Am US-Anleihemarkt stehen die Zeichen auf Rezession. Die Renditen kurzfristiger Staatsanleihen waren am Freitag erstmals seit zwölf Jahren wieder höher als bei langfristigen. Fachleute sprechen von einer inversen Zinsstruktur, die sie als Zeichen eines nahenden Konjunktureinbruchs werten.
So warfen dreimonatige Bonds erstmals seit dem Sommer 2007 wieder mehr ab als zehnjährige. Die Kurzläufer rentierten bei 2,460 und die Langläufer bei 2,450 Prozent. Üblicherweise steigt die Verzinsung mit der Laufzeit. "Die Realität sieht so aus, dass der Markt in den nächsten zehn Jahren im Durchschnitt niedrigere Zinssätze erwartet als derzeit", sagte Zinsstratege Jon Hill vom Vermögensverwalter BMO Capital. "Und es ist eine Kombination aus einer zurückhaltenden Fed und anhaltenden globalen Wachstumsbedenken."
Auslöser für die verstärkten Konjunktursorgen waren am Freitag schwache Wirtschaftsdaten aus Deutschland und den USA. Der deutsche IHS-Einkaufsmanagerindex fiel im März um 2,9 auf 44,7 Punkte. Von Reuters befragt Ökonomen hatten einen Anstieg auf 48,0 Punkte erwartet. Erst bei mehr als 50,0 signalisiert das Barometer ein Wachstum. Das Stimmungsbarometer für das verarbeitende Gewerbe in den USA fiel um 0,5 Prozent auf 52,5 Punkte, statt wie erwartet bei 53,6 zu liegen.
Vor allem der Zollstreit zwischen den USA und China sorgt seit Monaten für Verunsicherung in der Wirtschaft. An den Aktienmärkten ging es am Freitag weiter abwärts. Dax und EuroStoxx verloren jeweils knapp ein Prozent, an den US-Börsen ging es bei Dow Jones & Co ebenfalls um rund ein Prozent nach unten. Investoren griffen hingegen zu Anleihen, vor allem zu der als sicher geltenden Bundesanleihe. Die Rendite der viel beachteten zehnjährigen Titel fiel im Gegenzug erstmals seit zweieinhalb Jahren wieder unter die Null-Prozent-Marke auf bis zu minus 0,001 Prozent. Das bedeutet, dass die Anleger dafür bezahlen müssen, dass sich vom deutschen Staat Geld leihen dürfen. Die 30-jährigen Titel steuerten auf den größten Rendite-Rückgang seit September 2016 zu.
ZINSKURVE SORGTE BEI FED FÜR DISKUSSIONEN
Das Schreckgespenst einer inversen Zinsstrukturkurve beschäftigt auch die US-Notenbank Fed bereits seit längerem: Schon Mitte vorigen Jahres hatten die Währungshüter mitten in der Phase aggressiver Zinserhöhungen eine breite Diskussion darüber geführt, ob sich anhand solcher Marktdaten Risiken für eine möglicherweise drohende Rezession ableiten ließen. Damals war der Renditeabstand zwar abgeschmolzen, hatte sich aber noch nicht zugunsten der kurzlaufenden Zinsen umgekehrt.
Eine Reihe von Fed-Führungsmitgliedern plädierte seinerzeit dafür, die Kurve weiter genau im Auge zu behalten Zuletzt hat die Fed eine Leitzins-Pause eingelegt und signalisiert, angesichts der unsicheren Konjunkturaussichten 2019 stillzuhalten. An den Märkten rechnen Händler nun für das Jahresende sogar mit einer Zinssenkung: Die Chancen dafür werden auf 54 Prozent taxiert. Für Anfang 2020 wird die Wahrscheinlichkeit dafür auf 62 Prozent geschätzt.