich vom Hersteller orthopädischer Sandalen zum weltweit gefragten Lifestyle-Unternehmen gewandelt. Basis dieses Wandels...

DWN
Politik
Politik 18. Sanktionspaket verabschiedet: EU verschärft Sanktionsdruck mit neuen Preisobergrenzen für russisches Öl
18.07.2025

Die EU verschärft ihren wirtschaftlichen Druck auf Russland: Mit einem neuen Sanktionspaket und einer Preisobergrenze für Öl trifft...

DWN
Politik
Politik China investiert Milliarden – Trump isoliert die USA
18.07.2025

China bricht alle Investitionsrekorde – und gewinnt Freunde in aller Welt. Trump setzt derweil auf Isolation durch Zölle. Wer dominiert...

DWN
Finanzen
Finanzen Energie wird unbezahlbar: Hohe Strom- und Gaskosten überfordern deutsche Haushalte
18.07.2025

Trotz sinkender Großhandelspreise für Energie bleiben die Kosten für Menschen in Deutschland hoch: Strom, Gas und Benzin reißen tiefe...

DWN
Finanzen
Finanzen Finanzen: Deutsche haben Angst um finanzielle Zukunft - Leben in Deutschland immer teurer
18.07.2025

Die Sorgen um die eigenen Finanzen sind einer Umfrage zufolge im europäischen Vergleich in Deutschland besonders hoch: Acht von zehn...