Politik

Neue globale Vorschriften: Container-Schifffahrt steuert auf deutlich höhere Kosten zu

Die im Seehandel tätigen Unternehmen müssen bald deutlich strengere Vorschriften für den Schwefelanteil im Schiffsdiesel befolgen. Die entstehenden Kosten dürften auf die Konsumenten umgelegt werden.
19.07.2019 14:51
Lesezeit: 2 min

Über der Schifffahrtindustrie braut sich ein Sturm zusammen: Wegen neuer Umweltauflagen steht die Branche vor einer der größten Umwälzungen seit Jahrzehnten. Weil der Grenzwert für den Schwefelanteil in den Abgasen ab Januar deutlich sinkt, müssen Schiffe statt Schweröl dann verstärkt vermeintlich umweltfreundlichere Treibstoffe verwenden oder die Abgase stärker filtern. Das treibt die Kosten und erhöht zugleich den Druck auf Reedereien, denen bereits der US-chinesische Handelsstreit und die dümpelnde Weltwirtschaft zu schaffen macht, berichtet Reuters. Drohende Engpässe und höhere Transportkosten könnten Ökonomen zufolge sogar das Wirtschaftswachstum weiter ausbremsen.

Ab dem nächsten Jahr darf nach einem Beschluss der UN-Schifffahrtsbehörde IMO der Schwefelanteil der Schiffsabgase nur noch bei 0,5 Prozent liegen. Bislang waren 3,5 Prozent erlaubt. Reedereien müssen ihre Schiffe nun umrüsten, und das könnte vor allem zum Jahresende hin zu Engpässen bei den Transportkapazitäten führen. Um im wichtigen Schlussquartal nicht ohne Ware dazustehen, hat etwa Jeff Child, Chef des zu Berkshire Hathaway’s gehörenden US-Möbelproduzenten RCWilley, geplante Lieferungen aus China in den Sommer vorverlegt. "Wir wollen einfach nicht in eine Situation geraten, in der sich das auf unsere Bestände auswirkt", erläutert Child. Rund 450 Container mit Möbeln sind deshalb statt für den Herbst bereits in den kommenden Wochen geordert.

Wer trägt die Kosten?

Die Container-Schifffahrt wird Analysten zufolge mit Zusatzkosten von geschätzten zehn Milliarden Dollar am stärksten von den verschärften Regeln betroffen sein. Die beiden größten Container-Schifffahrtslinien, Maersk in Dänemark und MSC mit Firmensitz in der Schweiz, bezifferten die jährlichen Extrakosten mit jeweils mehr als zwei Milliarden Dollar.

25 von Reuters befragte Manager von Logistikfirmen kündigten an, mit den Umweltauflagen verbundene Kosten an die Auftraggeber weitergeben zu wollen. "Die Schwefel-Obergrenze wird die Seefrachtraten weiter unter Druck setzen und wir müssen diese Kosten weitergeben, um wettbewerbsfähig zu bleiben ", betonte Peder Winther, Leiter der Sparte Seefracht beim Schweizer Transportunternehmen Panalpina.

Ob die Unternehmen, die mehr für den Transport ihrer Güter über den Seeweg bezahlen müssen, diese Kosten wiederum an ihre Abnehmer weitergeben können, ist fraglich. Wenn die höheren Kosten aber bei den Firmen hängen blieben, sei dies ein Dämpfer für die globale Wirtschaft, warnen Ökonomen. "Das hätte das Potenzial, das Wirtschaftswachstum und den Handel zu verlangsamen", sagt etwa Ökonom Peter Nagle von der Weltbank. Viele Konzerne müssten ihre Geschäftspläne auf den Prüfstand stellen, erwartet Cas Pouderoyen von der Logistikfirma Agility: "Unzweifelhaft werden viele Ex- und Importeure gezwungen, ihre Listen an Lieferanten und Beschaffungsstrategien zu überdenken."

In Alarmstimmung sind auch Speditionen, für die die neuen Regeln gar nicht gelten. Gleichwohl droht auch der Preis für Dieselkraftstoff für Lkw in die Höhe zu schnellen, weil die Nachfrage durch die Schiffe nach Treibstoff mit niedrigerem Schwefelanteil steigt. Glen Kedzie, Energie- und Umweltberater der Vereinigung amerikanischer Lkw-Fahrer warnt: "Es nähert sich ein Sturm, aber wir wissen nicht, wie schlimm der Sturm sein wird."

 

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