Politik

EU wäscht Schwarzgelder in Zypern weiß

Zypern erhält Hilfskredite im Umfang von zwei Milliarden Euro. Voraussetzung war eine Bekämpfung der ausufernden Geldwäsche in dem Land. Ein Bericht einer entsprechenden Untersuchungskommission zeigt zwar, dass bis dato nichts geschehen ist. Die erste Tranche erhält Zypern dennoch.
15.05.2013 16:39
Lesezeit: 2 min

Ein Bericht über den aktuellen Stand der Geldwäsche in Zypern zeigt, dass zur Bekämpfung nichts unternommen wurde. Die zypriotischen Banken wissen letztlich nicht einmal, wer ihre Kunden tatsächlich sind. Etwa 14.000 Offshore-Firmen soll es in Zypern geben. 12.000 dieser sind reine Briefkastenfirmen. Dennoch entschied die Eurogruppe Anfang der Woche, Zypern die erste Tranche in Höhe von zwei Milliarden auszuzahlen.

Die Geldwäsche in Zypern war eins der am stärksten kritisierten Probleme, als es um einen Bailout für Zypern ging. Nun spielt dies offensichtlich eine nebensächliche Rolle. Denn trotz der Untätigkeit bei der Bekämpfung der Schwarzgelder, erhält Zypern Geld.

Um den Finanzministern für ihre Entscheidung über die erste Auszahlung Hintergrundinformationen zu bieten, erhielten diese allerdings nicht den vollständigen Bericht, sondern eine zweiseitige Zusammenfassung. Den ganzen Bericht haben indes nur ein paar Beamte der EU-Kommission, des IWF und des zypriotischen Finanzministeriums zu Gesicht bekommen. Positiv ist er nicht ausgefallen

Es gebe noch immer erhebliche Mängel, wenn es darum geht, dass die nationalen Banken in Erfahrung bringen müssen, wer tatsächlich ihre Kunden sind, zitiert der EUObserver einen EU-Beamten. Ein anderer Beamter gab an, dass es für den deutschen Steuerzahler, der den größten Teil  des zypriotischen Rettungspaketes trägt, erschreckend wäre, den Bericht gänzlich zu sehen. Der Bericht sei für Merkel „politisch heikel“ so kurz vor der Wahl. „Wenn die deutsche Bevölkerung den Bericht erhalten würde, würde sie sagen: ‚In so ein Land möchte ich meine Gelder nicht stecken‘“, so der Beamte.

Die Untersuchungskommission zur  Geldwäsche besteht aus Moneyval, einem spezialisierten Zweig des Europarates, und Deloitte. Deloitte selbst kennt sich Zypern bestens aus. Die Wirtschafts-Prüfungsgesellschaft hat Kunden aus dem zypriotischen Bankensektor. Im März startete die Kommission ihre Arbeit. Nach nur elf Tagen Untersuchung musste der Bericht stehen. Elf Tage für einen Bankensektor mit mehr als 40 Banken, die etwa 130 Milliarden Euro verwalten.

Die Untersuchungsarbeit  war entsprechend begrenzt, so der EUObserver. So wurden der zypriotischen Regierung beispielsweise Fragebogen vorgelegt, in denen die Regierung die Einhaltung der internationalen Anti-Geldwäsche-Standards bewerten sollte. Dann reisten ein paar Experten der Kommission für drei bis acht Tage nach Zypern, um Gespräche mit der Regierung, der Zentralbank des Lands und beispielsweise der Generalstaatsanwaltschaft der Anti-Geldwäsche-Abteilung zu führen.

Der aktuelle Bericht zeigt, dass die Banken in den seltensten Fällen wissen, wer ihre eigentlichen Kunden sind. Allein bei der Firmenregistrierung in Zypern gibt es dem Bericht zufolge einen zehnjährigen Rückstand bei der Auswertung der vorhandenen Dokumente, die darüber Auskunft geben sollen, wer welche Gelder besitzt.

