Die Erwartungen für die Schweizer Konjunktur haben sich im Juni deutlich verschlechtert. Finanzmarktanalysten erwarten, dass sich das Wirtschaftswachstum in der Schweiz im zweiten Halbjahr 2012 erheblich verlangsamen wird. Der Credit Suisse ZEW Indikator ist im Juni auf -43,4 gesunken. Das ist der schlechteste Wert in diesem Jahr. Inzwischen gehen um ein Viertel mehr Analysten davon aus, dass sich die konjunkturelle Situation verschlechtern wird.
Diese Erwartungen stehen im starken Gegensatz zu den Entwicklungen im ersten Halbjahr. Vor allem im ersten Quartal wuchs die Schweizer Wirtschaft überraschend stark. Das Wirtschaftswachstum für das letzte Quartal des Jahres 2011 konnte sogar noch nach oben revidiert werden. Doch dieser positive Trend wird sich nicht fortsetzen: „Die Exporte sollten sich weiter abschwächen, da der Schweizer Franken stark bleibt und die Nachfrage aus der Eurozone, die Destination für 48 Prozent der Schweizer Exporte, infolge der Schuldenkrise fällt. Ferner sollten die Unternehmensinvestitionen relativ schwach bleiben. Die Margen sind durch die Frankenstärke stark unter Druck geraten und die Unsicherheit sollte auf die Geschäftsstimmung drücken“, sagte Maxime Betteron Mitautor des Finanzmarkttests der Credit Suisse und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung in Mannheim (ZEW), den Schweizer Mittelstands Nachrichten.
Die Wirtschaft wuchs im ersten Quartal hauptsächlich aufgrund des Privatkonsums so unerwartet stark. Er hatte im Vergleich zum Vorquartal um 0,6 Prozent zugelegt. Ein anderer Grund ist ein ausserordentlich starker Lageraufbau, der das Wachstum um einen weiteren Prozentpunkt steigern konnte. Die Bauinvestitionen und die Nettoexporte ließen allerdings stark nach.
Auch wenn der Ausblick negativ ausfällt, die aktuelle Situation bewerteten fast ein Fünftel der Analysten positiv. Deutlich zurückgegangen ist auch die Angst vor einer steigenden Inflation: Hatten im Mai noch 22 Prozent mit einem starken Anstieg der Inflation gerechnet, sind es nun nur noch 6,6 Prozent. Dadurch scheint auch die Geldpolitik der Schweizer Nationalbank gerechtfertigt: „Da es im Moment keinen Inflationsdruck in der Schweiz gibt – die Inflation war im Mai sogar negativ bei -1.0 Prozent im Vorjahresvergleich – kann die SNB ihre sehr expansive Geldpolitik weiterführen“, sagt Betteron. Dies sei auch dringend notwendig, heißt es.
Die konjunkturelle Risiken rechtfertigte den im September 2011 eingeführten Mindestwechselkurs von 1.20 Franken pro Euro. Er dämpfe den negativen Einfluss auf die Exportindustrie, die auch unter der sehr schwachen Nachfrage aus den meisten Ländern der Eurozone leidet.