Finanzen

Trumps Drohungen beeinträchtigen die deutsche Autowirtschaft

Die deutsche Autobranche, seit Jahrzehnten einer der Hauptpfeiler der Wirtschaft in der Bundesrepublik, befindet sich auf einer holprigen Strecke.
10.07.2019 14:25
Lesezeit: 3 min

Nach den negativen Schlagzeilen und Massenklagen aufgrund des Abgasskandals machen vor allem die angedrohten Strafzölle für Einfuhren in die USA den Herstellern zu schaffen. Mehr als 3,99 Millionen deutsche Fahrzeuge wurden 2018 exportiert. Das war im Vergleich zum Vorjahr ein Rückgang von 8,8 Prozent. Auf die USA entfielen davon 470.474 Fahrzeuge – ein Rückgang von 4,7 Prozent.

Dabei ist vor allem die Ungewissheit ein Faktor. Obwohl US-Präsident Trump schon vor geraumer Zeit verkündet hat, deutsche Autos stellten ein Sicherheitsrisiko für die USA dar, hat er noch keine Tatsachen geschaffen. In vollem Gange ist allerdings sein mit Zöllen ausgefochtener Handelskrieg mit China, einem weiteren traditionell starken Markt für deutsche Autos. Rund 284.000 Fahrzeuge wurden 2018 aus Deutschland nach China geliefert. Volkswagen, Daimler und BMW haben zudem eigene Fabriken in den USA und in China.

Doch das Reich der Mitte, das in Sachen Autoabsätze seit langem Gas gegeben hatte, tritt erstmals seit 20 Jahren auf die Bremse. Sechs Prozent weniger an PKWs wurden 2018 in China verkauft, darunter auch deutsche Modelle. Ursache sind die negativen Auswirkungen des Handelskriegs mit den USA, aber auch Unsicherheit darüber, wie sich die wirtschaftliche Lage weiterentwickelt, sowie Verschuldung und Druck auf dem Immobilienmarkt. Dadurch rutscht der Neukauf eines Wagens auf der Prioritätenliste nach unten. Obwohl der Aktienhandel für deutsche Automobilhersteller momentan durchaus positiv verläuft, warnen Experten davor, dass es in Zukunft einen starken Rückgang geben könnte. Ein weiterer Faktor neben der Handelskrise ist das Produkt selbst. Hersteller aus anderen Ländern sind schon viel weiter fortgeschritten in Sachen Elektrofahrzeuge, nur durch mehr Innovation und Vorausdenken können die deutschen Automarken auch weiterhin auf dem Markt bestehen.

Autohersteller McLaren setzt sogar zu einem großen Teil auf Nischenprodukte statt den Massenmarkt und hat in diesem Jahr sein fünftes Long Tail-Modell vorgestellt. Der McLaren 600 LT Spider ist ein offener Zweisitzer mit dreiteiligem versenkbarem Hardtop und einem 600 PS starken Motor. Die Produktionsdauer des 250.000 Euro teuren Roadsters ist auf zwölf Monate beschränkt.

Long Tails haben bei dem britischen Sportwagenbauer Tradition. Das erste Modell war 1997 der McLaren F1 GTR Longtail. 2015, nach dem Ende der Bankenkrise, folgten das McLaren 675LT Coupe und ein entsprechender Spider. Beide waren auf je 500 Modelle beschränkt und fast sofort ausverkauft. Das McLaren 600LT Coupe wurde im Juli 2018 vorgestellt. Im Gegensatz zur Konkurrenz verzeichnete die britische Luxumarke dadurch 2018 ein Rekordjahr.

Dabei ist das Oberklassensegment von jeher eine Stärke vor allem der deutschen Autobauer. Als teuerstes Long Tail-Fahrzeug sind die von Volkswagen gebauten Bugattis mit einem Millionenpreis auf dem Markt. Zehn Jahre lang wurde der 1000 PS starke Veyron gebaut. Die Gesamtstückzahl lang bei 450 Exemplaren. Der noch deutlich teurere, 1500 PS starke Bugatti Chiron, ist auf 500 Stück limitiert. Bereits 2017 waren 300 davon verkauft, und ein knappes Viertel davon gingen in die USA, wo die Käufer anscheinend Trumps neu entdeckte Abneigung gegen deutsche Fahrzeuge nicht teilen.

Der Präsident selbst hat in der Vergangenheit etliche deutsche Luxusautos vor allem von Mercedes, in seinen Garagen stehen gehabt.

Auch die Zusammenarbeit von Mercedes und McLaren hat sich in den vergangenen Jahren bei allem wirtschaftlichen Auf und Ab als erfolgreich erwiesen. Der Mercedes Benz SLR McLaren, von dem von 2003 bis 2010 insgesamt 2157 Exemplare gebaut wurden, war vor allem in den USA begehrt.

Ob die USA tatsächlich Strafzölle verhängen werden, bleibt ungewiss. Trump hatte die ursprünglich für den 18. Mai angekündigte Entscheidung wieder verschoben und wollte weitere Gespräche mit der Europäischen Union führen. Doch das Interesse an einem Verzicht auf Zölle, die die Einfuhr von Fahrzeugen in die Vereinigten Staaten extrem verteuern würden, liegt nicht  nur auf europäischer Seite. Die in den USA von den deutschen Autoriesen in eigenen Werken produzierten Fahrzeuge sorgen für allem im wirtschaftlich schwächer entwickelten Süden für dringend benötigte Arbeitsplätze. 370.000 Autos wurden 2017 allein von BMW in den USA gefertigt, gefolgt von 280.000 Auos bei Daimler und 112.000 bei Volkswagen. Hinzu kommen die davon abhängigen Jobs in der Zuliefererindustrie.

In Deutschland waren laut statistischem Bundesamt 2018 rund 842.000 Menschen bei den Automobilherstellern und den Zulieferern beschäftigt. Schlechte Zeiten für die Branche treffen daher das ganze Land. Insgesamt aber sind die Fahrzeughersteller zuversichtlich, dass auch die durch Trump verursachten Schwierigkeiten geglättet werden und die Branche wieder mehr Tempo gewinnt. Für die Daimler-Aktie geht es bereits wieder nach oben.

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