Deutschland

Deutschlands Treibjagd auf die eigene Autoindustrie

Lesezeit: 2 min
28.07.2019 21:43
Die deutsche Autoindustrie beschäftigt 1,8 Millionen Menschen. Doch Politik und Medien haben eine irrationale Treibjagd in Gang gesetzt und sägen damit am Wohlstand unseres Landes.

Mehr zum Thema:  
Auto >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Auto  

Inhalt wird nicht angezeigt, da Sie keine externen Cookies akzeptiert haben. Ändern..

"In Deutschland ist eine Treibjagd gegen die eigene Spitzenindustrie im Gang, wie sie wohl in fast keinem anderen Land möglich wäre", schreibt Michael Rasch in einem Gastbeitrag für die Neue Zürcher Zeitung und attestiert Deutschland im Hinblick auf seine Autoindustrie eine "Freude an der Selbstzerstörung".

Man verdamme den Diesel, obwohl die neusten Modelle extrem sauber sind. Man streite über Stickstoffdioxid, obwohl Feinstaub das viel größere Gesundheitsproblem ist. "So zerlegt man die eigene Spitzenindustrie und sägt am Wohlstand des Landes", schreibt Rasch.

Laut Umweltepidemiologen sterbe ein Durchschnittsbürger mehrere Lebensmonate früher durch die Feinstaubbelastung. Die Verkürzung der Lebenszeit durch Stickstoffdioxid betrage hingegen weniger als einen Tag. Doch Aktivisten schocken die Menschen mit irren Zahlen über angebliche Todesfälle durch Stickstoffdioxid.

Die Autoindustrie stehe für 8 Prozent der deutschen Wirtschaftsleistung. Sie beschäftige direkt 820.000 und indirekt sogar 1,8 Millionen Menschen. Doch in Medien und Politik fänden die Kosten und der Nutzen von Maßnahmen wie Fahrverboten viel zu wenig Beachtung, so Rasch.

Nur die Kunden halten den deutschen Herstellern weiter die Treue, sogar dem Volkswagen-Konzern.

Als die Bundesregierung im letzten Jahrzehnt einer von der EU vorgegebenen starken Verschärfung von Luftgrenzwerten zustimmte, war laut Rasch von vornherein klar, dass diese Werte nicht eingehalten werden können. Auch Städte und Kommunen hätten wenig gegen die Verschärfung der Grenzwerte getan.

Erst die juristischen Klagen des Abmahnvereins Deutsche Umwelthilfe hätten Politik und Konzerne aufgeschreckt. Denn plötzlich drohten in zahlreichen Städten durch Gerichtsurteile erwirkte Fahrverbote für Dieselfahrzeuge, die inzwischen teilweise auch tatsächlich verhängt wurden.

"Ausgelöst wurde der Albtraum der Autofahrer durch den unvorstellbaren und unverzeihlichen Betrug des Volkswagen-Konzerns bei der Emission von Abgasen, der das Unternehmen inzwischen mehr als 25 Milliarden Euro gekostet hat", schreibt Rasch.

Der Skandal habe schließlich alle heimischen Hersteller in Verruf gebracht, obwohl sich alle außer Volkswagen an die geltenden Regeln und die herrschende Praxis gehalten hatten. Die Fahrzeuge von BMW, Daimler, Opel und vielen anderen wurden regulär zugelassen.

In Politik, Medien und der Öffentlichkeit sei über Jahrzehnte bekannt gewesen, dass Abgas- und Verbrauchswerte im realen Fahrbetrieb viel höher liegen, als unter idealen Bedingungen auf dem Prüfstand. Auch die geringere Abgasreinigung unter gewissen Bedingungen sei bekannt gewesen.

Dennoch ließen sich "Daimler, BMW, Opel und andere bis heute von Politikern und Journalisten als Betrüger beschimpfen, ohne sich dagegen zu wehren", schreibt Rasch. Daher sei es kein Wunder, dass auch die Folgediskussionen von den Anklägern der Autoindustrie dominiert werden.