Und die Bankkunden in Zypern sind, wenn sie denn mal als solche identifiziert werden, keine Unbekannten. So geht aus einigen Dokumenten etwa hervor, dass beispielsweise einer der Kunden der Bank of Cyprus der verurteilte russische Betrüger Dmitry Kluyev ist. Die Unterlagen decken auf, dass er und seine Mitarbeiter fünf zypriotische Banken genutzt haben, um gestohlene Gelder in Höhe von 31 Millionen Dollar zu waschen. Gelder, die im Zusammenhang mit dem Mordfall am russischen Whistleblower Sergei Magnitsky stehen.

Die zwei Milliarden Euro erhält Zypern trotz all dieser Widrigkeiten. Der Chef der Eurogruppe, Dijsselbloem ist von dem Inhalt des Berichts, oder dessen, was er zu sehen bekommen hat, nicht beunruhigt. „Dieser Bericht zeigt, dass der gesetzliche Rahmen zur Bekämpfung der Geldwäsche ok ist, die Umsetzung hingegen“ fehle.  „Zyperns Geschäftsmodell war nicht nachhaltig (…) Mit diesem Problem muss umgegangen werden“, so Dijsselbloem. In einer Mitteilung betonten dann auch die Finanzminister, wie wichtig es dennoch ist, die erste Tranche auszuzahlen:

Dies ist ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung der Wirtschaft Zyperns und reflektiert unser unerschütterliches Engagement für die Erhaltung der finanziellen Stabilität der Eurozone und ihrer Mitgliedstaaten.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Ölpreis: OPEC-Konflikt eskaliert – Saudi-Arabien warnt vor Marktchaos
11.05.2025

Ein gefährlicher Riss geht durch die mächtige Allianz der OPEC-Plus-Staaten. Statt mit geschlossener Strategie die Preise zu...

DWN
Politik
Politik Kann Deutschland Europa retten? Der neue Koalitionsvertrag offenbart alte Schwächen
11.05.2025

Zum Europatag 2025 richtet sich der Blick erneut nach Berlin. Die Erwartungen an Deutschland sind hoch – nicht nur innerhalb der Union,...

DWN
Finanzen
Finanzen Börsenkrisen: Warum Volatilität kein Risiko ist
11.05.2025

Wenn die Börsen Achterbahn fahren, zittern viele Anleger. Doch Panik ist oft der schlechteste Berater – denn was aussieht wie ein...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Strategien für Krisenzeiten: Wie Sie jetzt Ihre Unternehmensleistung steigern
11.05.2025

Steigende Kosten, Fachkräftemangel, Finanzierungsdruck – viele KMU kämpfen ums Überleben. Doch mit den richtigen Strategien lässt...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft USA vor Energieumbruch: Strom wird zum neuen Öl – und zur nächsten geopolitischen Baustelle
11.05.2025

Ein fundamentaler Wandel zeichnet sich in der US-Wirtschaft ab: Elektrizität verdrängt Öl als Rückgrat der nationalen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Bill Gates verschenkt Vermögen – Symbol einer neuen Weltordnung oder letzter Akt der alten Eliten?
11.05.2025

Bill Gates verschenkt sein Vermögen – ein historischer Akt der Großzügigkeit oder ein strategischer Schachzug globaler Machtpolitik?...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft „Made in America“ wird zur Hypothek: US-Marken in Europa auf dem Rückzug
11.05.2025

Eine neue Studie der Europäischen Zentralbank legt nahe: Der Handelskrieg zwischen den USA und der EU hat tiefgreifende Spuren im...

DWN
Finanzen
Finanzen Tech-Börsengänge unter Druck: Trumps Handelskrieg lässt Startup-Träume platzen
10.05.2025

Schockwellen aus Washington stürzen IPO-Pläne weltweit ins Chaos – Klarna, StubHub und andere Unternehmen treten den Rückzug an.