Ungeachtet der jüngsten Zugeständnisse der Regierung und des Straßburger Anschlags wollen am Samstag tausende "Gelbwesten" in Frankreich ihre Proteste fortsetzen. Die Behörden erwarten neue Krawalle in Paris und mobilisieren in der Hauptstadt ein enormes Sicherheitsaufgebot von 8000 Polizisten und 14 gepanzerten Fahrzeugen. In Paris war es an den vergangenen Wochenenden zu teils bürgerkriegsähnlichen Zuständen bei den Protesten gekommen.
Staatschef Emmanuel Macron hatte Anfang dieser Woche als Reaktion auf die Proteste unter anderem eine Erhöhung des Mindestlohns verkündet. Die Regierung appellierte zudem an die Aktivisten, angesichts der angespannten Sicherheitslage auf neue Kundgebungen zu verzichten. Viele "Gelbwesten" wollen trotzdem protestieren, da ihnen die Zugeständnisse nicht ausreichen.
Der französische Innenminister Christophe Castaner sagte am Freitag, es sei an der Zeit, dass die Gelbwesten ihre Proteste einstellen und akzeptieren, dass sie ihre Ziele erreicht haben. Polizisten hätten auch eine Pause verdient, fügte er hinzu.
"Ich hätte lieber, dass die Polizei ihren wahren Job erledigt, Kriminelle verfolgt und die Bedrohung durch den Terrorismus bekämpft, anstatt einen Kreisverkehr zu sichern, wo einige tausend Menschen eine Menge Polizisten beschäftigen", zitiert euronews Castaner.
Der französische Regierungssprecher Benjamin Griveaux sagte, dass die Demonstrationen der Gelbwesten nicht verboten wurden. Doch er forderte die Demonstranten auf, "vernünftig" zu sein, nachdem Präsident Emmanuel Macron am vergangenen Montag eine Reihe finanzieller Erleichterungen angeboten hatte, darunter eine Anhebung des Mindestlohns und eine Steuersenkung für einkommensschwache Rentner.
Nach dem Anschlag in Straßburg "wäre es besser, wenn alle am Samstag vor den Feierlichkeiten zum Jahresende mit ihren Familien in aller Ruhe ihren Geschäften nachgehen könnten, anstatt zu demonstrieren", zitiert France 24 Griveaux.
"Die Strafverfolgung könnte aufgrund des jüngsten Terroranschlags erheblich abgelenkt werden zitiert Bloomberg Ryan DeStefano, Vizepräsident für Sicherheit bei On Call International. Darüber hinaus bieten Proteste eine günstige Gelegenheit für Radikale, um terroristische Aktivitäten unter dem Deckmantel eines friedlichen Protests durchzuführen", so DeStefano.
Jean-Luc Melenchon, Vorsitzender der LFI, sagte, er sei "überrascht", dass der Terroranschlag verwendet werden könnte, um diejenigen zu unterdrücken, die demonstrieren wollen. Die Chefin des Front National, Marine Le Pen erwähnte, dass die Gelbwesten "nicht für das terroristische Risiko verantwortlich" seien.
RTL Futur berichtet, dass Mitglieder der Gelbwesten der Regierung in Paris vorwerfen, den Terroranschlag ausnutzen zu wollen, um die Proteste gegen die Regierung zu unterdrücken. Die französische Polizei teilt über den Kurznachrichtendienst Twitter mit, dass derartige "Gerüchte" falsch seien.
Die New York Times berichtet, dass Unterstützer der Gelbwesten der Regierung vorwerfen, den Anschlag von Straßburg als "Ablenkung" einzusetzen versuchen, um die Proteste zu unterdrücken.