Politik

Ungarn startet Programm gegen Bevölkerungs-Rückgang

Ungarns Premier Orban hat eine Reihe von Maßnahmen gegen die niedrigen Geburtenraten im Land angekündigt. So werden Mütter von vier Kindern auf Lebenszeit von der Einkommensteuer befreit.
13.02.2019 17:26
Lesezeit: 2 min

In Ungarn werden Frauen, die vier oder mehr Kinder haben, auf Lebenszeit von der Einkommensteuer befreit, verkündete Premier Viktor Orban am Sonntag in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation. Das Land will so dem andauernden Bevölkerungsrückgang entgegenwirken.

"In Europa werden immer weniger Kinder geboren", zitiert ihn die Financial Times. „Für den Westen ist die Einwanderung die Antwort. Für jedes fehlende Kind sollte eins hereinkommen und dann werden die Zahlen in Ordnung sein. Aber wir brauchen keine Zahlen. Wir brauchen ungarische Kinder.“

Neben Steuervorteilen nannte Orban weitere Maßnahmen, darunter Investitionen in die Gesundheitsfürsorge im Wert von 700 Milliarden Forint (2,2 Milliarden Euro), günstige Kredite für Neuverheiratete, die teilweise oder vollständig abgeschrieben werden können, wenn das Paar zwei oder drei Kinder bekommt.

So erhalten Frauen unter 40, die zum ersten Mal heiraten, den Anspruch auf ein Darlehen in Höhe von 10 Millionen Forint (31.000 Euro). Ein Drittel der Schulden wird erlassen, wenn ein zweites Kind geboren wird und der gesamte Kredit nach dem dritten Kind, sagte Orban, der selbst fünf Kinder hat.

Zudem verspricht Ungarns Regierung jungen Familien Geld für den Kauf eines Familienautos, mehr Kapazitäten bei den Kinderbetreuungseinrichtungen, Zuschüsse zu Hypotheken, die an die Geburt von Kindern gebunden sind, und eine Art Elternzeit für die Großeltern.

Zwar ging Orban in seiner Rede nicht näher auf die Kosten der angekündigten Maßnahmen ein. Doch laut einem Bericht von Reuters sagte Orbans Bürochef Gergely Gulyas am Freitag, dass neue Ausgaben aus allgemeinen Reserven oder aus Überschüssen im Haushalt 2019 finanziert würden.

Zoltan Torok, Analyst bei der ungarischen Einheit der Raiffeisen Bank, sagte, auf den ersten Blick könnten die Maßnahmen mehrere Dutzend Milliarden Forint kosten. Es sei aber unwahrscheinlich, dass das Haushaltsdefizit infolge der Maßnahmen drastisch ansteigt.

Im Januar wies Ungarns Haushalt einen Überschuss von 244,5 Milliarden Forint aus, der höchste Wert seit zwei Jahrzehnten. Für das Jahr 2019 wird ein Defizit von 1,8 Prozent erwartet. Orban versprach, das ungarische Wirtschaftswachstum weiterhin 2 Prozentpunkte über dem EU-Durchschnitt zu halten.

Im Hinblick auf die Ende Mai anstehende Europawahl kritisierte Orban die zuwanderungsfreundlichen Kräfte in Brüssel. Die Zuwanderung nach Europa werde dazu führen, dass Christen schließlich zu einer Minderheit werden. Orbans regierende Fidesz-Partei sieht sich in diesem Jahr neben den Wahlen zum EU-Parlament auch Kommunalwahlen gegenüber. In Umfragen liegt sie weiterhin deutlich vorn.

Laut der Denkfabrik Nezopont lag die Unterstützung für die Fidesz-Partei im Januar bei 39 Prozent aller Wähler, was weitgehend mit dem Meinungsforscher Median übereinstimmt, der die Unterstützung für Fidesz mit 38 Prozent angibt.

