Der neue Audi-Chef Bram Schot stimmt die Belegschaft und das Management der Volkswagen-Tochter auf harte Zeiten ein. Audi habe in den vergangenen zehn Jahren Fett angesetzt, sagte er am Donnerstag in Ingolstadt. "Aber wir müssen Muskeln aufbauen." Mit einer verstärkten Zusammenarbeit innerhalb des VW-Konzerns und einem Stellenabbau will der Niederländer in den kommenden Jahren bis zu 15 Milliarden Euro herausholen, zehn Milliarden davon über Kostensenkungen. "Dazu müssen sie unter jeden Stein schauen", sagte Finanzvorstand Alexander Seitz. Wie viele der 90.000 Arbeitsplätze bei Audi in Gefahr seien, wollte er nicht sagen. "Wir werden sicher nicht wachsen wie in den vergangenen zehn Jahren."
Schot war im vergangenen Jahr nach der Verhaftung von Audi-Chef Rupert Stadler im Zuge des Diesel-Skandals an die Spitze des Oberklasse-Herstellers gerückt. Neben der teuren Affäre um manipulierte Abgaswerte von Dieselmotoren musste er die Umstellung auf den neuen Abgasstandard WLTP bewältigen, die im VW-Konzern besonders holprig verlief. Daraus habe Audi bereits Konsequenzen gezogen. "Wir haben uns sehr grundsätzlich unser Produktportfolio angeschaut und haben gesehen, dass wir zu breit und zu tief sind", sagte Schot. Als erstes seien 30 Prozent der Varianten bei Motoren und Getrieben gestrichen worden.
WLTP habe Audi im vergangenen Jahr allein eine Milliarde Euro gekostet. 1,2 Milliarden verschlang der Diesel-Skandal, in dem Audi ein Bußgeld von 800 Millionen Euro für die Manipulation zahlen musste. Das drückte das operative Ergebnis um ein Viertel auf 3,5 Milliarden Euro. Die Umsatzrendite fiel auf 6,0 (2017: 7,8) Prozent, sie wäre aber auch ohne den Skandal unter der Zielmarke von acht bis zehn Prozent geblieben. "Wir können mit unserer Performance nicht zufrieden sein", sagte der Audi-Chef. "Unternehmerisch haben wir vor allem WLTP als den ultimativen Stresstest nicht bestanden." Die Verkaufszahlen schrumpften um 3,5 Prozent auf 1,81 Millionen Audi-Fahrzeuge.
Auch im neuen Jahr hat Audi an der Zulassung der Motoren zu knabbern. "Wie schleppen eine Lücke im Auftragsbestand mit." 2019 werde ein "Übergangsjahr". Audi werde sich daher mit einer operativen Rendite von 7,0 bis 8,5 Prozent begnügen müssen. Im nächsten Jahr visiert Finanzchef Seitz aber die neun bis elf Prozent an, die sich Audi künftig vorgenommen hat. Der Umsatz werde aufgrund von Wechselkurseffekten nur leicht über dem Vorjahreswert von 53,6 Milliarden Euro liegen, der Absatz soll ebenfalls leicht steigen.
Schot blieb vage, wo er den Hebel ansetzen will. "Wir packen Ineffizienzen an. Und wir müssen Synergien viel mehr nutzen als bisher", sagte er. Unter anderem soll die konzerninterne Zusammenarbeit mit dem Sportwagenbauer Porsche ausgebaut werden. Die Produktpalette werde ausgedünnt. "Es wird Dinge geben, die wir in Zukunft nicht mehr machen." Audi müsse sich stärker auf das Kerngeschäft konzentrieren und die Produktivität verbessern.
Ein Konzept will Schot am 23. Mai auf der Hauptversammlung vorstellen.
Über einen möglichen Stellenabbau verhandelt Audi derzeit mit den Betriebsräten und Gewerkschaften, wie Personalchef Wendelin Göbel sagte. Es gehe darum, die deutschen Standorte in Ingolstadt mit 44.000 und Neckarsulm mit 17.000 Mitarbeitern zu schützen. "Sie sind das Rückgrat von Audi, und das soll auch so bleiben." Bei jeder Stelle werde geprüft, ob sie wieder besetzt werden soll. Seitz setzt vor allem auf Fluktuation und Altersteilzeit. Die Beschäftigungsgarantie bis 2025 gelte. Auch das Management muss "schneller und schlanker" werden, forderte Vorstandschef Schot. "Ich brauche Geschwindigkeit. Sonst sind wir zu spät." Audi habe sich zu stark mit internen Strukturen beschäftigt.
Die deutsche Automobilindustrie steckt inzwischen in der Krise. Ein wichtiger Faktor dabei ist die Tatsache, dass die Nachfrage nach Autos im wichtigen chinesischen Markt seit Monaten zurückgeht. Hinzu kommt der Feldzug gegen den Diesel-Antrieb und eine Eintrübung der Weltkonjunktur.