Finanzen

Bundesbank will kein weiteres Gold mehr nach Deutschland holen

31.08.2019 14:00
Lesezeit: 6 min

Mehrere Staaten gehen seit geraumer Zeit dazu über, ihre Goldreserven, die bei der US-Notenbank Fed in New York deponiert sind, teilweise zurückzuholen. Dazu zählen dem Magazin Gold Telegraph zufolge Russland, die Türkei, Deutschland, die Niederlande, Österreich, China, Aserbaidschan, Belgien und mittlerweile auch Ungarn und Polen.

Beispielsweise hatte die Türkei am 19. April 2018 Gold im Volumen von 220 Tonnen aus den USA zurückgeholt. Der Wert beläuft sich auf 25,3 Milliarden US-Dollar. Der türkische Präsident äußerte in diesem Zusammenhang Kritik am US-Dollar als Weltwährung. Er forderte, dass der IWF seine Kredite künftig in Gold ausgeben soll. „Diese Schulden sollten in Gold denominiert sein. Denn zu diesem Zeitpunkt ist das Karat Gold anders als alles andere. Die Welt setzt uns mit dem Dollar ständig unter Währungsdruck. Wir müssen Staaten und Nationen vor diesem Währungsdruck retten”, zitiert Haberturk den türkischen Präsidenten.

Dem Gold Telegraph zufolge schenken die Nationen der Aussage des US-Schatzamts, wonach angeblich in Fort Knox 261.000.000 Unzen an Gold gelagert werden, keinen Glauben. Darüber hinaus haben die offiziellen Goldreserven noch nie eine gründliche unabhängige Prüfung durchlaufen. Anstatt den Worten der US-Regierung voll und ganz zu vertrauen, halten es die Länder für sicherer, ihr Gold nach Hause zu bringen. Zusätzlich zu den Ländern, die ihr Gold zurückfordern, versuchen Nationen auf der ganzen Welt, den US-Dollar zu meiden, insbesondere in Zeiten drohender Handelskriege und massiver Zölle, die von den USA initiiert wurden.

Russland und China haben in den vergangenen Jahren ihre Goldreserven kontinuierlich erhöht, wodurch das Gerücht aufkam, dass die Länder eine goldgedeckte Währung planen, die den US-Dollar als Leitwährung aushebeln soll.

Der Iran hatte im vergangenen Jahr angekündigt, den US-Dollar als Berichtswährung durch den Euro ersetzen zu wollen.

Die Goldreserven der Nationalbank von Polen (NBP) sind Anfang Juli 2019 um 125,7 Tonnen auf 228,6 Tonnen gestiegen. Das geht aus einer Mitteilung der NBP hervor. Der Gouverneur der NBP, Adam Glapiński, fügte hinzu, dass Maßnahmen ergriffen wurden, um einen erheblichen Teil des polnischen Goldes aus London zurückzuholen. Das polnische Gold war dort bei der Bank of England deponiert. „Mit der Erfüllung unserer verfassungsmäßigen, gesetzlichen und einfach patriotischen Verpflichtung bauen wir nicht nur die wirtschaftliche Stärke des polnischen Staates auf, sondern schaffen auch Reserven, die seine finanzielle Sicherheit gewährleisten. Das ist der globale Trend, aber auch die Erwartung der polnischen Gesellschaft”, so Glapiński.

Im Jahr 2017 hatte auch die Bundesbank die Hälfte der deutschen Goldreserven im Volumen von 3.378 Tonnen aus New York, Paris und London zurückgeholt. Aus einer Mitteilung der Bundesbank geht hervor, dass in New York noch 1.236 Tonnen Gold lagern, was einem prozentualen Anteil an allen deutschen Goldreserven von 36,6 Prozent entspricht. Bei der Bundesbank in Frankfurt am Main lagern 1.710 Tonnen (50,6 Prozent) und bei der Bank of England 432 Tonnen (12,8 Prozent).

