Die Euro-Zone entspricht keinem einheitlichen Währungsraum. Die Konjunkturzyklen der einzelnen Wirtschaftsräume sind zu unterschiedlich. Damit eine gemeinsame Währung über einen so großen Raum funktionieren kann, müssten die Wirtschaftszyklen wie in den USA „synchron“ verlaufen, urteilen die Ökonomen Kevin O’Rourke und Alan Tayler in ihrem Aufsatz im Journal of Economic Perspectives.
Während der Leitzins für Länder der europäischen Peripherie derzeit nicht tief genug sein könnte, brauchen die Länder Zentraleuropas viel höhere Zinsen. Die derzeitige Schuldensituation in Europa verlangt nach einer maßgeschneiderten Geldpolitik. Mit nur einer Währung ist das aber ausgeschlossen.
Schuld an der Misere ist die EZB. Die Länder Südeuropas konnten sich über Jahre billiges Geld von der EZB leihen. Wirtschaftsreformen wurden vernachlässigt. Staatdessen stiegen die Staatsschulden. Nach dem Ausbruch der Finanzkrise hat sich diese Situation durch die Ankündigung Mario Draghis nur noch verschlimmert, die EZB werde tun, „was nötig sei“, um den Euro zu erhalten.
Grafik 1 (oben) zeigt das Zinsniveau in der Euro-Zone von 1999 bis 2011. Die Leitzinsen für die Peripherieländer müssten den Ökonomen zufolge längst negativ sein (hellblau). Für Kernländer wie Deutschland berechnet Tayler einen aktuellen Leitzins von etwa fünf Prozent (dunkelblau). Die perforierte Linie zeigt den tatsächlichen Zins.
Grafik 2 zeigt die Zinsentwicklung in den vier Wirtschaftsregionen der USA: Northeast, South, Midwest und West. Die Linien liegen nahezu aufeinander. Die Zinspolitik fällt entsprechend homogen aus.
Löhne müssten drastisch sinken
Da die Krisenländer den Euro nicht abwerten können, versuchen sie, durch die Senkung der Löhne eine sogenannte „interne Abwertung“ zu erreichen. Trotz Strukturreformen und Austerität sei der Prozess der internen Abwertung aber erst minimal fortgeschritten. In den Boomjahren bis 2007 hat sich das Lohnniveau durch die niedrigen EZB-Zinsen überproportional aufgebläht. Nach der Krise habe noch keine Konsolidierung stattgefunden (siehe Grafik 3).
In Spanien sinken zwar die Lohnstückkosten, aber nicht durch eine Reduzierung der Nominallöhne, sondern dadurch, dass zuerst jede Menge Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz verloren haben, argumentieren die Ökonomen.
Um die Krisenländer wieder wettbewerbsfähig zu machen, müssten die Löhne binnen kürzester Zeit extrem fallen. Das treibt die Menschen aber in den Ruin und führt zu Unruhen.
Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die EU nur durch eine radikale Banken-Union gerettet werden könnte sowie die Vergemeinschaftung der Staatsschulden durch gemeinsame Anleihen. Mit der Fiskalunion habe Brüssel das auch versucht.
Aber das Gebilde EU kann sich nicht retten.
O’Rourke und Tayler sehen nämlich, dass die Probleme in der europäischen Peripherie bereits so sehr fortgeschritten sind, dass Politiker keine Chance erhalten werden, um sie zu lösen. Sie halten die EU für zu behäbig, um die Reformen schnell umzusetzen. Die Euro-Zone sei „vorher längst kollabiert“.
Die Bürger Europas befinden sich erst „am Ende vom Anfang“ der Eurokrise.