Die Bundesregierung unterstützt offenbar die Gründung einer nationalen Armee im Kosovo. "Der Kosovo hat als souveräner Staat das Recht, reguläre Streitkräfte zu schaffen", zitiert der EU Observer den Sprecher des Auswärtigen Amts, Rainer Breul. "Allerdings haben wir auch immer wieder deutlich gemacht, dass die Umwandlung der sogenannten Kosovo Security Forces, wie sie jetzt heißen, nicht übereilt erfolgen soll, sondern in einem inklusiven Prozess unter Einbeziehung der kosovo-serbischen Minderheit und in enger Konsultation mit der Nato und den Nato-Alliierten", so Breul am 14. Dezember 2018.
Ein Sprecher des Auswärtigen Amts sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten:
"Wir schauen uns die Gesetze jetzt genau an, die, wenn diese Meldungen stimmen, durch das Parlament gegangen sind. Nach unseren bisherigen Informationen handelt es sich dabei um einen Prozess, der über zehn Jahre hinweg aufgesetzt werden soll. Am Ende dieses Prozesses soll der Kosovo dann über defensiv ausgerichtete Streitkräfte verfügen. Die Streitkräfte werden zum Beispiel den serbischen um ein Vielfaches unterlegen sein. Eine Fortsetzung der engen Begleitung der Kosovo Security Forces durch die NATO halten wir für wünschenswert, auch mit Blick auf die regionale Stabilität.
Das Allerwichtigste zum Schluss: Wir haben hier ja letzte Woche auch schon über Kosovo und Serbien, über Entwicklungen, die uns Sorgen machen, und über Eskalationen auf beiden Seiten gesprochen. Wir appellieren an beide Seiten, Zurückhaltung zu üben. Die Verabschiedung der Gesetze darf nicht als Vorwand für weitere Eskalationen gelten. Uns ist wichtig, dass sich diese beiden Länder aufeinander zubewegen, ihr Verhältnis normalisieren und nicht Schritte unternehmen, die in die entgegengesetzte Richtung gehen.“
Der Bundestagsabgeordnete der Fraktion DIE LINKE, Andrej Hunko, sagte den Deutschen Wirtschaftsnachrichten: "Meinem Kenntnisstand zufolge hat die deutsche Bundesregierung den Aufbau der kosovarischen Armee unterstützt. Ich befürchte, dass dies die Spannungen auf dem Balkan verschärft. Diese Unterstützung entspricht einer unseligen Tradition: Schon 1999 beim völkerrechtswidrigen Krieg gegen die Bundesrepublik Jugoslawien, aus der der Kosovo hervorgegangen ist, hat Deutschland eine führende Rolle gespielt."
Die Bundestagsfraktion DIE LINKE kritisiert den Vorstoß. Die friedenspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, Kathrin Vogler, teilt in einer Mitteilung mit: "Die Pläne, die Sicherheitskräfte des Kosovo in eine förmliche Armee umzuwandeln, sind Gift für den Aussöhnungsprozess auf dem Balkan. Da die kosovarische Regierung ihre Pläne explizit damit begründet, dass die neuen Streitkräfte einen Beitrag zu Einsätzen im Rahmen der NATO leisten sollen, muss die Bundesregierung ihr ganzes diplomatisches Gewicht gegenüber den USA und insbesondere innerhalb der NATO dafür einsetzen, diese Pläne noch abzuwenden."
Der serbische Präsident Alexander Vucic macht die USA, Großbritannien, aber auch Deutschland für die Gründung der nationalen Armee im Kosovo verantwortlich. "Es ist auch klar, dass hinter all dem, was sie getan haben, die USA und Großbritannien gestanden haben und Deutschland für die Gründung der Kosovo-Armee mitverantwortlich ist. Wir sind enttäuscht, obwohl das keine Neuigkeit für uns ist", zitiert Balkan Insight Vucic.
Ungeachtet serbischer Drohungen hatte das Parlament im Kosovo am 14. Dezember 2018 den Aufbau einer eigenen Armee beschlossen, meldet die Nachrichtenagentur Reuters.
105 der insgesamt 120 Abgeordneten stimmten am Freitag für die Einführung der 5000 Mann starken Truppe, die eine bestehende leicht bewaffnete Katastrophenschutz-Einheit ersetzen soll. Der Aufbau einer regulären Armee ist von besonderer Brisanz, weil durch sie die Spannungen auf dem Balkan rund 20 Jahre nach dem Aufbegehren der Kosovo-Albaner gegen die serbische Herrschaft wieder zunehmen könnten. Die serbische Ministerpräsidentin Ana Brnabic hatte Anfang Dezember damit gedroht, dass der Kosovo mit der Einführung einer Armee eine militärische Intervention provozieren könnte.
Der Kosovo erlangte vor zehn Jahren seine Unabhängigkeit von Serbien. Die Führung in Belgrad erkennt die Eigenstaatlichkeit aber bis heute nicht an. Während die USA die Planung einer eigenständige Armee des Kosovo als historisch gelobt haben, kam von Seiten der Nato Kritik. Ein solcher Schritt sei bei den Bemühungen zur Schlichtung des weiter schwelenden Konflikts mit Serbien nicht hilfreich, hieß es zur Begründung.