Deutschland

Größenwahn: 100 Millionen Euro für einen Schulneubau, den keiner will

Lesezeit: 1 min
09.04.2013 03:11
Der Landkreis Wesel plant die Zusammenlegung dreier Berufskollegs. Die alten Standorte werden dazu abgerissen, sodass gewachsene Schulstrukturen zerstört werden. Der neue Standort muss für 100 Millionen Euro komplett neu errichtet werden. Dieses Geld fehlt bei der Schulausstattung. Die Eltern werden nicht gehört - und sind empört.
Größenwahn: 100 Millionen Euro für einen Schulneubau, den keiner will

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

SPD, CDU und Grüne haben im Kreistag des Kreises Wesel in Nordrhein-Westfalen beschlossen, drei bisher örtlich getrennte Berufskollegs an einem gemeinsamen Standort zu vereinen. Im Zuge dieser Umstrukturierung sollen zwei bestehende Kollegs abgerissen werden.

Martin Kuster, Fraktionschef der Vereinigten Wählergemeinschaft (VWG) im Kreistag, hält dies für einen klaren Fall von Steuerverschwendung. Denn unter anderem werde mit dem Abriss Vermögen des Kreises im Wert von 20 Millionen Euro vernichtet.

Es sei nach dem Motto verfahren worden, „man braucht etwas Neues, Tolles, Großes“, sagte Kuster den Deutschen Wirtschafts Nachrichten. Dabei komme es bei einem Kolleg weniger auf die Bauhülle, als vielmehr auf die technische Ausstattung an.

Die Kosten des Großprojekts werden derzeit auf 72 Millionen Euro geschätzt. Doch Kuster hält diese Schätzung für zu niedrig und rechnet mit bis zu 100 Millionen Euro. Eine Sanierung der Gebäude wäre viel billiger, sagt er. Dieses Geld werde für eine dringend benötigte moderne Berufsbildung fehlen.

Doch mit dem Großprojekt werde nicht nur eine zweistellige Millionensumme verschwendet. Auch pädagogisch bringe es Nachteile. Denn durch den Umzug zweier Kollegs würden intakte Schulstrukturen zerstört und eine mit bis zu 5.000 Schülern umfassende anonymisierte Schullandschaft geschaffen, so Kuster. Der Schul-Kollos werde mehr Schüler aufnehmen als viele deutsche Fachhochschulen.

Besonders kritisch blickt Kuster auf die CDU-Fraktion im Kreistag. Dort habe es nur eine knappe Mehrheit für das „Steuerverschwendungskonzept“ gegeben. Dennoch sei bei diesem Thema der Fraktionszwang nicht aufgehoben worden.

Der SPD wirft Kuster vor, sich selbst zu widersprechen. Denn während sie sonst dem Kreis immer wieder Verschwendung zu Lasten der Kommunen vorwerfe, gebe es bei dem teuren Kolleg-Projekt nur Schweigen bei den Genossen.

Das Verhalten der Grünen, die sich für das Megaprojekt einsetzen, kann Kuster nicht erklären. Im Kreistag von Wesel gingen die Grünen „unkritisch“ mit einem Gutachten um, obwohl sie in Berlin und Stuttgart mit ihrer Kritik an den geschönten Gutachten zu Stuttgart 21 und dem Berliner Großflughafen BER vollkommen recht gehabt hätten.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Politik
Politik Steinmeier unter Feuer: Kontroverse um Ukraine-Hilfen und Taurus-Lieferungen
30.04.2024

Bundespräsident Steinmeier steht wegen seiner Aussagen zur Ukraine-Hilfe in der Kritik. Politiker werfen ihm vor, seine Rolle nicht...

DWN
Unternehmen
Unternehmen SAP Stellenabbau: Abfindungsangebote stehen, 2600 Jobs sollen wegfallen
30.04.2024

Im Rahmen der weltweiten Umstrukturierung von SAP sollen 2600 Arbeitsplätze in Deutschland abgebaut werden. Nun wurden...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Ukraine-Krieg: So ist die Lage
30.04.2024

Ukraine ruft nach dringender Militärhilfe, während tägliche Raketenangriffe weiterhin zivile Opfer fordern. Selenskyj und Stoltenberg...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massenprotest bei Thyssenkrupp: Beschäftigte fordern Arbeitsplatzerhalt
30.04.2024

Bei Deutschlands größtem Stahlhersteller Thyssenkrupp Steel ist viel im Umbruch. Arbeitnehmervertreter fordern Standortgarantien und...

DWN
Immobilien
Immobilien Vonovia dreht das Blatt: Gewinn nach Milliardenverlust
30.04.2024

Nach einem harten Jahr meldet Deutschlands Immobiliengigant Vonovia einen beeindruckenden Gewinn – ein Wendepunkt. Seine Aktie springt...

DWN
Finanzen
Finanzen Einzelhandel erlebt Umsatzsprung: Hoffnung auf Konsumaufschwung wächst
30.04.2024

Deutschlands Einzelhandel verzeichnet den stärksten Umsatzanstieg seit über zwei Jahren, mit realen Zuwächsen und positiven Aussichten...

DWN
Technologie
Technologie Rakete eines deutschen Start-ups soll in den nächsten Tagen ins Weltall starten
30.04.2024

Elon Musk hat auch klein angefangen: Erstmals seit Jahrzehnten soll nun eine kommerzielle Trägerrakete eines deutschen Unternehmens...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschlands Wirtschaft trotzt Erwartungen: Wachstum statt Rezession im ersten Quartal
30.04.2024

Deutschlands Wirtschaft wächst trotz düsterer Prognosen: 0,2 Prozent Wachstum im ersten Quartal. Auch der Einzelhandel gibt Anlass zur...