Finanzen

Studie: In den nächsten 20 Jahren rutschen viele Rentner in die Altersarmut

Lesezeit: 2 min
12.09.2019 11:02  Aktualisiert: 12.09.2019 11:06
Auch wenn sich die wirtschaftliche Entwicklung in den kommenden Jahren positiv entwickeln wird, werden viele Deutsche im Alter arm sein.
Studie: In den nächsten 20 Jahren rutschen viele Rentner in die Altersarmut
Foto: Karl-Josef Hildenbrand

Mehr zum Thema:  
Rente >
Benachrichtigung über neue Artikel:  
Rente  

Selbst bei weiter positiver Konjunktur könnte das Armutsrisiko im Alter einer neuen Studie zufolge in den kommenden Jahren spürbar steigen. Der Anteil der von Armut bedrohten Rentner könnte bis 2039 von 16,8 auf 21,6 Prozent wachsen, wie aus am Donnerstag veröffentlichten Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) im Auftrag der Bertelsmann Stiftung hervorgeht. Besonders betroffen seien Geringqualifizierte, Alleinstehende sowie Menschen mit längerer Arbeitslosigkeit.

Studienleiter Christof Schiller sagte: «Selbst bei einer positiven Arbeitsmarktentwicklung müssen wir mit einem deutlichen Anstieg der Altersarmut in den kommenden zwanzig Jahren rechnen.» Besonders Betroffene müssten noch besser in Arbeit gebracht werden, zudem seien Rentenreformen nötig.

Bei ihrer Berechnung gehen die Forscher unter anderem davon aus, dass sich der Arbeitsmarkt weiter positiv entwickelt. Als von Armut bedroht gelten Menschen mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens. Laut der Studie sind das Personen, deren monatliches Nettoeinkommen unter 905 Euro liegt.

Die Studienautoren prognostizierten auch den Anteil von Beziehern von Grundsicherung. Sie gehen dabei davon aus, dass alle die Leistung in Anspruch nehmen, die dazu berechtigt sind - auch wenn laut Schätzungen rund zwei Drittel der Berechtigten ihren Anspruch nicht wahrnähmen. Laut der Erhebung könnte der Anteil der Rentner, die zusätzlich auf staatliche Hilfe zur Existenzsicherung angewiesen sind, bis 2039 von 9 Prozent auf knapp 12 Prozent steigen. Einen besonders starken Anstieg müssen laut DIW ostdeutsche Rentner verkraften. Liegt die Grundsicherungsquote hier derzeit noch bei 6,5 Prozent, könnte sie sich bis 2039 auf knapp 12 Prozent fast verdoppeln.

Bereits frühere Studien hatten einen Anstieg der drohenden Altersarmut vorhergesagt. Als Gründe wurden unter anderem prekäre Beschäftigung, verbreitete Teilzeitarbeit, befristete Verträge und Unterbrechungen des Berufslebens etwa bei Müttern ausgemacht. Auch die Rente ist unter Druck. Die aktuelle Erhebung zitiert Angaben, nach denen 2018 auf 100 Personen im Erwerbsalter 31 Menschen ab 67 Jahre kamen - und dies nach dem Übertritt der Babyboomer in die Rente 2038 bereits 47 sein könnten.

Die geplante Grundrente - auch nach dem Konzept von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) ohne eine Prüfung der Bedürftigkeit - wäre laut den Studienautoren «nicht hinreichend zielgenau». Zwar ließe sich damit die Armutsrisikoquote bis 2039 auf 18,4 Prozent begrenzen. Doch viele Bezieher des Rentenaufschlags lebten in Haushalten mit Einkünften oberhalb des Existenzminimums. 85 Prozent der zunächst 3,1 Millionen Personen, die Grundrente beziehen würden, hätten laut der Studie keinen Anspruch auf Grundsicherung im Alter. Das mittlere Nettoeinkommen der Begünstigten läge - so die Studienautoren - sogar doppelt so hoch wie die Bedürftigkeitsschwelle.

