Deutschland

Studie: Parteien versprechen Milliarden-Geschenke, die es niemals geben wird

Das Wahlprogramm der SPD würde Mehrkosten in Höhe von 60 Milliarden Euro verursachen. Zu finanzieren wären die Wahlgeschenke vom Steuerzahler, der auch von den anderen Parteien nicht geschont wird. Nichts ist finanzbar. Die Parteien gehen davon aus, dass die Wähler am 1. Oktober alle Versprechungen wieder vergessen haben.
11.07.2013 02:44
Lesezeit: 2 min

In den vergangenen Monaten haben die großen Parteien, die Koalition genauso wie die Opposition, zahlreiche Wahlgeschenke in ihre Wahlprogramme gepackt. Die Gunst der Wähler ist den Parteien einiges wert, könnte man meinen. Doch am Ende zahlt der Steuerzahler, sollten die Versprechungen im Falle eines Wahlsieges tatsächlich eingelöst werden. Mehrkosten von mehreren Milliarden Euro wären nämlich die Folge, wie eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln zeigt.

Das Wahl-Programm der SPD beispielsweise würde zu jährlichen Mehrkosten in Höhe von fast 60 Milliarden Euro führen. Bei den Grünen kämen ebenfalls nahezu 60 Milliarden Euro zusammen, so das Institut. Daran können die geplante Anhebung des Spitzensteuersatzes auf 49 Prozent und die Einführung der Vermögenssteuer auch nichts ändern. Auf lange Sicht (bis 2030) würde die SPD mit ihrem Programm sogar eine Mehrbelastung von etwa 79 Milliarden Euro pro Jahr verursachen. „Innerhalb von fünf Jahren würde sich ein Rückstand des Wachstumspfads von 0,7 Prozent gegenüber dem Status-quo-Szenario ergeben“, heißt es in der Studie. Dies könne insgesamt dazu führen, dass mindestens 300.000 Stellen weniger entstehen würden.

Die Ankündigungen der Union, wie etwa die Einführung der Lebensleistungsrente, die Erhöhung der Kinderfreibeträge und des Kindergeldes sowie eine Verbesserung der Mütterrente, würden Mehrkosten in Höhe von mindestens 12 Milliarden Euro und einen Wachstumsrückgang um 0,1 Prozent bedeuten. Dieser würde sich bis 2030 auch nicht mehr verändern, so das Institut. „Dies könnte mit einer dauerhaften Minderbeschäftigung von großzügig aufgerundet 100.000 Personen verbunden sein.“

Die Bewertung des FDP-Wahlprogramms fällt dagegen eher dürftig aus, da sich darin nur wenige konkrete Aussagen befinden. Zur FDP heißt es:

„Der fiskalische Effekt des FDP-Programms summiert sich auf eine kaum nennenswerte Reduktion der Abgabenbelastung um 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Das liegt unter anderem auch da ran, dass die anvisierte Abschaffung des Solidaritätszuschlags so wenig handhabbar formuliert wurde, dass eine Bewertung nicht möglich war. Eine Schätzung von Wachstums- oder Beschäftigungseffekten entfällt angesichts des geringen Volumens.“

„Das Wahlprogramm der Partei DIE LINKE liest sich (…) eher wie eine Utopie, die in vielen Punkten aufgrund von Inkonsistenzen mehr Fragen als Antworten aufwirft und wenig konkrete Anhaltspunkte zur Simulation bietet“, schreibt das Institut. Vor allem das bedingungslose Grundeinkommen führe dazu. Die Mehrkosten würden bei mindestens 161 Milliarden Euro liegen. „Auf lange Sicht kommen weitere 20 Milliarden Euro pro Jahr hinzu, so dass sich Mehrbelastungen für Bürger und Unternehmen von gut 181 Milliarden Euro ergeben würden“.

Auffällig ist allerdings, dass Union und FDP mit ihrem Wahlprogrammen relativ gut wegkommen. Dies hat einerseits damit zu tun, dass es für den Herausforderer meist schwerer ist, eine Bundestagswahl zu gewinnen. Andererseits darf nicht außer Acht gelassen werden, dass das IW Köln in ihrer Struktur deutliche Verzweigungen zu Arbeitgeberverbänden und auch teilweise der CDU aufweist, wie Lobbypedia zeigt. Dies kann eine Rolle spielen, muss jedoch nicht.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.
E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und erkläre mich einverstanden.
Ich habe die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Politik
Politik Meloni wird Trumps Brücke nach Europa
24.04.2025

Giorgia Meloni etabliert sich als bevorzugte Gesprächspartnerin Donald Trumps – und verschiebt das diplomatische Gleichgewicht in Europa.

DWN
Politik
Politik Rot-Grüner Koalitionsvertrag für Hamburg steht
24.04.2025

SPD und Grüne wollen in Hamburg weiter gemeinsam regieren – trotz veränderter Mehrheitsverhältnisse. Der neue Koalitionsvertrag steht,...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Warum irische Firmen im deutschen Green-Tech-Boom Milliardenwachstum anstreben
24.04.2025

Irlands Green-Tech-Firmen erobern den deutschen Markt – mit strategischem Fokus auf Energie, Infrastruktur und Digitalisierung.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Der Goldpreis fällt – Ist der Gipfel bereits überschritten?
24.04.2025

Nach einem historischen Rekordhoch hat der Goldpreis nun zum zweiten Mal in Folge deutlich nachgegeben – ein möglicher Wendepunkt am...

DWN
Politik
Politik USA und China: Handelsgespräche stehen still – Trump setzt weiter auf Eskalation
24.04.2025

Washington und Peking liefern sich einen erbitterten Handelskrieg – von Verhandlungen fehlt jede Spur. Trumps Strategie setzt weiter auf...

DWN
Politik
Politik Ukraine-Krieg: Trump glaubt an Deal mit Moskau – und kritisiert Selenskyj
24.04.2025

Donald Trump sieht eine Einigung mit Russland zum Greifen nah – und gibt Präsident Selenskyj die Schuld an der Fortdauer des Krieges....

DWN
Technologie
Technologie Das neue Gold der Energiewende: Warum Batteriespeicher zur Überlebensfrage werden
24.04.2025

Während Europas grüne Agenda ins Wanken gerät und geopolitische Schocks die Energielandschaft umkrempeln, kündigt sich eine neue Ära...

DWN
Panorama
Panorama Deutsche Bahn: Warum die Generalsanierung Jahre dauern wird
24.04.2025

Unpünktlich, überlastet, marode: Die Bahn steckt fest. Die Bundesregierung will mit Milliarden gegensteuern – doch selbst optimistische...