Deutschland

Schleswig Holstein: Polizei überwachte 7 Millionen Handys

Wer zur falschen Zeit am falschen Ort ist, dessen Daten werden von der Polizei in Schleswig-Holstein gespeichert und über Jahre gespeichert. Rein rechnerisch ist die jedem Einwohner des Bundeslandes schon mehrmals wiederfahren.
16.08.2013 18:17
Lesezeit: 1 min

Die Polizei in Schleswig-Holstein hat massenhaft Verbindungs- und Standortdaten erfasst. Jeder, der sich im Umkreis eines Tatorts aufhält, muss damit rechnen, dass seine Bewegungen von der Polizei gespeichert werden.

Seit 2009 hat die Polizei in Schleswig-Holstein bei 850 Funkzellen-Abfragen rund 7 Millionen Mal Handys geortet, zitiert die Piratenpartei Angaben der Landesregierung. Statistisch gesehen sei jeder Einwohner von Schleswig Holstein schon mehrfach von der Polizei geortet worden.

Bei einer Funkzellenabfrage erhält die Polizei von den Netzbetreibern Informationen darüber, wer mit wem wo telefoniert. Die überwachten Bewegungen der Handynutzer bleiben oft jahrelang gespeichert. Die Ermittlungen sind oft schon längst eingestellt. Obwohl 7 Millionen Handydaten erfasst wurden, ist es bisher nur in 36 Fällen zu einer Verurteilung gekommen. Katharina Nocun, politische Geschäftsführerin der Piratenpartei, sagte:

„Das ist nicht nur ineffektiv. Es ist vollkommen unverhältnismäßig, mit geringer Erfolgsaussicht ins Blaue hinein eine massenhafte Kompletterfassung aller Handybenutzer im Umkreis eines Tatorts vorzunehmen. Gegen diese Massendurchleuchtung muss eingeschritten werden.“

Die Piraten kritisieren, dass viele Handynetz-Betreiber die Bewegungsdaten ihrer Kunden auf Vorrat speichern. Für die Abrechnung sei dies technisch gar nicht erforderlich. Indem die Handynetz-Betreiber die Bewegungsdaten speicherten, verleiteten sie die Polizei dazu, diese Daten massenhaft abzufragen, so Nocun:

„Die Netzbetreiber speichern unsere Daten in einer ausufernden und grundrechtsverletzenden Weise, die den ‚gläsernen Bürger‘ Realität werden lässt, und der Gesetzgeber unternimmt nichts dagegen. (…) Die Bewegungserfassung der Anbieter muss sofort gestoppt werden, damit entfällt auch die Grundlage für die umstrittenen rückwirkenden Massenabfragen der Polizei.“

So lange nicht verhindert werden könne, dass Menschen ohne ihr Wissen in ein Überwachungsraster fallen, seien „Funkzellenabfragen eine systematische Grundrechtsverletzung und ein Einbruch in unsere informationelle Selbstbestimmung in ganz großem Stil“, sagte Nocun.

 

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Gold als globale Reservewährung auf dem Vormarsch

Strategische Relevanz nimmt zu und Zentralbanken priorisieren Gold. Der Goldpreis hat in den vergangenen Monaten neue Höchststände...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Thyssenkrupp-Umbau betrifft Tausende – Betriebsräte fordern Klarheit
01.07.2025

Angesichts weitreichender Umbaupläne bei Thyssenkrupp fordern die Beschäftigten klare Zusagen zur Zukunftssicherung. Betriebsräte pochen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Neues Werk für NATO-Kampfjet: Rheinmetall startet Produktion in NRW
01.07.2025

Der Rüstungskonzern Rheinmetall hat in Weeze (Nordrhein-Westfalen) eine hochmoderne Fertigungsanlage für Bauteile des Tarnkappenbombers...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Investitionsstau: Kaputte Straßen, marode Schulen – Kommunen am Limit
01.07.2025

Viele Städte und Gemeinden stehen finanziell mit dem Rücken zur Wand: Allein die Instandhaltung von Straßen, Schulen und...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Alt gegen Jung: Wie die Generation Z das Arbeitsleben umkrempelt – und was zu tun ist
01.07.2025

Alt gegen Jung – und keiner will nachgeben? Die Generationen Z und Babyboomer prallen aufeinander. Doch hinter den Vorurteilen liegen...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Arbeitsmarkt ohne Erholung im Juni: Warten auf den Aufschwung
01.07.2025

Die erhoffte Belebung des Arbeitsmarkts bleibt auch im Sommer aus: Im Juni ist die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland nur minimal um...

DWN
Politik
Politik Schlachtfeld der Zukunft: Die Ukraine schickt ihre Kampfroboter ins Gefecht
01.07.2025

Die Ukraine setzt erstmals schwere Kampfroboter an der Front ein. Während Kiew auf automatisierte Kriegsführung setzt, treiben auch...

DWN
Immobilien
Immobilien Wohnen bleibt Luxus: Immobilienpreise steigen weiter deutlich
01.07.2025

Die Preise für Wohnimmobilien in Deutschland sind erneut gestiegen. Laut dem Statistischen Bundesamt lagen die Kaufpreise für Häuser und...

DWN
Politik
Politik Trump und Musk im Schlagabtausch: Streit um Steuerpläne und neue Partei eskaliert
01.07.2025

Die Auseinandersetzung zwischen US-Präsident Donald Trump und dem Tech-Milliardär Elon Musk geht in die nächste Runde. Am Montag und in...