Die Union lehnt die Grundrente wie von Heil vorgeschlagen ab, weil sie auf die im Koalitionsvertrag festgeschriebene Bedürftigkeitsprüfung besteht. Doch dann profitieren laut Studie auch deutlich weniger Menschen - der Anteil derer, die von Altersarmut bedroht sind, würde demnach nur um 0,7 Prozentpunkte sinken.

Studienleiter Schiller schlug vor, das Heil-Konzept um eine Einkommensprüfung zu ergänzen. Außerdem sollten auch mehr Menschen von der Grundrente profitieren können, die längere Zeiten ohne Rentenversicherung aufweisen als derzeit geplant. Die Koalition will, dass man 35 Versicherungsjahre aufweisen muss.

Die Forscher sehen aber auch in einer anderen möglichen Reform Vorteile. Würde die Grundsicherung deutlich ausgeweitet und könnten Bezieher einen Teil ihrer gesetzlichen Rente anrechnungsfrei behalten, könnte das Armutsrisiko nach ihren Berechnungen deutlich begrenzt werden.


Mehr zum Thema:  
Rente >

Anzeige
DWN
Finanzen
Finanzen Die Edelmetallmärkte

Wegen der unkontrollierten Staats- und Unternehmensfinanzierung durch die Zentralbanken im Schatten der Corona-Krise sind derzeitig...

DWN
Unternehmen
Unternehmen Massenprotest bei Thyssenkrupp: Mitarbeiter kämpfen um ihre Zukunft
30.04.2024

Tausende Thyssenkrupp-Arbeiter demonstrieren in Duisburg. „Zukunft statt Kündigung“ fordern sie, während Verkaufspläne des...

DWN
Immobilien
Immobilien Vonovia dreht das Blatt: Gewinn nach Milliardenverlust
30.04.2024

Nach einem harten Jahr meldet Deutschlands Immobiliengigant Vonovia einen beeindruckenden Gewinn – ein Wendepunkt. Seine Aktie springt...

DWN
Finanzen
Finanzen Einzelhandel erlebt Umsatzsprung: Hoffnung auf Konsumaufschwung wächst
30.04.2024

Deutschlands Einzelhandel verzeichnet den stärksten Umsatzanstieg seit über zwei Jahren, mit realen Zuwächsen und positiven Aussichten...

DWN
Technologie
Technologie Rakete eines deutschen Start-ups soll in den nächsten Tagen ins Weltall starten
30.04.2024

Elon Musk hat auch klein angefangen: Erstmals seit Jahrzehnten soll nun eine kommerzielle Trägerrakete eines deutschen Unternehmens...

DWN
Politik
Politik WHO-Mitgliedsstaaten ringen um Pandemieabkommen
30.04.2024

Eine neue Pandemie sei nur eine Frage der Zeit, warnen Expertinnen und Experten - die Welt müsse dafür besser gewappnet sein. Das...

DWN
Finanzen
Finanzen Deutschlands Wirtschaft trotzt Erwartungen: Wachstum statt Rezession im ersten Quartal
30.04.2024

Deutschlands Wirtschaft wächst trotz düsterer Prognosen: 0,2 Prozent Wachstum im ersten Quartal. Auch der Einzelhandel gibt Anlass zur...

DWN
Finanzen
Finanzen Financial Times: Trotz Sanktionen zahlen europäische Banken hohe Steuern an Russland
30.04.2024

Trotz EU-Sanktionen zahlen europäische Banken wie Raiffeisen und Deutsche Bank hohe Steuern an Russland – politische und wirtschaftliche...

DWN
Finanzen
Finanzen Cathie Wood: Die Hohe-Priesterin der Geldanlage 
29.04.2024

Es gab einmal Zeiten, da haben Investoren bei ihren Kaufentscheidungen an der Börse fast ausschließlich auf das Kurs-Gewinn-Verhältnis...