Politik

Brexit: Großbritannien will Austritts-Termin auf Ende Juni verschieben

Die britische Premierministerin Theresa May hat um eine Verschiebung des anstehenden Brexit gebeten.
20.03.2019 13:14
Lesezeit: 2 min

Neun Tage vor dem geplanten Austrittstermin hat die britische Premierministerin Theresa May bei der EU einen Brexit-Aufschub bis zum 30. Juni beantragt. Allerdings stieß sie damit umgehend auf Ablehnung bei der EU-Kommission, die wegen der Europawahl nur die Möglichkeit einer Verlängerung bis zum 23. Mai oder bis Ende des Jahres sieht. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker habe May in einem Telefonat darauf hingewiesen, dass Großbritannien bei einer Verlängerung der EU-Mitgliedschaft über den 23. Mai hinaus an der Wahl teilnehmen müsse, sagte eine Kommissionssprecherin. Am Donnerstag und Freitag beraten die Staats- und Regierungschefs der EU über den britischen Antrag. Einer Verschiebung des für den 29. März geplanten Austritts müssen alle 27 EU-Partner zustimmen. Juncker brachte bereits einen Sondergipfel in der kommenden Woche ins Gespräch.

May ist mit ihrem Brexit-Vertrag schon zwei Mal im Unterhaus gescheitert, und eine Mehrheit ist weiter nicht in Sicht. Angesichts dessen hatte das Parlament vergangene Woche die Regierung aufgefordert, einen Aufschub zu beantragen, um einen ungeregelten Brexit mit unabsehbaren wirtschaftlichen und politischen Folgen zu vermeiden.

In einer turbulenten Unterhaus-Sitzung sagte May, sie sei nicht bereit, den Austritt über den 30. Juni hinaus zu verschieben. Die Regierung plane, nach dem EU-Gipfel einen dritten Anlauf zu unternehmen, für ihren Brexit-Vertrag im Unterhaus eine Mehrheit zu bekommen. Sollte diese zustande kommen, werde die Verschiebung dem Unterhaus Zeit verschaffen, die Ausführungsgesetze zu beraten. "Wenn nicht, wird das Unterhaus entscheiden müssen, wie es weitergehen soll." Die Verschiebung des Brexits schließe die Option eines ungeregelten Austritts nicht aus. Niemand habe ein Interesse daran, dass Großbritannien an der Europawahl teilnehme. Die Vorstellung, dass in Großbritannien neue Europa-Abgeordnete gewählt würden, sei inakzeptabel.

DÄNEMARK: UNMUT BEI EU-PARTNERN WÄCHST

Die oppositionelle Labour-Partei kritisierte, mit ihrem Antrag auf einen nur kurzen Aufschub zwinge May die Abgeordneten, sich zu entscheiden zwischen der Annahme des zwei Mal abgelehnten Abkommens oder dem ungeregelten Brexit. Labour will den Verbleib des Landes in der Zollunion und darüber hinaus eine enge Ausrichtung an der EU. Die Brexit-Hardliner in Mays Konservativer Partei sperren sich gegen einen längeren Aufschub, weil sie darin die Gefahr sehen, dass es dann keinen Brexit geben könnte.

Die Bundesregierung begrüßte den "klaren Antrag" Großbritanniens. Nun müssten die Verhandlungen auf dem Gipfel abgewartet werden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert unter Verweis auf die nötige Einstimmigkeit.

Die EU-Kommission forderte die Staats- und Regierungschefs auf, sich zwischen einer Verschiebung bis zum Beginn der Europawahl am 23. Mai oder bis zum Jahresende zu entscheiden. Die EU sollte nur einen neuen Austrittstermin anbieten, da ansonsten die Ungewissheit auf unbestimmte Zeit verlängert werde, heißt es in einem Kommissionspapier, das Reuters einsehen konnte.

Während Österreichs Bundeskanzler Sebatsian Kurz und der schwedische Regierungschefs Stefan Löfven Zustimmung für eine Verlängerung der Frist signalisierten, verwies der dänische Ministerpräsident Lars Lokke Rasmussen darauf, dass bei den EU-Partnern der Unmut über das Vorgehen der Briten wachse. Eine Entscheidung auf dem EU-Gipfel in den kommenden beiden Ttagen scheint daher fraglich. Juncker hatte im Deutschlandfunk gesagt: "Meine Einschätzung heute Morgen 08.15 Uhr ist, dass wir diese Woche nicht zu Potte kommen, sondern uns nächste Woche noch einmal treffen müssen." Solange nicht klar sei, "wozu Großbritannien Ja sagen könnte, können wir auch zu keiner Beschlussfassung kommen", sagte Juncker und gab sich unnachgiebig. "Das Ende der Fahnenstange ist erreicht." Die EU habe sich intensiv auf Großbritannien zubewegt. Es gebe keine Nach- oder Neuverhandlungen und auch keine weiteren Zusatzversicherungen.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik EU im Abseits: Trump bevorzugt London und Peking – Brüssel droht der strategische Bedeutungsverlust
12.05.2025

Während Washington und London Handelsabkommen schließen und die USA gegenüber China überraschend Konzessionen zeigen, steht die EU ohne...

DWN
Panorama
Panorama Nach Corona nie wieder gesund? Die stille Epidemie der Erschöpfung
12.05.2025

Seit der Corona-Pandemie hat sich die Zahl der ME/CFS-Betroffenen in Deutschland nahezu verdoppelt. Rund 600.000 Menschen leiden inzwischen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Machtkampf der Tech-Eliten: Bill Gates attackiert Elon Musk – „Er tötet die ärmsten Kinder der Welt“
12.05.2025

Ein milliardenschwerer Konflikt zwischen zwei Symbolfiguren des globalen Technologiekapitalismus tritt offen zutage. Der frühere...

DWN
Politik
Politik Pflege am Limit? Ministerin fordert Reform für mehr Eigenverantwortung
12.05.2025

Pflegekräfte sollen mehr dürfen und besser arbeiten können – das fordert Gesundheitsministerin Nina Warken zum Tag der Pflegenden....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Milliarden ungenutzt: Irischer Top-Investor fordert Einsatz von Pensionsgeldern zur Stärkung europäischer Technologie
12.05.2025

Die europäische Technologiebranche droht im globalen Wettbewerb ins Hintertreffen zu geraten. Der Grund: Staatlich geförderte...

DWN
Politik
Politik Geheime Waffenlieferungen: Kritik an Intransparenz – Ukrainischer Botschafter lobt Merz’ Kurs
12.05.2025

Die neue Bundesregierung unter Friedrich Merz hat entschieden, Waffenlieferungen an die Ukraine künftig wieder geheim zu halten – ein...

DWN
Politik
Politik SPD-Spitze im Umbruch: Bas spricht von historischer Verantwortung
12.05.2025

Die SPD steht nach dem desaströsen Wahlergebnis von 16,4 Prozent bei der Bundestagswahl vor einem umfassenden Neuanfang. In Berlin haben...

DWN
Politik
Politik Beamte in die Rente? SPD und Experten unterstützen Reformidee
12.05.2025

Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas erhält Unterstützung aus der SPD für ihren Vorschlag, künftig auch Beamte, Selbstständige und...