Gemischtes
Verlagerung ins Ausland

Zulieferer Continental kündigt schwerwiegende Einschnitte an

Der Automobilzulieferer Continental kündigt aufgrund der Krise in der Branche massive Einschnitte an. Wie viele Stellen gestrichen werden, ist derzeit noch unklar. Es wird auch die Verlagerung von Produktionskapazitäten ins Ausland erwogen.
07.08.2019 15:00
Lesezeit: 2 min

Der Autozulieferer Continental bereitet sich wegen des Zollstreits zwischen den USA und China und drohenden weiteren Handelsbeschränkungen auf eine Verlagerung von Produktion ins Ausland vor. "Wir beobachten eine zunehmende Verlagerung von Exportvolumina aus Deutschland in die Nähe der Märkte der Kunden", sagte Finanzvorstand Wolfgang Schäfer der Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch. Die Autobauer sähen sich wegen der Zolldiskussionen immer mehr dazu gezwungen, ihre Standortstrategie zu überprüfen. "In der Folge würde das auch für uns gelten." Der Zollstreit lähmt die gesamte Autobranche und zwingt Hersteller wie Lieferanten dazu, ihren Sparkurs zu verschärfen. Die Prognose hatte Conti nach einem Gewinneinbruch bereits im Juli gekippt.

Nach dem weltgrößten Zulieferer Bosch kündigte auch der Dax-Konzern aus Hannover nun Einschnitte an, um auf den Abschwung und die Zerreißprobe der Branche durch den beschleunigten Umstieg in die Elektromobilität zu reagieren. Die Deutschen Wirtschaftsnachrichten hatten bereits zu Jahresbeginn über die zunehmend schwieriger werdende Situation bei den deutschen Zulieferern berichtet. In den vergangenen Wochen häuften sich dann die Meldungen, wonach Zulieferbetriebe wie etwa Weber Automotive Insolvenz anmelden oder wie Marquardt Arbeitsplätze und Produktionskapazitäten ins Ausland verlagern.

Der Vorstand habe dem Aufsichtsrat seine Strategie erläutert, um die Finanzkraft dauerhaft zu sichern und die Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen, teilte Conti mit. Der daraus entstehende Handlungsbedarf solle mit den Arbeitnehmervertretern besprochen werden. Ziel sei, sich in den kommenden Wochen auf ein gemeinsames Vorgehen zu verständigen. Bosch-Chef Volkmar Denner hatte einen deutlichen Job-Abbau angekündigt, von dem vor allem Diesel-Standorte betroffen sein sollen. "Wir tun aber alles, um das sozialverträglich umzusetzen", sagte er der "Süddeutschen Zeitung".

Die Krise trifft die Branche mitten in einer Zeit, in der Unternehmen hohe Investitionen für vermeintlich umweltfreundlichere Antriebe und neue Trends wie selbstfahrende Autos und die Digitalisierung stemmen müssen. Der Wandel wird noch dadurch forciert, dass die Autobauer ab 2020 schärfere Klimavorgaben erfüllen müssen. Vor allem Volkswagen treibt den Umbau voran und setzt damit die Branche unter Zugzwang. Als Konsequenz aus der sinkenden Nachfrage nach Verbrennungsmotoren kündigte Conti einen Umbau seiner Antriebssparte mit einer stärkeren Konzentration auf die E-Mobilität an. Das Geschäft mit Einspritzsystemen und Hydraulik-Pumpen für Diesel- und Benzin-Motoren solle nicht mehr ausgebaut werden.

Zudem würden die Aktivitäten bei Komponenten für die Abgasnachbehandlung und Kraftstoffförderung überprüft. An den Plänen für einen Teilbörsengang der Antriebssparte im nächsten Jahr hält das Management fest, macht dies aber weiter vom Umfeld am Kapitalmarkt abhängig.