Laut Rasch sollte man stärker über andere Möglichkeiten sprechen, um die Belastung mit Feinstaub und Stickstoffdioxid zu verringern, etwa eine City-Maut, teueres Parken, umweltfreundlichere Fahrzeuge der Städte und Kommunen, Park-and-ride-Angebote, besserer öffentlicher Nahverkehr, optimierte Ampelsysteme und Umgehungsstraßen.

"Vor allem grünen Politikern sind aber etwa die letzten Punkte ein Graus, weil man Autos durch miserable Ampelsteuerungen lieber aus der Stadt vertreiben und beim Bau der Umgehungsstraße ein Stück Wiese schonen will", schreibt Rasch.

Die Diskussion um den Diesel hat dazu geführt, dass ihr Anteil bei Neuzulassungen von knapp 50 Prozent im Jahr 2015 auf inzwischen etwa 33 Prozent gesunken ist. Damit droht laut Rasch das "Aussterben des Dieselmotors, einer deutschen Spitzentechnologie". Diese Entwicklung sei absurd, weil der moderne Diesel sauber ist.

Laut ADAC erfüllen alle bisher im realen Fahrbetrieb gemessenen Dieselfahrzeuge der Abgasnorm "Euro 6d Temp" die Anforderungen bei den Stickoxiden und liegen mit Ausnahme eines japanischen Modells alle deutlich unter dem Grenzwert von 80 Mikrogramm.

Dieselmotoren verbrauchen etwa 15 Prozent weniger Sprit, sodass sie auch weniger Kohlendioxid ausstoßen. Daher kommen nun auf die deutsche Autokonzerne erhebliche Strafzahlungen zu, weil sie die CO2-Vorgaben der EU nicht werden einhalten können. Bezahlen müssen das letztlich auch die Kunden.


Mehr zum Thema:  
Auto >

DWN
Finanzen
Finanzen Boom-Segment aktive ETFs: BlackRock startet fünf neue Fonds
07.09.2024

Blackrocks ETF-Tochter iShares erweitert ihr Angebot in Europa um fünf neue aktive ETFs. Ziel der Fonds ist es, Anlegern kostengünstige...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Flexible Arbeitszeiten: Sind Vollzeitjobs ein Auslaufmodell?
07.09.2024

Eine repräsentative Befragung der Bertelsmann Stiftung zeigt, dass nur noch eine Minderheit eine Stelle mit festen Arbeitszeiten...

DWN
Finanzen
Finanzen Derivate Erklärung: So funktionieren Zertifikate, CFDs und Optionsscheine
07.09.2024

Derivate wie Futures, Optionen, Zertifikate, Optionsscheine, Swaps und CFDs sind heftig umstritten. Einige sehen darin notwendige...

DWN
Technologie
Technologie Wasserstoffprojekt in Namibia könnte KZ-Gedenkstätte gefährden
07.09.2024

Deutschland unterstützt ein Großprojekt zur Herstellung von grünem Wasserstoff in Lüderitz. An diesem Ort befand sich einst das erste...

DWN
Immobilien
Immobilien Tag des offenen Denkmals: 7 ungewöhnliche Monumente in Deutschland
07.09.2024

Ob Schloss Neuschwanstein oder Siegessäule: Viele Denkmäler in Deutschland sind international bekannt. Hier werfen wir einen Blick auf...

DWN
Technologie
Technologie Stromerzeugung aus Windkraft: Die Dynamik nimmt ab
07.09.2024

Im vergangenen Jahr war Windkraft erstmals die Hauptquelle der hiesigen Stromerzeugung, weit vor Kohle. Doch in diesem Jahr ist eine...

DWN
Politik
Politik Trump-Erfolg im Schweigegeld-Prozess: Urteil erst nach US-Wahl
07.09.2024

Im New Yorker Prozess wegen Schweigegeldzahlungen von Ex-Präsident Donald Trump wird das Strafmaß erst nach der Präsidentschaftswahl...

DWN
Panorama
Panorama Studie: Ungesunde Ernährung bereits bei Kleinkindern weit verbreitet
07.09.2024

Laut einer aktuellen Studie ernähren sich bereits Kleinkinder zu süß und ungesund. Wie das Max Rubner-Institut (MRI) in Karlsruhe, ein...