Politik

Die Monroe-Doktrin richtet sich offiziell gegen China

Die Monroe-Doktrin der USA richtet sich gegen China. Das Reich der Mitte soll aus Lateinamerika isoliert werden - wirtschaftlich und politisch.
15.05.2019 15:38
Lesezeit: 4 min
Die Monroe-Doktrin richtet sich offiziell gegen China
Der Bereich der westlichen Hemisphäre. (Grafik: US-Außenministerium)

John Bolton, Sicherheitsberater des US-Präsidenten, hatte am 17. April 2019 angekündigt, in der westlichen Hemisphäre (Nord- und Südamerika) die Monroe-Doktrin umzusetzen. Bolton wörtlich: “Diese unglaubliche Region [Lateinamerika - Anm. d. Red.] muss frei von innerer Despotie und äußerer Herrschaft bleiben (...) Das Schicksal unserer Nationen wird nicht von fremden Mächten diktiert werden; sie (die Nationen Lateinamerikas, Anm. d. Red.) werden von den Menschen geprägt sein, die diese Hemisphäre ihr Zuhause nennen. Heute verkünden wir stolz und hörbar für alle: Die Monroe-Doktrin lebt und ist gut.”

Der Monroe-Doktrin zufolge ist es externen Mächten außerhalb Lateinamerikas nicht erlaubt, sich in die inneren Angelegenheiten der lateinamerikanischen Nationen einzumischen. Von dieser Regel der Monroe-Doktrin sind die USA ausgenommen. Mehrere Indizien sprechen dafür, dass die USA mit der Monroe-Doktrin in erster Linie China aus Lateinamerika, und insbesondere Venezuela, isolieren möchten.

Diesen Ansatz hatte im Februar 2017 auch der damalige US-Außenminister Rex Tillerson offen ausgesprochen. Tillerson warnte die lateinamerikanischen Länder vor einem übermäßigen Vertrauen in die Wirtschaftsbeziehungen mit China und sagte, die Region brauche keine neuen “imperialen Mächte”. Die wachsende Präsenz Russlands in der Region sei ebenfalls “alarmierend”.

“Heute gewinnt China in Lateinamerika an Einfluss. Das Land nutzt seine wirtschaftlichen Staatsfertigkeiten, um die Region in seine Umlaufbahn zu bringen. Die Frage ist: Zu welchem Preis?”, zitiert das Journal Foreign Policy Tillerson.

Zu den Handelsbeziehungen zwischen China und den Nationen Lateinamerikas sagte Tillerson: “Obwohl diese Handelsbeziehungen Vorteile gebracht hat, haben die von vielen Chinesen angewandten unfairen Handelspraktiken auch den Fertigungssektoren dieser Länder geschadet, was zu Arbeitslosigkeit und niedrigeren Löhnen für die Arbeitnehmer geführt hat. Chinas staatliches Entwicklungsmodell erinnert an die Vergangenheit. Es darf nicht die Zukunft dieser Hemisphäre sein.”

Diese Aussagen von Tillerson kamen kurz vor seiner Lateinamerika-Reise nach Mexiko, Argentinien, Peru, Kolumbien und Jamaika. Im Jahr 2013 hatte Tillersons Vorgänger John Kerry noch erklärt, dass die Ära der Monroe-Doktrin vorbei sei, berichtet das Wall Street Journal.

Monroe-Doktrin gegen China in Lateinamerika

Für China spielt Lateinamerika unter anderem als Absatzmarkt für seine Produkte eine wichtige Rolle. Wenig bekannt ist, dass auf den Straßen Lateinamerikas zahlreiche Fahrzeuge des chinesischen Modells JAC fahren. Besonders präsent sind die chinesischen Autohersteller in Argentinien, Brasilien, Kolumbien, China und Chile. Eine Markteinführung chinesischer Autos ist auch in Guatemala, Costa Rica und Panama gelungen, berichtet Global Fleet.

Im Jahr 2018 veröffentlichte Brand Finance ein Ranking mit den wertvollsten Automobilmarken der Welt. JAC belegte weltweit den 56. Platz, berichtet Automotive World. Bloomberg zufolge investieren die Chinesen auch in zahlreiche lateinamerikanische Technologiefirmen, was auf dem Kontinent zu einem regelrechten “Technologie-Boom” geführt habe.

Die Darlehensvergabe der China Development Bank und der chinesischen Eximbank betraf bis vor kurzem hauptsächlich die Infrastruktur und den Energiesektor. In den vergangenen Jahren war das Volumen der chinesischen Entwicklungskredite an Lateinamerika und die Karibik jedoch höher als die Kredite der Weltbank, der Interamerikanischen Entwicklungsbank (IDB) und der CAF-Entwicklungsbank Lateinamerikas zusammen.