Überraschend entschied der Konzern zudem, nicht in die Fertigung von Batteriezellen der nächsten Generation zu investieren. "Mit der voraussichtlich erst nach 2030 verfügbaren Festkörpertechnologie lässt sich von Continental kein attraktives Geschäftsmodell mehr aufbauen", erklärte Degenhart. Er verband dies mit Kritik an der Politik, die mit ihren verschärften Vorgaben zur CO2-Senkung einen raschen Ausbau der Elektromobilität mithilfe der herkömmlichen Lithium-Ionen Technologie erzwinge. Damit würden die Marktanteile in der Zellfertigung für die Automobilindustrie deutlich früher und auf Basis der bestehenden Technologie vergeben. Conti hatte sich bis zuletzt einen Einstieg in eine Zellfertigung offengehalten und dies von der technologischen Entwicklung abhängig gemacht.

Zu der Entscheidung dagegen trug offenbar auch bei, dass das Geschäft derzeit keine großen Sprünge erlaubt. Im zweiten Quartal brach der bereinigte Betriebsgewinn (Ebit) um ein Viertel auf 868 Millionen Euro ein. Die Rendite sank auf 7,8 von 10,2 Prozent vor Jahresfrist. Mit der schon im Juli bekanntgegebenen Korrektur der Jahresziele reiht sich Continental in die Serie von Zulieferern und Autobauern ein, die ihre Prognosen kassiert haben. "Für das zweite Halbjahr erwarten wir kein Nachlassen des Gegenwinds", sagte Schäfer.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Politik
Politik Sicherheitsgarantien Ukraine: Warum Washington plötzlich auf einen Deal drängt
27.11.2025

Wachsende Irritationen in Europa treffen auf ein Washington, das den Ton sichtbar verschärft und ein Friedensabkommen zur Bedingung für...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Studie von KfW Research: Industriestandort Deutschland benötigt mehr Wagniskapital
27.11.2025

Deutschlands Industrie steht unter Druck: KfW Research sieht schrumpfende Wertschöpfung und zu wenig Risikokapital. Chefvolkswirt Dirk...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Immer mehr Arbeitsplätze wandern ins Ausland ab: Wirtschaftsstandort Deutschland wackelt
27.11.2025

Hohe Preise für Energie, belastende Lohnnebenkosten, eine ausufernde Bürokratie und politische Vorgaben des Staates: Immer mehr Firmen...

DWN
Finanzen
Finanzen Microsoft-Aktie im Fokus: Rekordinvestitionen in Cloud und KI stärken das Wachstum
27.11.2025

Microsoft setzt mit massiven Investitionen in Cloud-Infrastruktur und künstliche Intelligenz auf Wachstum und Innovation. Können diese...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bundespräsident Steinmeier: Europa muss Potenzial als Wirtschaftsmacht ausschöpfen
27.11.2025

Krieg, Machtverschiebungen und zähe Entscheidungen in der EU belasten die Wirtschaftsmacht Europa. Auf dem Wirtschaftsforum in Madrid...

DWN
Finanzen
Finanzen Novo Nordisk-Aktie: Kursrückgang nach enttäuschenden Studien – trotz positivem Analystenkommentar
27.11.2025

Die Novo Nordisk-Aktie steht seit vielen Monaten unter Druck. Auch im Donnerstaghandel an der Frankfurter Börse verbucht die Novo...

DWN
Panorama
Panorama Rabattschlacht: Warum Fake-Shops am Black Friday besonders riskant sind – und wie Sie sie erkennen
27.11.2025

Der Black Friday lockt mit Rekordrabatten – doch zwischen echten Deals verstecken sich zunehmend Fake-Shops. Professionell gestaltet und...

DWN
Immobilien
Immobilien EH-55-Förderung kehrt zurück: Was Bauherren ab Dezember beachten müssen
27.11.2025

Ab Mitte Dezember fließt wieder Geld für Neubauten im EH-55-Standard. Die KfW öffnet ein bekanntes Förderfenster – doch nur unter...