Technologie

An Fremdfirmen ausgelagerte Dienste legen deutsche High-Tech-U-Boote lahm

Die deutsche Marine verfügt über milliardenschwere High-Tech-U-Boote, die in der Lage sind, unter Wasser besonders leise verdeckte Operationen durchzuführen. Ihre Technologie befindet sich weltweit auf absolutem Top-Niveau und wird von allen Militärexperten geschätzt. Wenn sie denn störungsfrei funktioniert.
24.09.2019 15:58
Aktualisiert: 24.09.2019 16:19
Lesezeit: 2 min

Sie sind der Stolz der deutschen Marine: Die sechs U-Boote des Ersten Geschwaders, die am Ostseehafen in Eckernförde ankern, gehören zu den modernsten konventionellen Schiffen ihrer Art, die es weltweit überhaupt gibt. Die U-Boote verfügen über einen Antrieb mit Brennstoffzellen und sind so gebaut, dass sie sogar im relativ flachen Gewässer operieren können – anders als die riesigen Nuklear-U-Boote.

Mit einer Länge von fast 60 Metern und einer Breite von sieben Metern verdrängt ein Mitglied des Verbandes abgetaucht mehr als 1.800 Tonnen Wasser. Die spezielle Beschaffenheit der äußeren Hülle sorgt dafür, dass die Boote nur schwer zu orten sind. Sie betreiben Aufklärung und können unerkannt in einem größeren Seegebiet verdeckt operieren – beispielsweise im Mittelmeer. Vor dreizehn Jahren ist ein Boot des Geschwaders – die U32 – sogar ganze zwei Wochen unter Wasser geblieben – damals Weltrekord für nichtnuklear betriebene U-Boote.

Das hört sich alles sehr gut an, wenn es da nicht ein Problem geben würde: Die Reparatur und die Ersatzbeschaffung, die externe Zulieferer leisten müssen. „Aufgrund von Mittelkürzungen hat die Bundeswehr dies auslagern müssen," sagte Rainer Kersten, der Geschäftsführer des Bundes der Steuerzahler (BdSt) den Deutschen Wirtschafts Nachrichten (DWN). „Dadurch wird es sehr aufwendig, die Schiffe zu reparieren, selbst wenn nur ein relativ kleiner Schaden auftritt“, erklärte Kersten.

Das bedeutet, dass im Prinzip nie alle Schiffe, die insgesamt rund drei Milliarden Euro gekostet haben, gleichzeitig operativ verfügbar sind. Das Lokalblatt „Kieler Nachrichten“ (KN) berichtete beispielsweise im August des laufenden Jahres, dass vier der sechs U-Boote in der Werft in Kiel zur Inspektion liegen. Welche Schiffe tatsächlich wie einsatzbereit sind, darüber erteilt die Marine keine Auskunft mehr – und zwar aus Sicherheitsgründen. Zum U-Boot-Geschwader zählen auch noch drei Übersee-Schiffe, die spezielle Abhörsysteme haben, die in der NATO ebenso einmalig sind, und eine Unterstützungs-Einheit.

Bund der Steuerzahler sieht Missverhältnis

„Die Marine benötigt insgesamt 850 Leute, um die Boote zu betreiben und zu unterhalten“, sagte Kersten vom BdSt. „Das Verhältnis zwischen der Zahl der Dienstposten im U-Boot-Geschwader und der Zahl der Boote, die wirklich einsatzfähig sind, stimmt nicht“, kritisierte der Geschäftsführer. „Auch wenn die U-Boote mit Sicherheit natürlich über eine Spitzentechnologie verfügen, die für die Bundeswehr und die NATO wichtig ist“, betonte der Vertreter des BdSt.

„Grundsätzlich gilt, dass immer zwei von sechs Booten operativ verfügbar sein müssen und zwei weitere sich im Ausbildungsbetrieb befinden“, erklärte Fregattenkapitän Achim Winkler, der Sprecher des Marinekommandos in Rostock, auf Anfrage der DWN. „Das wird grundsätzlich gewährleistet“, betonte der Sprecher. „Unabhängig von den erwähnten planmäßigen Werftliegezeiten unterliegen insbesondere die U-Boote einem strengen Sicherheitsmanagement“, fügte der Fregattenkapitän hinzu.

„So kann es passieren, dass bei Störungen auch ein operatives Boot kurzfristig eine Werft aufsuchen muss, um diese Störung zu beseitigen“, so Winkler. „Das sind in der Regel kurzfristige Dinge, die auch schnell behoben sind – wie beispielsweise im August“, sagte der Fregattenkapitän.

