Finanzen
Zentralbanken in Schwierigkeiten

Aktueller Preisanstieg zeigt Parallelen zur letzten Gold-Rallye

Laut Analysten der Bank of America bahnt sich gerade eine Wiederholung der Gold-Rallye vor zehn Jahren an. Erneut habe die lockere Geldpolitik der Zentralbanken die Voraussetzungen für einen Bullenmarkt geschaffen.
29.08.2019 11:27
Aktualisiert: 29.08.2019 11:27
Lesezeit: 3 min

Die Anzeichen mehren sich, dass das Weltfinanzsystem vor einem Umbruch steht. So sagte der Chef der britischen Notenbank Mark Carney vor einigen Tagen beim Treffen der Zentralbanker in Jackson Hole, dass die Zeit des US-Dollars als führende Reservewährung der Welt zu Ende geht.

Vor dem Hintergrund solcher wachsenden Sorgen ist es wenig verwunderlich, dass der Goldpreis steigt. In Euro ist Gold derzeit so teuer wie nie zuvor. Und auch in Dollar ist der Goldpreis seit Jahresbeginn um 19 Prozent gestiegen. Damit ist Gold in den USA bisher der erfolgreichste Vermögenswert des Jahres nach Immobiliengesellschaften (REITs).Manche Investoren erwarten bereits eine Wiederholung der Gold-Rallye im Anschluss an die große Finanzkrise, als das gesamte Weltfinanzsystem vor dem Zusammenbruch stand. Denn die Zentralbanken retteten das System, indem sie es mit Liquidität schwemmten, was den Goldpreis auf neue Rekordhöhen trieb.

Bank of America erwartet neue Gold-Rallye

Auch die Bank of America zieht in einer Analyse mit dem Titel "Anatomie zweier Gold-Bullenmärkte" den Vergleich der Gold-Rallye ab 2008 und mit dem starken Preisanstieg seit dem letzten Jahr. Demnach sind die Realzinsen damals wie heute die entscheidenden Preistreiber.

Doch heute komme hinzu, dass die Zentralbanken nicht mehr in der Lage sind, die Weltwirtschaft wieder anzukurbeln, so die BofA-Analysten. Der Gesamtwert der Vermögenswerte mit negativen Renditen hat die Marke von 17 Billionen Dollar durchbrochen. Und trotzdem soll die Geldpolitik weiter gelockert werden.

Vor dem Hintergrund dieser wachsenden Machtlosigkeit der Zentralbanker kommen die Analysten der Bank of America zu einer deutlichen Anlageempfehlung: "Das Risiko eines quantitativen Versagens, das 2008 kein Thema war, macht Gold zu einem attraktiven Vermögenswert", zitiert sie der Finanzblog Zero Hedge.

Die Bank of America vergleicht die wichtigsten Goldtreiber im Markt ab 2008 und im Markt ab 2018. Im letzten Bullenmarkt profitierte Gold demnach von der lockeren Geldpolitik der Federal Reserve. Die Gold-Rallye ging zu Ende, als die Fed ihre Wertpapierkäufe wieder zurückfuhr.

Zwar hat die US-Zentralbank im vergangenen Jahr den Leitzins leicht angehoben, doch inzwischen hat sie ihn wieder gesenkt und verfolgt eine lockere Geldpolitik (wie weltweit alle anderen großen Zentralbanken auch). Davon profitiert der Goldpreis.

"Das größte Risiko für die aktuelle Gold-Rallye wäre ein Erfolg der Zentralbank, möglicherweise ergänzt um Konjunkturprogramme oder eine Entspannung im Handelskrieg", schreiben die Analysten der Bank of America.

Im letzten Bullenmarkt ab 2008 habe Gold zudem von der großen Volatilität infolge der Finanzkrise profitiert. Doch als sich die Wirtschaft erholte und die Fed zudem garantierte, den Markt mit lockerer Geldpolitik zu stützen, sei Gold schließlich wieder weniger attraktiv geworden.

Im aktuellen Markt ist die Volatilität noch vergleichsweise gering, so die Analysten. Sie erwarten erst dann einen Anstieg der Volatilität, wenn die schwindende Macht der Zentralbanken deutlich wird. Dann könnten die Zentralbanken mit einer noch lockereren Geldpolitik reagieren.

