Politik

Italien-Umfrage: Parteien, die Monti gewählt haben, verlieren Mehrheit

Lesezeit: 2 min
16.06.2012 01:38
Italien ist wieder voll im Visier der Finanzmärkte. Einer der Gründe: Sie glauben die schönen Geschichten nicht, die Mario Monti so eloquent erzählt. Die Parteien, die Monti gewählt haben, haben einer neuen Umfrage zufolge die Mehrheit verloren. Damit wird es eng für den technokratischen Premier.
Italien-Umfrage: Parteien, die Monti gewählt haben, verlieren Mehrheit

Mehr zum Thema:  
Benachrichtigung über neue Artikel:  

Mario Monti hat es schwer. Mit großer Eloquenz hat der Goldman Sachs-Banker in den vergangenen Monaten versucht, den Märkten Italien als Perle zu verkaufen, deren Wert in nichts einem schillerden CDO nachsteht (CDO: gut verschnürtes Schulden-Bündel, von dem niemand weiß, was drinnen ist; bekanntes Beispiel: die amerikanischen Schrott-Kredite). Monti versuchte sich als europäischer Moderator, diente sich Angela Merkel als Berater, Nicolas Sarkozy als Verbündeten und Francois Hollande als Freund an. Er sprach viel von Europa, Eurobonds, der Weltwirtschaft. Er sprach wenig über Italien. Und er sprach in letzter Zeit überhaupt nicht mehr von Reformen in Italien, weil nämlich sogar die Blindesten die EU-Kommission erkannt hatte, dass es in Italien alles gab, bloss keine Reformen.

Eine Reförmchen sollen jedoch nicht verschwiegen werden: Am Freitag hat das Kabinett in Rom neue Dringlichkeitsmaßnahmen in Höhe von 80 Milliarden Euro gebilligt, um das wirtschaftliche Wachstum anzukurbeln und die Verschulden zu verringern. Zu den Maßnahmen zählen die Privatisierung von Staatseigentum, das Emittieren von speziellen Infrastrukturbonds (die Jens Weidmann für unnötig erachtet – hier) sowie die Reduzierung der Mitarbeiter im Kabinett und im Finanzministerium. Darüber hinaus soll es für Unternehmen einfacher gemacht werden, Konkursanträge zu stellen und ihre Unternehmensschulden umzustrukturieren. Auch Aussetzungen für Baufirmen, die hart von der Krise getroffen worden sind, sind vorgesehen. Aber im Vergleich zu den tatsächlichen Gefahren für Italien sind das alles Peanuts.

Denn seit dem Spanien Bailout zählen wieder die harten Fakten. Und die sind gar nicht gut: Die Rendite für italienische Staatsanleihen zog in den vergangenen Tagen stark an (hier)– die Investoren fürchten eine Ansteckung des Landes, nachdem Spanien bereits um ein Rettungspaket für seine Banken gefragt hat. Es ist also keine Überraschung, dass Mario Monti nun auch in Italien mit immer größerer Skepsis betrachtet wird.

Eine am Freitag veröffentlichte Umfrage zeigt, dass nur mehr 33 Prozent der Italiener mit der Arbeit des Premiers einverstanden sind – zu Beginn seiner Amtszeit erhielt er 71 Prozent Zustimmung. Im Gegenzug erhält ausgerechnet die Protestbewegung „Fünf Sterne“ um den Komiker Beppo Grillo zunehmend mehr Rückhalt (seine Partei konnte bei den Kommunalwahlen punkten – hier). Mit 21 Prozent wäre die Protestbewegung immerhin zweitstärkste Partei im Parlament, wenn am Sonntag neu gewählt werden würde. Mit 24 Prozent würden die Demokraten als stärkste Partei hervorgehen. Das Problem für Monti ist weniger, dass seine persönliche Eitelkeit gekränkt werden könnte. Sein reales Problem besteht darin, dass die Parteien, die ihn ins Amt gehievt haben, nun weniger als 50 Prozent der Stimmen haben. Statt dessen erhalten jene Parteien Zulauf, die den Wählern versprechen, ohne Sparprogramme ginge alles viel besser.