Am Sonntag, während Orban seine Rede zur Lage der Nation hielt, versammelten sich mehrere hundert Demonstranten vor dem Präsidentenpalast. Etwa hundert Demonstranten blockierten eine nahe gelegene Brücke über die Donau.

Nach Angaben der UN haben Ungarn und seine mittel- und osteuropäischen Nachbarn Slowenien, Kroatien, die Slowakei und Serbien die niedrigsten Geburtenraten der Welt. Zugleich verlassen viele gut ausgebildete Arbeitskräfte das Land, um im Westen höhere Löhne zu erhalten.

Nach aktuellen Schätzungen der Vereinten Nationen wird die ungarische Bevölkerung von 9,7 Millionen im Jahr 2017 auf 8,3 Millionen im Jahr 2050 zurückgehen. Dies wäre ein Rückgang um 15 Prozent.

Andere Länder der Region bieten ebenfalls Anreize für mehr Geburten. In Polen versprach die konservative Partei für Recht und Gerechtigkeit im Jahr 2015, Eltern für das zweite und jedes weitere Kind monatlich 500 Zloty (160 Euro) und damit ein Drittel des Nettomindestlohns zu zahlen. Die Initiative kostet mehr als 1 Prozent des polnischen BIP.

Im vergangenen Frühjahr hat Serbien, dessen Bevölkerung jährlich um 30.000 Menschen schrumpft, einen Fonds geschaffen, um Zahlungen im Wert von 12.000 Dinar (100 Euro) für Familien mit drei Kindern und 18.000 Dinar (150 Euro) für Familien mit vier Kindern bereitzustellen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Plankenhorn GmbH Maschinenbau: Ein Mittelständler zeigt, wie Digitalisierung den Erfolg antreibt
23.05.2025

Kleine und mittelständische Unternehmen stehen heute vor der Herausforderung, ihre Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Zeitalter zu...

DWN
Politik
Politik Rente: Zusätzliche Mittel vom Bund könnten Beiträge senken
23.05.2025

Rente in Gefahr? Milliarden fehlen im System, obwohl der Staat zahlt. Doch was, wenn er mehr gäbe? Stehen Beiträge und Rentenniveau vor...

DWN
Finanzen
Finanzen Börse aktuell: DAX bricht nach Zolldrohung von Trump ein – wie sollten Anleger jetzt reagieren?
23.05.2025

Durch Trumps neue Zolldrohungen gerät die Börse aktuell aus dem Takt. Der DAX bricht ein, der Goldpreis legt zu. Und was bedeutet das...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Trump plant 50-Prozent-Zölle auf EU-Waren ab Juni - Verhandlungen laufen
23.05.2025

Die USA erhöhen den Druck auf Europa. Präsident Trump droht mit drastischen Zöllen auf EU-Waren. Wird daraus ein Handelskrieg – oder...

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerpauschalen - diese 10 Pauschalen sollten Sie kennen
23.05.2025

Sie müssen nicht alle Kosten in Ihrer Steuererklärung konkret angeben, denn es gibt für viele Fälle Steuerpauschbeträge. Wir stellen...

DWN
Technologie
Technologie Heizungsgesetz-Reform sorgt für hitzige Diskussionen im Bundestag
23.05.2025

Die Heizungsgesetz-Reform bleibt auch nach dem Regierungswechsel ein Reizthema. Wie entwickelt sich die Gesetzgebung weiter?

DWN
Politik
Politik Merz bei Brigade in Litauen: Jeder Zentimeter Nato-Gebiet wird verteidigt
23.05.2025

Die Stationierung der Brigade Litauen markiert eine sicherheitspolitische Wende für Deutschland und Europa. Ist das die Antwort auf...

DWN
Technologie
Technologie Elon Musk digitalisiert die US-Regierung – und entlässt dabei zehntausende Mitarbeiter per Algorithmus
23.05.2025

Was als Effizienzprogramm begann, entwickelt sich zur Machtprobe zwischen Technologie, Datenschutz und Demokratie. Wie KI das Herz der...