Im Verlauf des Kalten Kriegs musste das deutsche Gold möglichst „westlich des Rheins” gelagert werden, da Deutschland sich aus dem Osten von der Sowjetunion bedroht sah. Doch die geopolitische Lage hat sich mittlerweile grundlegend geändert und Deutschland ist sicher. Es ist davon auszugehen, dass die Bundesbank in den kommenden Jahren auch den Großteil des in New York gelagerten Goldes nach Deutschland holen wird. Im Interview mit dem Deutschen Wirtschaftsnachrichten nimmt sie dazu Stellung:

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Plant die Bundesbank, künftig ihre Goldbestände zu erhöhen, indem sie Gold am Markt zukauft? Wenn ja, warum? Wenn nein, warum nicht?

Bundesbank: Nein. Die Bundesbank verfügt bereits mit einem Goldbestand von 3.369,7 Tonnen (Stand 31.12.2018) über die zweithöchsten Goldreserven aller Notenbanken weltweit.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Derzeit lagert die Hälfte des deutschen Staatsgoldes im Ausland. Hat die Bundesbank vor, künftig weitere Bestände nach Deutschland zu holen?

Bundesbank: Weitere Verlagerungen sind derzeit nicht vorgesehen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Polen hatte jüngst einen Teil seines in London lagernden Goldes zurück ins eigene Land geholt. Erwarten Sie mit Blick auf den Brexit einen Bedeutungsverlust für das Goldhandelszentrum London und eine Aufwertung von kontinentaleuropäischen Finanzzentren?

Bundesbank: Über die Gründe anderer Staaten oder Notenbanken, Gold zu verlagern, möchten wir nicht spekulieren. Unter welchen Brexit-Szenarien Auswirkungen auf das Goldhandelszentrum in London zu erwarten sind, bleibt abzuwarten.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Was steht aus Sicht der Bundesbank hinter dem jüngsten deutlichen Anstieg des Goldpreises?

Bundesbank: Der Anstieg des Goldpreises ist in den Medien schon ausführlich analysiert und besprochen worden. Dem ist aus Bundesbanksicht nichts hinzuzufügen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Welche Rolle spielt Gold aus Sicht der Bundesbank im Weltfinanzsystem? Erwarten Sie, dass diese Funktion auch in Zukunft gilt, oder wird es aus Ihrer Sicht zu Änderungen der Bedeutung von Gold kommen?

Bundesbank: Seine geldpolitische Rolle hat Gold seit dem Ende des Bretton Woods-Währungssystems verloren. Es hat in der heutigen Zeit vornehmlich eine Wertaufbewahrungsfunktion. Menschen schenken diesem Edelmetall ein hohes Vertrauen, da es, anders als Anleihen, nicht insolvent werden kann. Für Zentralbanken wie die Bundesbank ist es daher ein ausfallsicherer und wertbeständiger Vermögenswert in der Bilanz.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Die Zentralbanken von China, Russland, Indien, der Türkei und anderen Ländern kaufen seit Monaten in großem Umfang Gold. Welche Ziele könnten aus Sicht der Bundesbank damit verbunden sein?

Bundesbank: Marktaktivitäten anderer Zentralbanken kommentiert die Bundesbank grundsätzlich nicht.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Erwarten Sie, dass die von China vor einigen Jahren eröffnete Goldhandelsbörse in Schanghai den etablierten Handelszentren in London und den USA Konkurrenz machen wird?

Bundesbank: Mit China und Indien sitzen die größten Nachfrager nach physischem Gold in Asien, was der Region Auftrieb gegeben hat und gibt. In Bezug auf die Entwicklungen an den unterschiedlichen Goldhandelsplätzen gibt es keine offizielle Einschätzung der Bundesbank.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Die Bundesregierung denkt Medienberichten zufolge darüber nach, die Identität von Privatinvestoren ab Goldkäufen im Umfang von 2000 Euro genauer zu kontrollieren. Wissen Sie Genaueres zum Stand der Entwicklungen?

Bundesbank: Hierzu bitten wir Sie, direkt bei der Bundesregierung nachzufragen.

Deutsche Wirtschaftsnachrichten: Empfehlen Sie Privatpersonen, einen Teil ihres Vermögens in Edelmetalle zu investieren oder raten Sie eher davon ab?

Bundesbank: Es gehört nicht zu den Aufgaben einer Zentralbank, Anlageempfehlungen zu geben.

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