Deutschland

Regierung verliert Interesse: Deutsche Solar-Branche im Abseits

Die deutsche Solarbranche gerät immer mehr unter Druck. Gründe sind die eigenen Überkapazitäten und die steigende Konkurrenz durch Billiganbieter. Die Bundesregierung lehnt die lauter werdenden Forderungen nach einem Solargipfel ab. Es gebe keinen Bedarf dafür.
22.06.2013 00:36
Lesezeit: 2 min

Die deutsche Solar-Industrie steckt tief in der Krise. Tausende Arbeitsplätze gehen verloren, vor allem in Ostdeutschland. Große Firmen wie Q-Cells und Sovello aus Bitterfeld oder das Berliner Unternehmen Inventux gingen in Insolvenz. Andere mussten Stellen abbauen und Standorte aufgeben, wie etwa Solar First in Frankfurt an der Oder.

Zuletzt gab der Elektro-Konzern Bosch seinen kompletten Ausstieg aus dem Solargeschäft bekannt. Falls sich kein Investor für das Werk in Arnstadt (Thüringen) findet, verlieren dort weitere 1.600 Mitarbeiter ihren Job, berichtet die MZ. Nach Angaben des Wirtschaftsministeriums sind rund die Hälfte der einst 4.500 Branchen-Arbeitsplätze weggebrochen. Zudem sind viele Zulieferer aus der Glasindustrie und dem Maschinenbau von den Solarzellen-Herstellern abhängig.

Aufgrund dieses Niedergangs forderten das Land Thüringen und die Linke bereits mehrfach einen Solargipfel. Die Interessenvertreter aller Beteiligten Gruppen sollen an einen Tisch gebracht werden, um über Maßnahmen gegen einen weiteren Stellenabbau zu beraten. Das FDP-geführte Bundeswirtschaftsministerium erteilt dieser Forderung nun aber eine klare Absage. Das geht aus der Antwort von Staatssekretär Stefan Kapferer auf eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten der Linken, Jan Korte, hervor. „Nach Einschätzung der Bundesregierung kann das Problem bestehender weltweiter Überkapazitäten nicht durch einen Solargipfel in Ostdeutschland gelöst werden“, heißt es darin.

In der Vergangenheit hätte die Solarindustrie viel zu wenig auf Innovation gesetzt. Gefördert von Milliarden aus dem Steuertopf. Nun müsse der Wettbewerb gestärkt werden, unter anderem auch durch eine grundlegende Reformierung des Erneuerbare Energien-Gesetzes, schreibt Kapferer. Korte kritisiert diese Ablehnung eines Solargipfels. „Die Bundesregierung ergreift nicht nur keine Maßnahmen, sie will auch noch nicht mal mit den Betroffenen vor Ort darüber sprechen“, sagte der Abgeordnete der Linken.

Bereits in der Debatte um die umstrittenen Strafzölle auf billig produzierte Solar-Panele aus China stellte sich die Bundesregierung nicht auf die Seite der deutschen Hersteller. Gegen ihren Willen beschloss die EU-Kommission die Einführung der Importbeschränkungen. Handelskommissar Karel de Gucht bezeichnete die Zölle als Notmaßnahme, um die strauchelnde Solarindustrie in Europa wiederzubeleben. Die Bundesregierung befürchtet hingegen, dass durch einen somit provozierten Handelskrieg mit China sehr viel mehr Arbeitsplätze verloren gehen könnten, als die nun gefährdeten bei den Solar-Bauern.

Andere Branchen mit mehr Gewicht und Einfluss, etwa die Auto-Industrie, können im Zweifelsfall auf die tatkräftige Unterstützung der Bundesregierung zählen (hier). Anders ist die Situation bei Sektoren ohne starke Fürsprecher in den Reihen der schwarz-gelben Koalition, wie die Solarbranche. Hier werden wirtschaftspolitische Überzeugungen betont, allen voran die Forderung nach Anpassungs- und Wettbewerbsfähigkeit. Sind Branchen mit starken Lobby-Gruppen betroffen, sieht man über diese Grundsätze oft genug großzügig hinweg.

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Experten-Webinar: Ist Bitcoin das neue Gold? – Chancen, Risiken und Perspektiven

Inflation, Staatsverschuldung, geopolitische Unsicherheiten: Viele Anleger fragen sich, wie sie ihr Vermögen in Zeiten wachsender...

X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Finanzen
Finanzen Steuerentlastungen: Bundesregierung will Investitionen ankurbeln
05.06.2025

Steuerliche Anreize sollen die deutsche Wirtschaft aus der Flaute holen. Die Bundesregierung setzt auf Abschreibungsmöglichkeiten und eine...

DWN
Politik
Politik Showdown in Washington: Merz trifft Trump – Annäherung oder Abrechnung?
04.06.2025

Bundeskanzler Friedrich Merz reist nach Washington, um Donald Trump die Hand zu reichen – doch der Empfang dürfte frostig werden....

DWN
Politik
Politik Bulgarien bekommt den Euro - nicht alle freuen sich darüber
04.06.2025

Die EU-Kommission macht den Weg frei: Bulgarien darf 2026 den Euro einführen. Doch im Land regt sich massiver Widerstand. Während...

DWN
Finanzen
Finanzen Goldpreis aktuell auf Rekordkurs: Doch deutsche Anleger bleiben zurückhaltend – die Gründe
04.06.2025

Der Goldpreis steigt erneut auf ein beeindruckendes Niveau – doch die deutsche Nachfrage sinkt. Was steckt hinter dieser paradoxen...

DWN
Politik
Politik Zinswende mit Risiko – Steuert Lagarde Europa in die Deflation?
04.06.2025

Christine Lagarde will am Donnerstag erneut die Zinsen senken – trotz globaler Unsicherheiten, Handelskonflikten und überraschend...

DWN
Politik
Politik NATO fordert 5 Prozent fürs Militär – doch Europas Regierungen spielen weiter auf Zeit
04.06.2025

Während Russland aufrüstet und zum Gegenschlag bereitsteht, warnt die NATO vor einem historischen Sicherheitskollaps – doch viele...

DWN
Politik
Politik Grenzkontrollen: Dobrindt und Frei verteidigen Linie der Bundesregierung
04.06.2025

Ein Gerichtsurteil stellt die Rechtmäßigkeit aktueller Grenzpraktiken infrage – doch Innenminister Dobrindt und Kanzleramtschef Frei...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Deutsche Firmen vor Engpässen bei seltenen Erden aus China
04.06.2025

China verschärft seine Exportkontrollen bei strategisch wichtigen Mineralien – mit direkten Folgen für die deutsche Industrie. Vor...