Die Zentralbanken auf der ganzen Welt setzen weiter auf geldpolitische Lockerungen. Doch dies hat Nebenwirkungen. Der Wert und der Anteil der Schulden mit negativen Renditen sind in letzter Zeit fast exponentiell gestiegen. Dies war ein starker Treiber des Goldes, so die Analysten.

Politik der Zentralbanken hat Zombie-Unternehmen hervorgebracht

Die extrem lockere Geldpolitik habe zu "Verzerrungen in verschiedenen Anlageklassen", so die Rohstoffanalysten. Die Politik der Zentralbanken habe zudem "normale wirtschaftliche Anpassungs- und Erneuerungsmechanismen gestoppt, indem sie beispielsweise Wirtschaftsteilnehmer unterstützt hat, die normalerweise pleite gegangen wären".

Darüber hinaus ist der Schuldenstand weiter gestiegen, was es den Zentralbanken erschwert, ihre Geldpolitik wieder zu normalisieren, wie sich im vergangenen Jahr in den USA anschaulich zeigte. Nur ein geringfügiger Anstieg der Zinsen, würde den Schuldendienst der meisten Staaten untragbar machen.

"Wir befürchten, dass diese Dynamik letztendlich zu einem 'quantitativen Versagen' [der Geldpolitik] führen könnte", so die Analysten. Die Märkte würden sich dann wieder auf die hohen Schulden und auf das fehlende globale Wachstums konzentrieren, "was aller Wahrscheinlichkeit nach zu einem erheblichen Anstieg der Volatilität führen würde."

Wenn in der Folge die Märkte einbrechen, könnte dies die Zentralbanken dazu veranlassen, in ihrer lockeren Geldpolitik "noch aggressiver vorzugehen und Gold zu einem noch attraktiveren Vermögenswert zu machen", so die Rohstoffanalysten der Bank of America, der zweitgrößten Bank der USA.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
DWN
Panorama
Panorama DWN-Wochenrückblick KW 52: Die wichtigsten Analysen der Woche
28.12.2025

Im DWN Wochenrückblick KW 52 fassen wir die zentralen wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen der vergangenen Woche zusammen....

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Jahreswagen, Vorführwagen, Tageszulassung: So sparen Sie beim Autokauf
28.12.2025

Wer beim Auto kaufen sparen will, muss nicht zwingend zum alten Gebrauchten greifen. Jahreswagen, Vorführwagen und Tageszulassung wirken...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Föderale Modernisierungsagenda: 200-Punkte-Programm für Bürokratieabbau – ist das der große Wurf?
28.12.2025

Bund und Länder haben ein Paket beschlossen, das den Staat schlanker und schneller machen soll. Über 200 Maßnahmen zielen auf Bürger,...

DWN
Politik
Politik Steuern, Deutschlandticket, Musterung – die Änderungen 2026 im Überblick
27.12.2025

2026 bringt spürbare Änderungen bei Lohn, Rente, Steuern und Alltag. Manche Neuerungen entlasten, andere verteuern Mobilität oder...

DWN
Panorama
Panorama Keine Monster, keine Aliens: Prophezeiungen für 2025 erneut widerlegt
27.12.2025

Düstere Visionen und spektakuläre Vorhersagen sorgen jedes Jahr für Schlagzeilen – doch mit der Realität haben sie meist wenig zu...

DWN
Unternehmen
Unternehmen E-Mail-Betrug im Mittelstand: Die unterschätzte Gefahr im Posteingang – und welche Maßnahmen schützen
27.12.2025

E-Mail-Betrug verursacht im Mittelstand mehr Schäden als Ransomware. Stoïk, ein auf Cybersecurity spezialisiertes Unternehmen, zeigt,...

DWN
Technologie
Technologie China überholt Europa: Wie europäische Energieprojekte den Aufstieg befeuerten
27.12.2025

Europa hat in den vergangenen Jahrzehnten erheblich zum Aufbau der chinesischen Industrie beigetragen, ohne die langfristigen Folgen zu...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Hoffnung auf den Aufschwung: Kann 2026 die Wirtschaftswende bringen?
27.12.2025

Nach mehreren Jahren der Stagnation und anhaltend schlechter Stimmung in vielen Branchen richtet sich der Blick der deutschen Wirtschaft...