Damit wies Winkler auf ein weiteres Thema hin, das im Zusammenhang mit den U-Booten umstritten ist: und zwar die Bedienung durch Fachpersonal, das die Bundeswehr aufgrund der komplizierten Technologie der Boote nur schwer rekrutieren kann. „Durch die langen Werftliegezeiten gibt es zu wenig Übungsmöglichkeiten“, sagte Kersten vom BdSt.

Marine kooperiert wegen Ersatz-Teilen mit Norwegen

Immerhin versuchen die Verantwortlichen, beide Schwierigkeiten in den Griff zu bekommen. So will die Bundeswehr gemeinsam mit Norwegen, das ähnliche U-Boote betreibt, eine Ersatzteil-Kooperation bilden. Darüber hinaus wird die Marine mittelfristig noch zwei weitere Schiffe anschaffen. Der Kommandeur des Ersten U-Bootgeschwaders, Timo Cordes, forderte sogar unlängst im Gespräch mit den „KE“, die Zahl des Geschwaders auf zwölf zu erhöhen, um das Ausbildungsproblem zu mildern und die Einsatzverlässlichkeit zu erhöhen.

„Das Projekt der Marine, gemeinsam mit Norwegen die Reparatur dieser Schiffe zu organisieren, bewerten wir positiv“, erklärte Kersten vom BdSt. „Auch halten wir die Auffassung von Kommandeur Cordes für durchaus nachvollziehbar“, so der Geschäftsführer der Organisation.

Mehr zum Thema
article:fokus_txt
X

DWN Telegramm

Verzichten Sie nicht auf unseren kostenlosen Newsletter. Registrieren Sie sich jetzt und erhalten Sie jeden Morgen die aktuellesten Nachrichten aus Wirtschaft und Politik.

E-mail: *

Ich habe die Datenschutzerklärung sowie die AGB gelesen und erkläre mich einverstanden.

Ihre Informationen sind sicher. Die Deutschen Wirtschafts Nachrichten verpflichten sich, Ihre Informationen sorgfältig aufzubewahren und ausschließlich zum Zweck der Übermittlung des Schreibens an den Herausgeber zu verwenden. Eine Weitergabe an Dritte erfolgt nicht. Der Link zum Abbestellen befindet sich am Ende jedes Newsletters.

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Gaskraftwerke für Deutschland: Teuer, umstritten und auch politisch fragwürdig
08.11.2025

Können Wind und Sonne nicht genug erneuerbare Energien liefern, sollen bis zu 40 große Gaskraftwerke einspringen, die...

DWN
Finanzen
Finanzen Bitcoin, Ether und Co.: Wie Sie an der Börse sicher in Kryptowährungen investieren
08.11.2025

Wollen Sie Kryptowährungen kaufen? Dann müssen Sie dafür nicht auf irgendwelchen unseriösen Internetportalen herumsurfen. Kurse von...

DWN
Politik
Politik Donald Trump und die US-Präsidentschaftswahl 2028: Strebt er eine dritte Amtszeit an und geht das so einfach?
08.11.2025

Die Diskussion um Donald Trumps mögliches politisches Comeback zeigt das Spannungsfeld zwischen Recht, Strategie und Macht in den USA....

DWN
Technologie
Technologie Deep Tech als Rettungsanker: Wie Deutschland seine industrielle Zukunft sichern kann
08.11.2025

Deutschland hat große Stärken – von Forschung bis Ingenieurskunst. Doch im globalen Wettlauf um Technologien zählt längst nicht mehr...

DWN
Technologie
Technologie So optimiert KI in Belgien die Landwirtschaft: Schwankende Ernten prognostizieren? Kein Problem!
08.11.2025

Die Landwirtschaft muss Erträge effizient planen und Schwankungen ausgleichen, wobei KI zunehmend Entscheidungen auf verlässlicher Basis...

DWN
Wirtschaft
Wirtschaft Managergehälter: Wie viel Mut hinter den Millionen steckt
08.11.2025

Topmanager reden offen über ihr Einkommen? In Estland sorgen zwei Führungskräfte für großes Staunen. Sie zeigen, wie viel Disziplin,...

DWN
Finanzen
Finanzen EZB-Leitzins: Stillstand oder Strategie? Was die EZB-Zinsentscheidung wirklich bedeutet
08.11.2025

Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins beim jüngsten EZB-Zinsentscheid nicht angerührt – doch das Schweigen ist laut. Christine...

DWN
Unternehmensporträt
Unternehmensporträt Schmuck aus Holz und Stein: Holzkern – wie Naturmaterialien zum einzigartigen Erfolgsmodell werden
07.11.2025

Das Startup Holzkern aus Österreich vereint Design, Naturmaterialien und cleveres Marketing zu einem einzigartigen Erfolgsmodell. Gründer...