Deutschland

Ex-Verfassungsrichter: Euro-Austritt kann zwingend notwendig werden

Der ehemalige Verfassungsrichter Udo Di Fabio kommt in einem Gutachten zu dem Schluss, dass Deutschland aus dem Euro austreten muss, wenn die EZB gegen das Verbot der Staatsfinanzierung verstößt. Di Fabio empfiehlt Regelungen zu Staatsbankrott, Euro-Ausschluss und einer Währungsreform.
03.06.2013 01:17
Lesezeit: 1 min

Im Vorfeld der Verhandlung über die Rechtmäßigkeit der Euro-Rettung durch die EZB mehren sich die kritischen Stimmen aus dem Kreis von ehemaligen Mitgliedern des Bundesverfassungsgerichts. Nach Hans Hugo Klein (hier) hat nun Udo di Fabio deutliche Worte gefunden, welche Folgen eine Staatsfinanzierung durch die Europäische Zentralbank (EZB) haben müsste.

Die FAZ berichtet, dass Di Fabio ein Gutachten im Auftrag der Stiftung Familienunternehmen erstellt habe.

Die EZB könne durch eine Finanzierungs-Hilfe für nationale Haushalte gegen das Grundgesetz und gegen das Europarecht verstoßen. Zwar könne das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe der EZB keine Vorgaben machen, wie sie sich verhalten solle. Sollte Karlsruhe jedoch zu dem Schluss kommen, dass die EZB ihr Mandat überschreite, müsse das Gericht eine Verletzung „deklaratorisch feststellen“. Dies läge in ihrem Kompetenzbereich und sei keine Angelegenheit, die dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt werden müssen.

Nach einer Feststellung des Verstoßes müsse Karlsruhe dem Bundestag dann „Einwirkungsaufträge“ erteilen. Der Bundestag müsste demnach Maßnahmen ergreifen, die der EZB ein rechtswidriges Vorgehen untersagen.

Bleibt die Einwirkung erfolglos, müsse das Gericht die Bundesorgane zum Austritt aus dem Euro oder zur Kündigung der Verträge zwingen. Eine Änderung des Grundgesetzes sei zwar mit einer Volksabstimmung möglich. Das Grundgesetz markiere jedoch „unübersteigbare Grenzen“, deren Verletzung dem Bundestag oder der Bundesregierung nicht gestattet sei.

Allerdings erwartet Di Fabio nicht, dass Karlsruhe in dieser Frage bis zum Äußersten gehen würde: „Niemand kann sich heute vorstellen, dass ein im Ergebnis immer integrationsfreundliches Gericht wie das Bundesverfassungsgericht tatsächlich diesen ,Druckknopf’ der verbindlichen Austrittspflicht betätigen würde.“

Di Fabio fordert die Eigenverantwortung der Staaten in der Schulden-Politik. Dazu müsse es Regeln für ein staatliches Insolvenz-Verfahren geben. Auch ein Ausschluss eines Staates aus der Währungsunion sei eine Möglichkeit. Di Fabio hält auch eine Währungsreform für möglich. Laut FAZ empfiehlt der Europarechtler „Vorkehrungen für einen Ausschluss aus der Währungsunion und die vorübergehende Einführung einer nationalen Parallelwährung mit Abwertungsspielräumen“.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Panorama
Panorama EU-Reform könnte Fluggastrechte deutlich schwächen
01.06.2025

Von Verspätungen betroffene Fluggäste haben in Zukunft möglicherweise deutlich seltener Anspruch auf Entschädigung. Die EU-Staaten...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Wettlauf um die Zukunft: Wie die USA ihre technologische Überlegenheit retten wollen
01.06.2025

China wächst schneller, kopiert besser und produziert billiger. Die USA versuchen, ihre Führungsrolle durch Exportverbote und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Freelancer: Unverzichtbare Stütze in flexiblen Arbeitswelten
01.06.2025

Trotz Homeoffice-Boom bleibt die Nachfrage nach Freelancern hoch. Warum Unternehmen auf Projektarbeiter setzen, wo die Vorteile liegen –...

DWN
Politik
Politik „Choose Europe“: Brüssel will Gründer mit Kapital halten
31.05.2025

Die EU startet einen neuen Wachstumsfonds, der Start-ups mit Eigenkapital unterstützen und in Europa halten soll. Doch Geld allein wird...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Energiewende umgekehrt: US-Firmen fliehen vor Trumps Klimapolitik – nach Europa
31.05.2025

Während Trump grüne Fördermittel in den USA kürzt, wendet sich die Clean-Tech-Branche von ihrer Heimat ab. Jetzt entstehen in Europa...

DWN
Politik
Politik Ärztepräsident warnt vor „Versorgungsnotstand“
31.05.2025

Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnt vor Beeinträchtigungen im medizinischen Netz für Patienten, wenn nicht bald Reformen zu mehr...

DWN
Finanzen
Finanzen Gesetzliche Erbfolge: Wer erbt, wenn es kein Testament gibt
31.05.2025

Jeder kann selbst bestimmen, wer seine Erben sein sollen. Wer das allerdings nicht durch ein Testament oder einen Erbvertrag regelt und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Datensammeln ohne Richtung: Warum der falsche Analyst Ihrem Unternehmen schadet
31.05.2025

Viele Unternehmen sammeln Daten – doch ohne den richtigen Analysten bleiben sie blind. Wer falsche Experten einsetzt, riskiert...