Die Entwicklung zeigt dass es für Mario Monti in Zukunft immer schwieriger werden wird, seine Reformen durchzusetzen. Der wirtschaftspolitische Sprecher der Mitte-Links-Partei PD hatte Anfang Juni sogar vorgezogenen Neuwahlen verlangt (hier).

Für Monti könnten Neuwahlen übrigens der Königsweg sein: In Griechenland wird gerade darüber diskutiert, ob die EU nicht vielleicht wieder Lucas Papademos einwechseln könnte - wegen der zu erwartenden unklaren Mehrheitsverhältnisse (mehr zu den Planspielen - hier).

Vielleicht sollte Monti tatsächlich Neuwahlen ansetzen - um sich dann, während sich die italienischen Parteien zerfleischen, als Retter rufen zu lassen. Europa kann sicher sein: Monti II wäre eine glanzvolle Epoche, in der dank des ESM Italien Milch und Honig für Italien aus deutscher Produktion fließen - unkündbar und unwiderruflich, wie es der Deutsche Bundestag in wenigen Wochen beschließen wird.


Mehr zum Thema:  

Anzeige
DWN
Panorama
Panorama Halbzeit Urlaub bei ROBINSON

Wie wäre es mit einem grandiosen Urlaub im Juni? Zur Halbzeit des Jahres einfach mal durchatmen und an einem Ort sein, wo dich ein...

DWN
Finanzen
Finanzen KfW: Deutlich weniger Förder-Kredite, aber mehr Gewinn zum Jahresauftakt
08.05.2024

Nach mehreren Krisenjahren hat sich das Kreditgeschäft der staatlichen Förderbank wieder normalisiert. Gleichwohl verdient die...

DWN
Unternehmen
Unternehmen BMW mit Gewinnrückgang - Konzernchef Zipse bleibt extrem optimistisch
08.05.2024

Der Autobauer BMW musste im ersten Quartal trotz des florierenden Luxussegments Gewinneinbußen verbuchen. Konzernchef Oliver Zipse bleibt...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft Insolvenzen in Deutschland steigen weiter dramatisch an - Zukunftsaussichten bleiben düster
08.05.2024

Im April verzeichnete Deutschland erneut einen starken Anstieg der Firmeninsolvenzen - ein bedenklicher Trend, der bereits seit 10 Monaten...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Siemens Energy beendet Misere und startet Sanierungsplan für Windkraftsparte Gamesa
08.05.2024

Beim kriselnden Energietechnikkonzern Siemens Energy scheint sich der Wind zu drehen. Nach einem guten zweiten Quartal mit schwarzen Zahlen...

DWN
Technologie
Technologie Abzocke an der Ladesäule? E-Auto laden unterwegs teurer als Benzin E10
08.05.2024

Die Begeisterung für Stromer hat in Deutschland schon arg gelitten. Die Ampel gewährt keine Zuschüsse mehr bei der Anschaffung - und nun...

DWN
Finanzen
Finanzen Anlagevermögen in Deutschland 2023 um 10 Prozent gewachsen
08.05.2024

Deutsche Kapitalanleger sind trotz schwacher Weltkonjunktur reicher geworden. Eine erfreuliche Nachricht für die Vermögensverwalter, die...

DWN
Weltwirtschaft
Weltwirtschaft LNG: EU-Sanktionen bedrohen Russlands Energiegeschäfte
08.05.2024

Russland steht vor möglichen schmerzhaften EU-Sanktionen im Zusammenhang mit seinen Geschäften im Bereich Flüssigerdgas (LNG). Die...

DWN
Politik
Politik CDU plant schrittweise Rückkehr zur Wehrpflicht
08.05.2024

Nachdem die Bundeswehr 2011 von einer Regierung unter Führung der Union von der Wehrpflicht befreit wurde, macht die CDU nun nach 13...