Von den geschätzten 140 Milliarden US-Dollar, die China seit 2005 an Lateinamerika in Form von Krediten vergeben hat, gingen über 90 Prozent in vier Länder - Venezuela, Brasilien, Argentinien und Ecuador. Mehr als 80 Prozent der ausländischen Direktinvestitionen Chinas gingen nach Brasilien, Peru und Argentinien, wobei Mexiko in den vergangenen Jahren auch als Ziel für Produktions-Investitionen aufgestiegen ist, so das US-Magazin Americas Quarterly.

Die Direktinvestitionen in der Region stiegen von fast Null im Jahr 2005 auf 110 Milliarden US-Dollar im Jahr 2018. Der Schwerpunkt lag zunächst auf der Rohstoffindustrie (Öl, Gas, Kupfer, Eisenerz). Doch derzeit fließt mehr als die Hälfte der Direktinvestitionen in den Dienstleistungssektor. Das Streben chinesischer Investoren nach Möglichkeiten in den Bereichen Verkehr, Finanzen, Stromerzeugung und -übertragung, Informations- und Kommunikationstechnologie sowie alternative Energiedienstleistungen für lokale Märkte nimmt rasant zu.

Venezuela nimmt aus dem Blickwinkel der chinesischen Investitionen eine Sonderstellung ein. China hat etwa 70 Milliarden US-Dollar in Form von Darlehen sowie sozialen Projekten und in die Instandhaltung der Ölförder-Infrastruktur des Landes investiert, berichtet Bloomberg. Die meisten dieser Kredite werden in Form von venezolanischem Rohöl an China zurückgezahlt. Darüber hinaus haben China und Venezuela mehrere Joint Ventures gegründet, unter anderem zur Herstellung von Automobilen, Mobiltelefonen und Computern. Diese Investitionen und Verbindungen machen China zum mit Abstand größten und einflussreichsten ausländischen Sponsor und Gläubiger von Maduro, so das US-Magazin Foreign Policy.

USA unterstützen konservative Regierungen in Lateinamerika

Es entspricht dem Ansatz der Monroe-Doktrin, dass die USA in Lateinamerika konservative Regierungen unterstützen, die allesamt das marktfreundliche Wirtschaftsmodell der Chicago School unterstützen und China kritisch gegenüber stehen. Da Venezuela die größten Ölreserven der Welt beherbergt, hat China ein großes Interesse daran, als Abnehmer dieser Reserven seine Nachfrage nach Energieressourcen zu stillen, um das eigene Wirtschaftswachstum zu sichern. Ob es der Regierung in Peking gelingen wird, die Monroe-Doktrin zu umgehen, ist jedoch fraglich.

Zumindest mussten mehrere  eher links orientierte Regierungen Lateinamerikas, die sich für eine Zusammenarbeit mit China eingesetzt hatten, in den vergangenen Jahren schwere Rückschläge einstecken. In Argentinien, Chile, Paraguay, Brasilien und Peru kamen Regierungen an die Macht, die pro-amerikanisch sind und eine gewisse Distanz zu China aufweisen.

In Ecuador nutzte Präsident Lenín Moreno die „Antikorruptionsrhetorik“ der rechten Opposition, um die Regierungspartei der korreistischen „Bürgerrevolution“ mit verfassungswidrigen Mitteln zu entmachten. In Honduras unterstützte Washington ganz offen die Wiederwahl von Präsident Juan Orlando Hernández. Die USA machten kein Geheimnis aus ihrer Unterstützung für diese Entwicklungen.

Mit dem Rückzug und den Niederlagen der linksgerichteten Regierungen in Lateinamerika ist auch zwangsläufig ein Rückgang des chinesischen Einflusses verbunden.

Die Chancen, dass die USA die Monroe-Doktrin durch die Unterstützung von konservativen und marktliberalen Regierungen umsetzen wollen, stehen gut. Wobei die erfolgreiche Umsetzung der Monroe-Doktrin zu einem großen Teil auch davon abhängen wird, ob die pro-amerikanischen Regierungen Lateinamerikas imstande sein werden, die wirtschaftlichen Probleme in ihren Ländern zu lösen, um die grassierende Armut und Arbeitslosigkeit einzudämmen.

Sollte dies nicht gelingen, könnten die sozial unterprivilegierten Massen, zu denen nicht selten ethnische Minderheiten gehören, eine Wiederbelebung der Ideen und Aktionen der turbulenten 1970er Jahre anpeilen.

Die Regierung in Peking würde das jedenfalls begrüßen.

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