Aus der Wirtschaft kommt harte Kritik an der deutschen Verkehrspolitik. Der Wirtschaftsstandort Deutschland werde durch mangelndes Verantwortungsbewusstsein der Parteien immer stärker gefährdet. In diesem Zusammenhang sei es auch vollkommen egal, wer die nächste Bundesregierung stellt.
„In Deutschland läuft Grundlegendes in der Verkehrspolitik schief“, zitiert Reuters Gerhard Riemann vom Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen. Für die vielfältigen Probleme in der Binnenschifffahrt, im Schienen- und Lkw-Verkehr sei in erster Linie die Politik verantwortlich. Doch in allen Parteien fehlten Politiker, „die auch einmal ein heißes Eisen anpacken“.
Keine der politischen Parteien gebe eine zufriedenstellende Antwort, wie der Investitionsstau in der Infrastruktur behoben werden könne. Auch nach der Bundestagswahl werde sich nichts bessern, egal wer dann die Regierung stellt, so Riemann.
Der Lkw-Verkehr trage so die Lasten für andere, so Riemann. „Nicht nur Lkw benutzen die Straße, sondern auch Pkw.“ Daher fordert er die Einführung einer Maut für alle Autofahrer, um dringend notwendige Verbesserungen und Reparaturen von Straßen zu finanzieren.
Sein Verband habe immer für diese Abgabe plädiert, sagte Riemann. Um die Belastung deutscher Autofahrer in Grenzen zu halten, könne man über „eine angemessene Anpassung“ bei der Mineralöl- oder Kfz-Steuer diskutieren.
Riemann distanziert sich jedoch von Wahlkampf-Forderungen des CSU-Chefs Horst Seehofer. Dieser hatte eine Pkw-Maut nur für Ausländer zur Bedingung für einen künftigen Koalitionsvertrag gemacht. Dass die zusätzlichen Einnahmen aus einer Pkw-Maut dann tatsächlich in Straßeninvestitionen fließen, sei aber unsicher, „weil die Politik in der Hinsicht unehrlich ist“.
Die aktuellen Probleme wegen fehlender Stellwerker bei der Deutschen Bahn (hier) seien nur ein weiterer Beleg für katastrophale Fehlentwicklungen im Verkehrsbereich, sagte Riemann. So werde etwa der Güterverkehr auf der Schiene durch den Vorrang des Personenverkehrs bei der Bahn behindert.
Zwar stehe Deutschland im europäischen Vergleich noch relativ gut da, sagt Riemann. Doch es werde den Anschluss an die internationale Konkurrenz verlieren, wenn es keine radikale Kurswende gebe.