Die gestiegenen Risiken für die Konjunktur gefährden auch die deutsche Bankenwelt, warnt die Bundesbank. Eine von der Bundesbank nicht vorhergesehene starke "Eintrübung" der wirtschaftlichen Lage könnte "Verwundbarkeiten" im Finanzsystem aufzeigen, schrieb die deutsche Zentralbank in ihrem diesjährigen Finanzstabilitätsbericht, den sie am Mittwoch in Frankfurt am Main vorstellte. Diese Verwundbarkeiten seien durch die gesunkenen Einnahmen aus den niedrigen Zinsen und die starke Kreditvergabe in der Hochkonjunktur entstanden.
Besonders eine Eskalation der internationalen Handelskonflikte sowie ein ungeordneter Brexit machen den Bundesbankern Sorgen. "Die Abwärtsrisiken für die wirtschaftliche Entwicklung sind also deutlich gestiegen", erklärte die Vizepräsidentin der Deutschen Bundesbank, Claudia Buch, laut Redemanuskript. Weltweit sei die Verschuldung des privaten und des öffentlichen Sektors heute deutlich höher als vor zehn Jahren. Der Spielraum der Regierungen in einigen Ländern, einen möglichen Konjunkturabschwung abzufedern, sei somit begrenzt.
Zwar hätten die Banken in den letzten Jahren Kapitalpuffer aufgebaut - diese könnten allerdings nicht ausreichen, wenn bei einem Abschwung Kreditausfälle, Neubewertungen von Vermögenspositionen und Zinsänderungen gleichzeitig eintreten würden. Diese Risiken könnten sich gegenseitig verstärken und zu einer übermäßigen Einschränkung der Kreditvergabe beitragen.
Damit tritt die Bundesbank deutlich mahnender auf als die EZB, die den meisten Banken in Europa in ihrem jüngsten Stresstest zwar keine überragende, aber doch eine krisensichere Ausstattung attestiert hatte.
Die Bundesbank sieht nun die Möglichkeit, dass die deutschen Banken von einer neuen Krise überrascht werden könnten: Wegen der guten Wirtschaftslage und einer geringen Zahl an Insolvenzen müssten die Banken bislang wenig Risikovorsorge etwa bei der Kreditvergabe betreiben. Das stütze die Erträge und damit das Eigenkapital der Banken. Steigt die Zahl der Insolvenzen, müssten die Banken aber wieder mehr Kapital zurücklegen, was die Puffer schmelzen lässt. Kurzfristig wären sie deshalb gezwungen, weniger Kredite zu vergeben, was die Wirtschaft weiter schädigen würde.
Auch seien wegen der billigen Kredite die Preise für Aktien, Anleihen und Immobilien derzeit sehr hoch. Diese Märkte könnten bei einem Abschwung und anziehenden Zinsen in sich zusammenfallen. Ein starker Zinsanstieg könnte viele Banken, die derzeit viele langfristige Kredite ausgegeben haben, gleichzeitig unter Druck setzen. Bleiben die Zinsen andererseits noch lange niedrig, verleite das die Banker zu immer risikoreicheren Anlagestrategien, um noch eine ordentliche Rendite zu erzielen.
Deshalb forderte Buch, dass die Banken stärker vorsorgen: "Gerade wirtschaftlich gute Zeiten ermöglichen es, dass ausreichende Abwehrkräfte gegenüber unerwarteten Entwicklungen aufgebaut werden".